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A 300

Bewertung von Fehlergrößen bei Schweißverbindungen in Kraftwerken unter flexibler Fahrweise

Bewertung von Fehlergrößen bei Schweißverbindungen in Kraftwerken unter flexibler Fahrweise

(A 300/  S 24/10230/15)

Laufzeit der Forschungsarbeiten:     1. Januar 2016 – 30. September 2019

 

Funktionsbedingt weisen beispielsweise im Kraftwerksbereich eingesetzte hochtemperaturbeanspruchte Bauteile komplexe Bauteilformen sowie Schweißverbindungen auf. Aufgrund einer vom Markt geforderten immer flexibler werdenden Betriebsweise bestehender und zukünftiger, fossil befeuerter Kraftwerke, ändert sich der Fokus der Auslegung und Bewertung unter Umständen fundamental. Nicht zu vernachlässigen ist dabei grundsätzlich ein Einfluss auf das Versagens- und Bauteilverhalten. Durch die überlagerte Ermüdungsbeanspruchung erhöht sich beispielsweise in Zusammenhang mit der Kriechbeanspruchung während des stationären Betriebs das Risiko eines Versagens an kritischen Stellen. Aus diesem Grund sind im Rahmen des Bauteildesigns Betrachtungen und Analysen erforderlich, welche einen sicheren Anlagenbetrieb mit entsprechend hoher Verfügbarkeit erzielen können. Entsprechende experimentelle und theoretische Betrachtungen zur Charakterisierung und Quantifizierung des Risseinleitungs- und Risswachstumsverhaltens, vor allem bei geschweißten Konstruktionen aus im Kraftwerksbereich häufig eingesetzten martensitischen Stählen, sind von besonderer Wichtigkeit.

Die Interaktionen zwischen Kriechen und Ermüdung sind in Bezug auf das Versagensverhalten im Bereich von Schweißverbindungen aus zum Beispiel martensitischen Schmiedestählen bzw. deren Gussvarianten bisher nur unzureichend charakterisiert. Die sich bei dieser Beanspruchung ergebende Ausprägung der Schädigung und der Schädigungsablauf bei der Ausbildung von Rissen ist bisher häufig nicht bekannt. Die in diesem Vorhaben durchgeführten Untersuchungen waren notwendig, um eine für die Auslegung und Überwachung hinreichende Datenbasis bruchmechanischer Kennwerte zu erzeugen und entsprechende Bewertungskonzepte zu entwickeln. 

In diesem Forschungsvorhaben wurden im Temperaturbereich bis 625 °C drei kraftwerkstypische Schweißverbindungen aus 9%Cr-Stählen untersucht: zwei artgleiche Schweißverbindungen der Werkstoffe X10CrMoVNb9-1 (P91) bzw. X10CrMoVWNb9-2 (P92) und eine martensitische Mischschweißverbindung zwischen den Werkstoffen X10CrMoVWNb9-2 (P92) und GX13CrMoCoVNbNB9-2-1 (CB2). Zu Beginn des Projektes wurde mit kraftgeregelten LCF-Versuchen an zwei Schweißverbindungen festgestellt, dass die äußere Wärmeeinflusszone je nach Versuchslaufzeit und Temperatur zur versagensbestimmenden Zone einer Schweißnaht werden kann. Zur Untersuchung des Risseinleitungs- und Risswachstumsverhaltens wurden bruchmechanische Versuche unter Kriech-, Ermüdungs- und Kriechermüdungsbedingungen durchgeführt. Dabei wurde die Rissstartkerbe in den Proben jeweils variiert und wahlweise in die Wärmeeinflusszone (WEZ), das Schweißgut bzw. in den Grundwerkstoff gelegt. Hierbei zeigt sich, dass die Risseinleitung unter Kriech- und Kriechermüdungsbeanspruchung in der WEZ eher erfolgt als im Grundwerkstoff oder im Schweißgut. Das Rissfortschrittsverhalten wiederum wurde von der Position der Rissstartkerbe nur gering beeinflusst.

Ein bestehendes numerisches Konzept zur Abschätzung der Risseinleitungsdauer konnte auf Schweißnähte übertragen werden. Mit diesem Konzept können theoretische Überlegungen zur Bewertung von Schweißverbindungen hinsichtlich der Kriechrisseinleitung durchgeführt werden sowie die Kenntnisse über Sicherheitsabstände bei der Bewertung von kritischen Rissgrößen in Schweißverbindungen erweitert werden. Zur Ermittlung eines Abschlagsfaktors auf die Risseinleitungsdauern wurden fiktive CT- und DENT-Proben mit und ohne explizite Berücksichtigung einer WEZ simuliert. Die ermittelten Abschlagsfaktoren korrelieren mit den Abschlagsfaktoren, die aus dem Schweißminderungsfaktor errechnet werden können. Dies ermöglicht eine Berücksichtigung der Kerblage bei der Bewertung von Risseinleitungsdauern in Schweißverbindungen. Zusätzlich konnten theoretische Erkenntnisse über die Absenkung der Grenzrisslänge für Schweißverbindungen im Vergleich zum Grundwerkstoff gewonnen werden. 

Anhand eines anwendungsnahen Beispiels wurde die Ermittlung des bruchmechanischen Parameters C* für einen Riss in einer Umfangsnaht einer dickwandigen Rohrleitung demonstriert. Die möglichen analytischen Methoden wurden mit numerischen Ergebnissen verglichen. Die Erkenntnisse des Projektes werden dem Anwender in einer Handlungsanweisung zur Bewertung von Fehlergrößen in martensitischen Schweißverbindungen zum direkten Wissenstransfer in die Industrie zur Verfügung gestellt.

Das Ziel des Forschungsvorhabens ist erreicht worden.

 

Forschungsstellen:

Materialprüfungsanstalt Universität Stuttgart (MPA)

Technische Universität Darmstadt, Fachgebiet und Institut für Werkstoffkunde (IfW)

 

Forschungsleiter:                         

Prof. Dr.-Ing. Stefan Weihe (MPA)

vorgelegt von: Forschungsvereinigung Verbrennungskraftmaschinen e.V.(FVV)

Das Forschungsvorhaben wurde gefördert von der Stiftung Stahlanwendungsforschung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V.

 

Bezugsquelle Schlussbericht:
bitte wenden Sie sich an die AVIF

07.09.2020