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A254

Überlasten und ihre Auswirkungen auf die Betriebsfestigkeit widerstandspunktgeschweißter Feinblechstrukturen aus Stahl

(A254 S 24/10155/2008)

 

Laufzeit der Forschungsarbeiten:     1. Juli 2008 - 30. Juni 2011

 

 

Bei Automobilen treten, z. B. beim Überfahren von Hindernissen und Schlaglöchern, Überlasten auf, die um den Faktor 2 bis 3 über den typischen Betriebslasten (ohne Berücksichtigung sogenannter Sonderereignisse) liegen. Überlasten dieser Höhe können zu lokalen Verformungen der Karosserie führen. Diese lokalen Verformungen beeinflussen das Fahrverhalten des Fahrzeugs nicht spürbar. Eine unzulässige festigkeitsmindernde Wirkung der Überlasten muss ausgeschlossen werden. 

Das Widerstandspunktschweißen wird im Vergleich mit anderen Fügeverfahren im Stahlkarosseriebau am häufigsten eingesetzt. Inwieweit die durch Überlasten hervorgerufenen lokalen plastischen Deformationen die Betriebsfestigkeit einer durch Punktschweißverbindungen gefügten Feinblechkonstruktion aus Stahl (Karosserie) beeinflussen, konnte vor Durchführung dieses Forschungsvorhabens nicht hinreichend beurteilt werden.

Punktgeschweißte Karosseriebauteile werden heute mit Hilfe rechnerischer Verfahren bezüglich ihres Schwingfestigkeitsverhaltens ausgelegt. Mit den bisher in der industriellen Anwendung verwendeten rechnerischen Auslegungsverfahren konnte der Einfluss von Überlasten auf die Schwingfestigkeit nicht zuverlässig bewertet werden. In diesem Forschungsprojekt sollte deshalb am Beispiel widerstandspunktgeschweißter Feinblechbauteile aus Stahl der Einfluss von Überlasten auf die Betriebsfestigkeit untersucht werden.

Ziel dieses Forschungsvorhabens war es daher, im ersten Schritt zunächst die Wirkung von Überlasten auf die Schwingfestigkeit von Punktschweißverbindungen auf Basis experimenteller Untersuchungen zu beurteilen. Hierfür wurden Schwingfestigkeitsversuche an Scherzug-, Schälzug- und H-Scherzugproben sowie an Bauteilproben aus Stahlblechen mit unterschiedlichen Festigkeiten durchgeführt. Diese Proben wurden unter einaxialer Belastung, sowohl mit konstanter Amplitude und dem Lastverhältnis R = 0, als auch unter variablen Amplituden mit einer Gaußlastfolge, , geprüft. Im zweiten Schritt sollte anhand der Versuchsergebnisse eine in der Praxis einfach und zuverlässig anwendbare rechnerische Methodik auf Basis von FEM-Analysen zur Festigkeitsauslegung solcher Fügeverbindungen entwickelt werden. 

Im Rahmen dieses Forschungsprojektes hat sich gezeigt, dass bei den hier untersuchten Proben und Belastungen Überlasten nicht zu einer Reduzierung der Schwingfestigkeit führen. Für die Proben, bei denen mindestens ein Blech aus höherfestem Werkstoff besteht, ist eine deutliche Steigerung der Schwingfestigkeit nach Überlasten auf niedrigen Belastungshorizonten mit konstanter Amplitude zu beobachten. Aufgrund der im Vergleich zu den Überlasten relativ hohen Kollektivhöchstwerte der Versuche mit variablen Amplituden ist hier nur ein relativ geringer Überlasteinfluss erkennbar. Überlasten müssen daher bei der Bauteilauslegung für solche Fälle nicht berücksichtigt werden. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass sich an Strukturdetails mit anderer Beanspruchungscharakteristik Überlasten auch negativ auf die Schwingfestigkeit auswirken können. Es wurde daher eine rechnerische Methode entwickelt, mit der der Einfluss von Überlasten auf die Schwingfestigkeit in Verbindung mit dem in der industriellen Anwendung üblichen Bemessungsverfahren berücksichtigt werden kann. Die rechnerische Methode ist anhand der in diesem Vorhaben durchgeführten Versuchsreihen verifiziert worden. Festigkeitsverändernde Effekte der Überlasten können somit in der rechnerischen Auslegung für realitätsnahe Belastungen berücksichtigt werden. 

Über das eigentliche Forschungsziel hinaus erweitern die erzielten Schwingfestigkeitsergebnisse die Datenbasis für Punktschweißverbindungen. Die für die üblichen Auslegungskonzepte zu Grunde gelegten Referenzwöhlerlinien konnten damit weitgehend bestätigt werden.

Mit Hilfe der in diesem Vorhaben erzielten Ergebnisse ist eine Bewertung von Punktschweißverbindungen an Stahl-Feinblechen mit Berücksichtigung von Überlasten möglich geworden. Die Ergebnisse vertiefen die Kenntnisse des Festigkeitsverhaltens von widerstandspunktgeschweißten Stahlblechkonstruktionen, führen zu einer Steigerung der Zuverlässigkeit solcher Bauteile und ermöglichen damit ein Ausschöpfen des Leichtbau-Potenzials von Stahl. Vor dem Hintergrund der Reduzierung von Hardwareversuchsschleifen gewinnt die virtuelle Festigkeitsauslegung von Fahrzeugkomponenten zunehmend an Bedeutung. Die in diesem Forschungsvorhaben erzielten Ergebnisse verbessern die Zuverlässigkeit und erweitern die Anwendbarkeit der Lebensdauerberechnungsmethoden von Punktschweißverbindungen. Die entwickelte Methode kann direkt in die von der Industrie verwendeten Bemessungsmethoden des Auslegungsprozesses in der Fahrzeugentwicklung einfließen. 

 

Forschungsstelle:

Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit (LBF), Darmstadt

http://www.lbf.fraunhofer.de/

Forschungsleiter:

Prof. Dr.-Ing. Holger Hanselka

                                                 

(vorgelegt vom Verband der Automobilindustrie e.V. (VDA) für 

Forschungsvereinigung Automobiltechnik e.V. (FAT) 

 

Das Forschungsvorhaben wurde gefördert von der Stiftung Stahlanwendungsforschung

 im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V.

 

Bezugsquelle Schlussbericht: bitte wenden Sie sich an die AVIF

05.09.2012