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A133

Optische Überwachung automatischer Umformanlagen zur Prozessstabilisierung


(A133 S 24/04/94)

Laufzeit der Forschungsarbeiten: 1. Januar 1999 – 31. März 2000

Der Produktivitätssteigerung an Schmiedeanlagen unter Beibehaltung der Produktqualität kommt unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten eine hohe Bedeutung zu. Automatisch arbeitende Schmiedeanlagen liefern hierfür ein großen Potenzial, hohe Losgrößen vorausgesetzt. Die Überwachung solcher Anlagen bezüglich Zuführung, Teiletransport, Lage der Schmiedeteile in den Werkzeugen sowie Abtransport muß allerdings Störungen frühzeitig erkennen. Die optische Überwachung automatischer Schmiedeanlagen auf Basis von Bilderkennungsverfahren kann eine technische und wirtschaftliche Alternative zur bekannten tastenden Sensorik sein.

Die Automatisierung der Umformanlagen ist in den letzten Jahren in der Deutschen Gesenkschmiedeindustrie deutlich gesteigert worden durch bereichsweise Automatisierung der Haupt- und/oder Nebenaggregate aber auch durch voll automatisierte mehrstufige Schmiedeanlagen. Während der mengenmäßige Ausstoß im Verhältnis zum eingesetzten Personal mit der Automatisierung steigt, wird dieser Vorteil andererseits häufig dadurch reduziert, daß mit steigender Automatisierung und damit Komplexität der Anlagen die Verfügbarkeit aufgrund von Störungen abnimmt.

Ein Grund für die Störzeiten ist unter anderem, daß sowohl beim Anlauf der Anlagen aber auch im Serienbetrieb Störungen auftreten, die zu spät erkannt werden. Ein anderer Grund liegt darin, daß die heute installierten Überwachungssysteme häufig so komplex sind, daß sie selbst in der Kette der Einzelsysteme ein Stör- und damit Ausfallglied sind. Aus den genannten Gründen kommt der sicheren und kontinuierlichen Überwachung des Umformprozesses bei automatischen Schmiedeanlagen eine sehr hohe qualitative und wirtschaftliche Bedeutung zu. Daß die optische Prozeßüberwachung im Schmiedeprozeß sinnvoll eingesetzt werden kann, wurde bereits in dem Projekt "Möglichkeiten der optischen Überwachung der Lageposition beim Gesenkschmieden mit handgeführten Maschinen" (AVIF A 103) nachgewiesen.

Im Vordergrund dieser Untersuchung stand die individuelle Überwachungsverfolgung des Schmiedeproduktes ausgehend von der Zuführung, dem automatischen Weitertransport durch die verschiedenen Umformstufen bis hin zu dem Abtransport des Produktes. Außerdem war eine Überwachung weniger ausgewählter geometrischer Abmessungen der Schmiedeteile erforderlich.

Das Überwachungskonzept baut auf der Überwachung eines "zulässigen Hüllkörpers" auf, in dem sich das Produkt zu den vordefinierten Überwachungszeitpunkten befinden muß und den es nicht verlassen darf. Wenn das Produkt den "Hüllkörper" doch verläßt, erfolgt eine Störmeldung, die für beliebige Maßnahmen, z.B. den sofortigen Stillstand der Anlage verwendet werden kann. Anhand eines mit der projektbetreuenden Arbeitsgruppe festgelegten Detailpflichtenheftes wurde das aus dem Projekt A 103 vorhandene Bildverarbeitungssystem weiterentwickelt und durch neue Soft- und Hardwarekomponenten an die Aufgabenstellung angepaßt.

Aufbauend auf vorbereitenden Laboruntersuchungen kam das optische Überwachungssystem in zwei Schmiedebetrieben an bestehenden automatischen Mehrstufenpressen zum Einsatz. Die Kommunikation des für sich autarken Überwachungssystems und der Mehrstufenpresse erfolgt über die bestehende Maschinensteuerung. Der Produktionseinsatz des optischen Überwachungssystems hat deutlich gemacht, daß sich das Konzept für die Überwachung automatischer Schmiedeanlagen bewährt. Folgende Hauptkriterien werden von dem optischen Überwachungssystem erfüllt:

Reaktionszeit

Das optische Überwachungssystem erreicht bei gleichzeitigem Einsatz von 4 Kameras eine Reaktionszeit (Zeit vom Startsignal der SPS bis zum Antwortsignal des Überwachungssystems) von 50-90 ms; die erreichte Reaktionszeit liegt damit deutlich unter der Vorgabezeit von max. 200 ms. Von einer einzelnen Kamera werden Reaktionszeiten ³ 40 ms erzielt.

Genauigkeit

Die Messung der Lageposition eines jeden im Umformraum befindlichen Produktes/Zwischenproduktes erfolgt mit einer Genauigkeit von ca. 0,5 Pixel, was in Abhängigkeit von der Größe des zu kontrollierenden Objektes einer erreichbaren absoluten Genauigkeit von ca. 0,5 mm entspricht.

Temperatur- und Umgebungseinfluß

Die Temperatur beim Gesenkschmieden von Stahl liegt bei ca. 1300oC. Intensive Schmierung und Kühlung führten bei automatischen Schmiedeanlagen zu schwierigen Umfeldbedingungen in Form von Wasserdampf  und Sprühnebel. Die hierdurch bedingte Sichtbeeinträchtigung der Überwachungskameras wurde durch angepaßte Kameraeinstellungen und Filter, sowie bei extremer Belastung durch Wasserdampf und Sprühnebel durch Einsatz von Gebläsen und/oder Luftdüsen gelöst.

Einlernen und Kalibrieren

Für das Einlernen und Kalibrieren neuer Produkte stehen Softwaremodule zur Verfügung, die alternativ auf Basis von statistischen Methoden oder definierten Gut-/Schlecht-Lagen arbeiten.

Stammdatenverwaltung

Für jedes neu eingelernte Produkt erfolgt die Verwaltung der zur Lageüberwachung erforderlichen Stammdaten. Hier werden die für die Überwachungsaufgabe relevanten Parameter abgelegt und bei Bedarf über den Produkt-Code wieder abgerufen.

Produktionsanlauf, -störung und -unterbrechung

Bei Produktionsanlauf, -störung und -unterbrechung erfolgt die Signalgebung an das optische Überwachungssystem mit Unterstützung der "Schieberegistertechnik".

Fehlermeldungen

N.i.O.-Ergebnisse werden am Bildschirm angezeigt und zur Dokumentation mit Datum und Uhrzeit gespeichert. In das Fehlerbild kann das Kontrollfenster mit seinen Toleranzen eingeblendet werden. Die Fehlermeldung kann als Triggersignal für beliebige weitere Aktivitäten (z.B. Video-Dokumentation starten, Greifer überwachen, etc.) genutzt werden.

Stabilität des Systems

Das optische Überwachungssystem arbeitet auch bei schwierigen Umfeldbedingungen sehr sicher. In Abhängigkeit von den Umformstufen kommen mehrere Kameras gleichzeitig zum Einsatz.

Wirtschaftlichkeit

Der wirtschaftliche Einsatz eines optischen Überwachungssystems an Mehrstufenpressen ist abhängig vom bisherigen Überwachungskonzept, der Stabilität der bisher eingesetzten Überwachungssysteme sowie der Ausfallzeit. Innerhalb des Projektes konnte im günstigsten Fall eine Amortisationszeit des optischen Lageüberwachungssystems von ca. 6 Monaten nachgewiesen werden.


Zusammenfassend hat das Projekt folgende Ergebnisse geliefert:

Die Ziele des Projektantrages wurden in vollem Umfang erreicht.

Die technische/praktische Realisierbarkeit im Rahmen der geforderten Genauigkeit und sonstigen umfeldbedingten Anforderungen ist gegeben.

Die Kosten-Nutzen-Abschätzung zeigt, daß der wirtschaftliche Einsatz eines optischen Überwachungssystems im wesentlichen von der Stabilität des bisherigen Überwachungskonzeptes abhängig ist.


Der Ergebnistransfer in die Branche wird durch die Veröffentlichung in Fachzeitschriften (Schmiede Journal September 2000) und durch den Industrieverband Deutscher Schmieden e.V. (IDS) veranstaltete Projektpräsentationen im November 1999 und im November 2000 unterstützt.

Forschungsstelle 1:
Labor für Massivumformung der Fachhochschule Südwestfalen
http://www4.fh-swf.de/de/home/ueber_uns/standorte/is/fb_m/doz_m/profs_m/herbertz/labore_19/index.php
 
Forschungsleiter 1:

Prof.Dr.-Ing. Rainer Herbertz
(vorgelegt vom Wirtschaftsverband Stahlumformung e.V., Hagen - WSU)

Das Forschungsvorhaben wurde gefördert von der Stiftung Stahlanwendungsforschung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V.

Bezugsquelle Schlussbericht:
bitte wenden Sie sich an die AVIF