A200

Ermittlung und Charakterisierung von Randzonen-Kennwerten und- Eigenschaften und deren Einfluss auf die Flankentragfähigkeit einsatzgehärteter, geschliffener Zahnräder


(A200 S 24/10058/2003)

Laufzeit der Forschungsarbeiten: 1. September 2003 - 31. Dezember 2006

Die Tragfähigkeit von Zahnrädern wird maßgebend durch die Gefügeausbildung und die Eigenschaften der oberflächennahen Randzone mitbestimmt. Zahnräder mit hoher Leistungsanforderung werden in der Regel einsatzgehärtet und anschließend aufgrund des Härteverzuges im Bereich der Zahnflanke geschliffen. Infolge der Schleifbearbeitung kommt es zu einer mechanischen und thermischen Beeinflussung der Randzone, wodurch z.B. Gefügezustand, Härte und Eigenspannungen signifikant beeinflusst werden. Wie und in welchem Maße hierdurch die Flankentragfähigkeit beeinflusst wird, wurde im Rahmen dieses Vorhabens untersucht.
Die in der Zahnradnorm DIN 3990 Teil 5 belegten Festigkeitskennwerte einsatzgehärteter Stirnräder gelten für Mindestanforderungen hinsichtlich der Randhärte und der Ausbildung der Randzone, wobei eine erkennbare Randzonenbeeinflussung infolge der Schleifbearbeitung für die Qualitäten MQ und ME nicht zulässig ist. Nach ISO 6336 sind dagegen – unter Angabe gleicher Festigkeitskennwerte für die einzelnen Werkstoffqualitäten – geringe Anlasseffekte infolge einer Schleifbearbeitung zulässig. Angaben zum Einfluss des Eigenspannungszustandes auf die Flankentragfähigkeit sind in beiden Normen nicht belegt.
Zielsetzung des Forschungsvorhabens war die Ermittlung des Einflusses der durch die Schleifbearbeitung der Zahnflanke beeinflussten Randzoneneigenschaften und -kennwerte auf die Flankentragfähigkeit einsatzgehärteter Zahnräder. Der vergleichende Einsatz bisher üblicher Prüfmethoden und moderner zerstörungsfrei Messverfahren erlaubt dabei eine umfassende Ermittlung der unterschiedlichen Werkstoffkennwerte und eine Korrelation der Ergebnisse un-tereinander.
Die Aussagen zur Zahnflankentragfähigkeit in Abhängigkeit der Randzonenausbildung führen zu einer Minderung der Schadensrisiken, wobei Festigkeitsreserven bei der Auslegung genutzt und eine optimierte Randzonenausbildung beim Schleifprozess angestrebt werden können.
Im Rahmen von experimentellen Untersuchungen wurde die Flankentragfähigkeit einsatzgehärteter, geschliffener Zahnräder aus den Werkstoffen 16MnCr5 und 18CrNiMo7-6 (Baugröße Mo-dul 3 bzw. 5mm) in Laufversuchen experimentell bestimmt. Dabei wurden durch die entsprechende Hartfeinbearbeitung von Prüfrädern sowohl im Teilwälz- als auch Profilformschleifverfahren jeweils Verzahnungen mit unterschiedlichen Randzonenausbildungen erzeugt. Die geschliffenen Prüfritzel wurden nach ISO 14104 in wässriger Salpetersäure (Nital) geätzt und den entsprechenden Varianten (Randzonenzuständen) zugeordnet.
Die unterschiedlichen Gefüge- und Randzonenzustände aller Varianten wurden außerdem vergleichend mit herkömmlichen und modernen Prüfverfahren charakterisiert und erlauben somit eine Korrelation zwischen den Randzoneneigenschaften und der Tragfähigkeit.
Die unterschiedlichen Mess- und Prüfverfahren, die zur Schleifbranderkennung im Vorhaben Anwendung fanden, wurden miteinander verglichen und bewertet. Dabei konnten Korrelationen zwischen zerstörender und zerstörungsfreier Prüftechnik aufgezeigt werden.
In Laufversuchen wurden die dauerfest ertragbaren nominellen Zahnflankenpressungen der unterschiedlichen Prüfvarianten sowie die daraus resultierenden Zahnflankendauerfestigkeitskennwerte nach DIN 3990 ermittelt. Die Versuchsergebnisse belegen, dass es bei den untersuchten Prüfvarianten in Abhängigkeit der Randzonenbeeinflussung durch Schleifbrand zu einer unterschiedlich starken Minderung der Dauerfestigkeit gegenüber den Referenzvarianten ohne Schleifbrand kommt.
Bei der teilwälzgeschliffenen Prüfvariante mit leichtem Schleifbrand auf rund 10% der aktiven Flanke wurde keine Minderung der Grübchendauerfestigkeit gegenüber dem schleifbrandfreien Randzonenzustand festgestellt. Im Gegensatz zu den anderen Prüfvarianten wurden bei dieser Variante keine Zugeigenspannungen im geschädigten Flankenbereich gemessen.
Vergrößert sich die Ausdehnung der Schleifbrandschädigung auf der Zahnflanke (~25% bzw. 100%) so wird die Grübchendauerfestigkeit gegenüber dem schleifbrandfreien Randzonenzu-stand aufgrund der fehlenden Stützwirkung benachbarter, ungeschädigter Randzonenbereiche deutlich gemindert.
Maßgebend für den Betrag der Tragfähigkeitsminderung ist dabei die Stärke der Randzonenbeeinflussung durch Schleifbrand. So liegt bei der Prüfvariante mit starkem Schleifbrand (D) eine noch größere Dauerfestigkeitsminderung als bei leichtem Schleifbrand (B) vor.
Die Prüfvariante mit Neuhärtung zeigte gegenüber dem schleifbrandfreien Zustand zwar die geringste Dauerfestigkeitsminderung, führte in den Laufversuchen jedoch vermehrt zu Graufleckenbildung an einzelnen Zähnen im Bereich der Fußflanke.
Die stärkste Dauerfestigkeitsminderung wurde bei den durch Schleifbrand geschädigten profilformgeschliffenen Prüfvarianten festgestellt. Die Ursache für die starke Minderung der Tragfähigkeit bei den profilformgeschliffenen, schleifbrandgeschädigten Prüfvarianten könnte auf die größere Tiefenwirkung der Randzonenbeeinflussung als bei den nach der Nitalätzung ähnlich stark geschädigten, teilwälzgeschliffenen Prüfrädern zurückzuführen sein.
Weiterhin erfolgten Flankentragfähigkeitsuntersuchungen an Prüfvarianten, bei denen die schleifbrandgeschädigten Ritzel nach der Hartfeinbearbeitung kugelgestrahlt wurden. Das Kugelstrahlen, das hier als mögliche Reparaturmaßnahme bei Schleifbrand erprobt wurde, führte durch die Induzierung hoher Druckeigenspannungen zu einer deutlichen Veränderung des Eigenspannungszustandes in der Randzone. Gleichzeitig wurde hier jedoch auch die Flanken-rauheit der Prüfritzel von einem Mittenrauwert Ra ? 0,3 ?m auf Ra ? 1 ?m angehoben. Wäh-rend der Laufversuche wurde sowohl im Fußflankenbereich des kugelgestrahlten Ritzels als auch des ungestrahlten Rades ein starker Auskolkungsverschleiß festgestellt. Dieser führte aufgrund der starken Profilformabweichung (? 30 ?m) zu frühzeitigen Ausfällen der Radsätze, ohne dass eine Grübchenbildung beobachtet wurde.
Ein Gleitschleifen nach dem Kugelstrahlen, das an einem Prüfritzel ergänzend durchgeführt wurde und die Oberflächenrauheit auf Ra ? 0,15 ?m absenkte, führte zu einer deutlichen Verringerung des Auskolkungsverschleißes an den Fußflanken. Trotzdem wurde die Flankentrag-fähigkeit der ungeschädigten Referenzvariante aufgrund von Grauflecken- und Grübchenbildung in den beiden durchgeführten Stichversuchen nicht vollständig erreicht. Erst durch ein zusätzliches Gleitschleifen beider Verzahnungspartner d.h. von kugelgestrahltem Prüfritzeln und ungestrahltem Prüfrädern konnte der Auskolkungsverschleiß vollständig unterdrückt und die Flankentragfähigkeit der Referenzvariante wieder erreicht werden.
Die Ergebnisse der experimentellen Arbeiten des Vorhabens wurden umfassend ausgewertet und ein Berechnungsansatz für die Zahnflankentragfähigkeit, in dem der Randzonenzustand der geschliffenen Flanke Berücksichtigung findet, erarbeitet. Dabei wurden in Zusammenarbeit mit der betreuenden Arbeitsgruppe zulässige Grenzwerte zur Zahnflankentragfähigkeit in Abhängigkeit des Randzonenzustandes ausgewiesen und daraus Ergänzungen zu den, für die Werkstoffqualitäten ML/MQ nach DIN 3990/ISO 6336 bestehenden Anforderungen hinsichtlich Schleifbrand abgeleitet. Außerdem wurde ein entsprechender Einflussfaktor, der Randzonen-faktor ZS, zur Einbringung in das Rechenverfahren nach DIN 3990/ISO 6336 vorgeschlagen, der nach verschiedenen Methoden in Abhängigkeit von unterschiedlichen Randzonenkennwerten bestimmt werden kann.
Unter Berücksichtigung der örtlichen Randzoneneigenschaften erfolgte die lokale Betrachtung des Beanspruchungs- und Festigkeitsgeschehens anhand erweiterter Modellvorstellungen. Auf Basis dieser theoretischen Betrachtungen wurde ein Vorschlag zur Erweiterung der bestehen-den Modellansätze erarbeitet, der die Berücksichtigung des experimentell belegten Verfesti-gungsvermögens schleifbrandgeschädigter Randzonen bei Wälzbeanspruchung ermöglicht.
Der erweiterte Modellansatz zeigt für alle untersuchten Varianten eine gute Übereinstimmung mit den experimentellen Versuchsergebnissen und erlaubt eine weiterführende werkstoffmechanische Bewertung der örtlichen Beanspruchung und Festigkeit in Zusammenhang mit einer Randzonenbeeinflussung durch die Schleifbearbeitung.

Forschungsstelle 1:
Lehrstuhl für Maschinenelemente Forschungungsstelle für Zahnräder und Getriebebau (FZG), Lehrstuhl für Maschinenelemente der TU München
www.fzg.mw.tum.de
 
Forschungsleiter 1:

Prof. Dr.-Ing. Bernd-Robert Höhn
 
Forschungsstelle 2:

Fraunhofer Institut für zerstörungsfreie Prüfverfahren (IzfP)
www.izfp.fraunhofer.de
 
Forschungsleiter 2:

Prof. Dr. rer.nat. Dr. hc. mult. Michael Kröning

  (vorgelegt vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA) für Forschungsvereinigung Antriebstechnik e.V. (FVA))

Das Forschungsvorhaben wurde gefördert von der Stiftung Stahlanwendungsforschung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V. Bezugsquelle Schlussbericht:
bitte wenden Sie sich an die AVIF