A182

Charakterisierung einer einheitlichen Messmethodik und Validierung ausgewählter Verfahren für die Bestimmung der Maschenweiten von Stahldrahtgeweben


(A182 S 24/10036/2000)

Laufzeit der Forschungsarbeiten: 1. Juli 2002 - 30. Juni 2004

Gewebe für industrielle und sonstige Anwendungen bestehen aus unterschiedlichen Werkstoffen. Das können Stahl, Nichteisenmetalle, Kunststoffe, Naturfasern, Keramik oder andere Materialien sein. Die in diesem Forschungsbericht untersuchten Drahtgeweben aus Stahl werden in technischen Webereien in sehr unterschiedlichen Abmaßen hergestellt. Sie finden in der Sieb- und Filtertechnik zur Fest-Flüssig-Trennung, zur Klassierung und Sortierung fester Stoffe, in Architektur und Design, im Automobilbau usw. Verwendung.

Eine herausgehobene Rolle spielen Drahtgewebe im technischen Siebdruck, in der Filtration und in der Siebung. Neben dem Werkstoff und den äußeren Abmaßen sind für die Anwendung der sehr unterschiedlichen Produkte die Maschenweiten und Dicken der verwendeten Drähte von Bedeutung. Zur Ermittlung der Kennwerte „Maschenweite“ und „Drahtdurchmesser“ wird eine Reihe von Messverfahren eingesetzt: Bei der Herstellung der Stahldrahtgewebe erfolgen Messungen bei der Anlieferung der Drähte, beim Weben auf dem Webstuhl und bei der Auslieferung der fertigen Produkte. Die Kunden vermessen die Gewebe in manchen Fällen beim Wareneingang. In einigen Fällen werden auch unabhängige Stellen mit Messungen beauftragt. Dabei hat sich gezeigt, dass die jeweiligen Messergebnisse oft nicht vergleichbar sind und in Zweifelsfällen ungeklärt bleibt, auf welche messtechnische Grundlage sinnvollerweise Bezug genommen werden sollte.

Mit diesem Forschungsvorhaben sollte mit bekannten und am Markt verfügbaren Messmitteln eine zuverlässige, möglichst einfach handhabbare und kalibrierfähige Messmethodik entwickelt werden‚ die die wesentlichen Kriterien benennt, auf deren Grundlage ein Vergleich der Resultate möglich ist. Dem Auftraggeber sollte bei der Wahl der Methode klar sein, wie ein erwartetes Ergebnis im Vergleich mit anderen Messresultaten zu bewerten ist. Im Rahmen der Untersuchungen sollte der gesamte technisch relevante Bereich der Maschenweite von 20 µm bis 32 mm und der Drahtstärke von ebenfalls 20 µm bis 12 mm erfasst werden. In enger Zusammenarbeit mit den meisten Herstellern von Drahtgeweben in Deutschland und einigen messtechnisch spezialisierten Geräteentwicklern wurden die am Markt vorhandenen Geräte und Messmethoden eingehend untersucht und die jeweiligen Messergebnisse miteinander verglichen.

Mit der Vorlage der ersten Resultate bestätigte sich die Erwartung, dass die Gewebe selbst eine wesentliche Quelle der Messunsicherheit darstellen, wenn nicht detailliert festgelegt wird, wo die Messung durchgeführt werden soll. Das stellte vor allem für sehr feine Gewebe ein erhebliches Problem dar. Um dieses Phänomen für die Detailanalyse der anderen Einflussfaktoren auszuschließen, wurden die meisten Untersuchungen an definierten Einzelmaschen bzw. -drähten durchgeführt.

Für Stahldrahtgewebe mit Maschenweiten von 2 mm und größer werden meistens Messschieber verwendet. Im Projekt konnte nach eingehenden Untersuchungen nachgewiesen werden, dass die Messunsicherheit bei Beachtung relativ einfacher Voraussetzungen keine Probleme mit den Toleranzvorgaben der Produkte erzeugt. Im Detail heißt das, dass eine zwischen den Parteien vereinbarte Messvorschrift vorliegen muss und dass die Messschieber eine hinreichend genaue Anzeigeauflösung haben müssen. Es zeigte sich aber auch, dass sich die messtechnische Erfahrung der Person, die die Messungen an Stahldrahtgeweben durchführt, im Allgemeinen stärker auf die Messunsicherheit auswirkt als eine Kalibrierung des Messinstruments. Für die Berechnungen wurden zwei aktuelle international akzeptierte Methoden herangezogen. Als Ergebnis kann festgehalten werden, dass der Messschieber bei Beachtung der genannten Voraussetzungen ein gebrauchstaugliches Messinstrument für Stahldrahtgewebe mit Maschenweiten von 2 bis 32 mm bzw. Drahtdurchmessern von 0,5 bis 12 mm ist. Unter diesen Umständen ist meist eine Messunsicherheit im Bereich von 0,1 bis 0,2 mm festzustellen.

Die Vermessung von Stahldrahtgeweben mit Maschenweiten zwischen 0,02 und < 2 mm erfolgt meist mit optischen Verfahren (Lupen, Mikroskope, Kameraoptiken). Dabei sind manuelle analoge und rechnergestützte digitale Methoden zu unterscheiden. Im Gegensatz zu den manuellen Messungen mit dem Messschieber zeigte sich, dass die Ergebnisse teilweise beträchtlich systematisch voneinander abweichen. Das heißt, dass trotz Reduzierung einiger erkannter Einflussgrößen die Resultate dennoch weiterhin teilweise erheblich voneinander abwichen. Dieses Phänomen war im Grundsatz schon zu Beginn des Projektes bekannt. Die zentrale Frage richtete sich daher auf die Quantität der jeweiligen Einflussgrößen.

Das Gewebe selbst als wesentliches Quelle der Messunsicherheit wurde bei den Untersuchungen weitgehend ausgeschaltet, um nicht andere Faktoren sozusagen im ‚Grundrauschen’ nicht mehr erkennen zu können. Dabei kristallisierten sich im Wesentlichen drei Größen heraus, die je nach Messbedingungen in ihrer Quantität variierten: Die Art der Beleuchtung des Messobjektes (Streulicht oder paralleles Licht, Lichtstärke und Helligkeitsschwankungen im Messfeld) wirkt sich signifikant auf das Ergebnis aus. Diese Komponenten sind gerätespezifisch und meist ohne Umbau kaum zu beeinflussen. Sie stellen für die Messenden eine Varianz dar, die aus der Hardware des Instrumentes resultiert.

Ein zweiter wesentlicher Faktor ist die mangelnde Reproduzierbarkeit von Einzelmessungen. Trotz sehr ähnlicher Messbedingungen (gleiches Gerät mit gleichen Einstellungen und Wiederholung der Messung nach kurzer Zeit) schwankten die Resultate teilweise erheblich. Ursache für diese Beobachtung ist im Wesentlichen die Messsoftware. Das heißt praktisch, dass bereits geringfügige Schwankungen in den Messbedingungen zu deutlich abweichenden Ergebnissen führen können.

In der Summe bedeutet dies, dass ein signifikanter systematischer durch einen deutlichen zufälligen Effekt  überlagert wird. Damit lassen sich die im Vorfeld beobachteten Abweichungen zwar erklären. Für eine Begründung der festgestellten quantitativen Unterschiede reichen diese Feststellungen allerdings noch nicht aus. Daher musste eine weitere signifikante Einflussgröße vorhanden sein. Sie wurde in der Kalibrierung der Geräte gefunden. Die Verwendung von praktisch zweidimensionalen Kalibriernormalen (Muster auf Glasträgern) reduziert die Effekte aus der Beleuchtung nicht. Für das Forschungsvorhaben wurde daher ein dreidimensionales Muster entworfen, sehr präzise vermessen und mit den Ergebnissen aus der Kalibrierung mit Glasträgern verglichen. Es zeigte sich, dass auch dieser Einfluss wichtig sein kann. Weitergehende Untersuchungen waren nicht möglich, weil sie nicht Gegenstand des Projektes waren.

Die Abweichungen der Messergebnisse der Geräte für die optische Messungen voneinander waren oft größer als die Toleranzvorgaben für die Produkte. Um die Vergleichbarkeit der Messgeräte herzustellen, sind gezielte Änderungen in der Hard- und Software und eine Vereinheitlichung der Kalibrierung erforderlich.

Als Ergebnis kann festgehalten werden, dass die Messung von Maschenweiten und Drahtstärken von gröberen Stahldrahtgeweben mit Messschiebern zu gut vergleichbaren Ergebnissen führt, wenn einige einfache Rahmenbedingungen (Messvorschrift, Messerfahrung des Personals, Kalibrierung) beachtet werden. Bei feineren Geweben ist beim Vergleich von Ergebnissen verschiedener Messverfahren Vorsicht geboten. Die Resultate der marktgängigen Geräte sind nur eingeschränkt vergleichbar. Durch das Forschungsvorhaben wurden die wesentlichen Einflussgrößen benannt und quantifiziert, so dass hier eine Optimierung ansetzen kann. Bedeutsam wäre außerdem, dass bei den Überlegungen zur Kalibrierung der ‚richtige Wert’ so festgelegt wird, dass er mit den verschiedenen Messmethoden auch reproduzierbar ist. Schließlich ist es erforderlich, dass die Ergebnisse, die sich auf Messungen von Einzelmaschen beziehen, auch auf das Produkt bezogen werden.

Die Einschränkung der Eignung der Messverfahren gilt für Vergleiche von Messwerten aus verschiedenen Quellen. Sie gilt in dieser Form nicht unbedingt für Geräte und Verfahren, die innerbetrieblich verwendet werden. Für Vergleiche von Messwerten für die Produktionskontrolle ist die Präzision von Wiederholungsmessungen wichtiger. Diese Präzision war in vielen Fällen gut ausreichend.

Forschungsstelle 1:
Materialprüfanstalt für das Bauwesen TU Braunschweig MPA
www.mpa.tu-bs.de

Forschungsleiter 1:

Dr.-Ing. Wilfried Hinrichs

(vorgelegt vom Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung e.V. (WSM) für Vereinigung Deutscher Drahtwebereien e.V. (VDD))

Das Forschungsvorhaben wurde gefördert von der Stiftung Stahlanwendungsforschung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V.

Bezugsquelle Schlussbericht:
bitte wenden Sie sich an die AVIF