A177

Einfluss der Kernfestigkeit auf die Zahnfußtragfähigkeit einsatzgehärteter Zahnräder

(A177 S 24/10024/01)

Laufzeit der Forschungsarbeiten: 01. Januar 2002 - 30. Juni 2005

- Ausgangssituation
Die Kernfestigkeit ist neben dem Werkstoff, der Randhärte und der Einsatzhärtungstiefe ein spezifischer Parameter zur Gewährleistung der erforderlichen Zahnfußtragfähigkeit einsatzgehärteter Zahnräder. Man geht heute davon aus, dass optimale Zahnfußfestigkeit nur dann erreicht werden kann, wenn die Kernfestigkeit in einer Größenordnung liegt, wie sie bei der Abschreckung im Ölbad erzielt werden kann.
Die Entwicklung von neuen Wärmebehandlungstechniken, wie dem Niederdruckaufkohlen mit Hochdruckgasabschrecken, bietet zahlreiche Vorteile, jedoch können hierbei – aufgrund der im Vergleich zur Ölabschreckung geringeren Abschreckintensität – die geforderten, hohen Werte der Kernfestigkeit nicht immer prozesssicher erreicht werden.

- Forschungsziel und Vorgehensweise
Das Ziel des Forschungsvorhabens bestand in der Untersuchung des Einflusses der Kernfestigkeit auf die Zahnfußtragfähigkeit einsatzgehärteter, in Gas abgeschreckter Zahnräder.
Dazu wurden durch Variation der Abschreckparameter Zahnräder unterschiedlicher Kernhärten hergestellt. Zum Vergleich wurden Zahnräder konventionell in Öl gehärtet. Anschließend wurde die Zahnfußtragfähigkeit im Zeit- und Dauerfestigkeitsgebiet untersucht.
Um zu allgemeingültigen Aussagen zu kommen, wurden Zahnradvarianten untersucht, die sich hinsichtlich des Werkstoffs (20MnCr5, 18CrNiMo7-6) sowie ihrer Größe unterschieden (Modul 2,5, 5 und 8 mm). Ein Teil der Varianten wurde auch im reinigungsgestrahlten Zustand untersucht. Zusätzlich wurden Versuche an Modellproben durchgeführt.
Neben umfangreichen metallographischen Untersuchungen sowie Verformungsmessungen der belasteten und unbelasteten Varianten nach unterschiedlichen Belastungszyklen wurden Eigenspannungsmessungen durchgeführt, um ein umfassendes Verständnis der werkstoffkundlichen Zusammenhänge zu erlangen.

- Erzielte Kernhärten
Die Prüfgeometrien wurden in einer Zweikammeranlage niederdruckaufgekohlt und hochdruck-gasabgeschreckt. Durch Variation von Gasdruck, Gasart (Stickstoff/Helium), Strömungsgeschwindigkeit und Chargengewicht konnte die Kernhärte über ein weites Spektrum variiert werden: beim Werkstoff 20MnCr5 zwischen 310 und 450 HV1, beim Werkstoff 18CrNiMo7-6 zwischen 350 und 450 HV1. Die erzielten Kernhärten spiegeln die Leistungsfähigkeit der modernen Hochdruckgasabschreckung wider: Durch Stickstoffabschreckung lassen sich bei den untersuchten Werkstoffen und Geometrien prozesssicher Kernhärten erreichen, die nach DIN 3990 für Zahnräder der Qualität MQ gefordert werden. Durch Heliumabschreckung werden an den untersuchten Geometrien Kernhärten vergleichbar der Ölabschreckung erzielt; dabei werden die von DIN 3990, Qualität ME geforderten Kernhärten sicher erreicht.


- Einfluss der Abschreckintensität auf das Kerngefüge
Durch Erhöhung der Abschreckintensität steigt sowohl die Härte als auch die Zähigkeit des Kerns. Ursache sind die Unterschiede des Kerngefüges: Hohe Abschreckintensitäten führen zu einem Kerngefüge aus unterem Bainit / Massivmartensit, das durch die feinere Verteilung der Carbide eine höhere Härte aufweist und sich duktiler verhält als oberer Bainit, der bei Abschreckung mit minimaler Intensität erzeugt wird.

- Einfluss der Abschreckintensität auf das Randgefüge
Durch Variation der Abschreckintensität werden unterschiedliche Randgefüge vergleichbarer Härte eingestellt: Bei maximaler Abschreckintensität weist der Rand eine erhöhte Anrissempfindlichkeit und eine geringere Bruchdehnung auf. Mit ursächlich ist der Restaustenitgehalt des Randgefüges anzusehen, der bei maximaler Abschreckintensität in verringertem Umfang vorliegt, sodass eine plastische Verformung des martensitisch-austenitischen Randgefüges nur in geringem Maße möglich ist. Da die Initiierung des bruchauslösenden Risses im Zahnfuß stets an der Oberfläche beobachtet wurde, ist zur Deutung der Ergebnisse zur Zahnfußtragfähigkeit von einem maßgebenden Einfluss des Randgefüge- und Eigenspannungszustands auszugehen, der vornehmlich die Biegeschwellfestigkeit bestimmt.

- Einfluss der Abschreckintensität auf die Zahnfußtragfähigkeit
Ungestrahlte Zahnräder zeigten im Dauer- und Zeitfestigkeitsgebiet bei mittlerer Kernhärte (375…425 HV) bzw. Gasabschreckung mit mittlerer Intensität die höchste Zahnfußtragfähigkeit, während die Prüfvarianten mit der höchsten Kernhärte (> 430 HV) bzw. Gasabschreckung mit maximaler Intensität die geringsten Festigkeiten erreichten.
Durch ein Reinigungsstrahlen konnte die  Zeit- und Dauerfestigkeit im Allgemeinen gesteigert werden. Nach der Strahlbehandlung ergaben sich die höchsten Festigkeiten bei Prüfvarianten minimaler Kernhärte (310…360 HV) bzw. Gasabschreckung mit minimaler Intensität. Die Prüfvarianten mit maximaler Kernhärte bzw. Gasabschreckung mit maximaler Intensität wiesen die niedrigsten Zahnfußtragfähigkeiten auf.
Aufgrund der Besonderheiten der im Rahmen des Forschungsvorhabens durchgeführten Einsatzhärtung mit Niederdruckaufkohlung und Hochdruckgasabschreckung sind die hier beobachteten Tendenzen nicht zwangsläufig auf herkömmlich gasaufgekohlte und ölabgeschreckte Zahnräder übertragbar.
Festzustellen bleibt jedoch, dass niederdruckaufgekohlte und hochdruckgasabgeschreckte reinigungsgestrahlte Zahnräder mit Kernhärten im Bereich 310…425 HV Zahnfußdauerfestigkeiten entsprechend der Werkstoffqualität MQ nach DIN 3990 - Teil 5 erreicht haben und somit im vergleichbaren Festigkeitsbereich wie die hier ergänzend untersuchten herkömmlich gasaufgekohlten und ölabgeschreckten Zahnradprüfvarianten liegen.

-Fazit
Das vorliegende Forschungsvorhaben liefert wesentliche Erkenntnisse zum Einfluss von Werkstoffeigenschaften auf die Zahnfußtragfähigkeit sowie hinsichtlich der Anwendbarkeit des Einsatzhärtungsverfahrens „Niederdruckaufkohlung mit Hochdruckgasabschreckung“.
Beim Einsatzhärten mit Hochdruckgasabschreckung werden durch maximale Abschreckintensität im Kern höchste Festigkeit und Duktilität erreicht.
Dagegen werden die günstigsten Randeigenschaften und folglich auch die höchste Zahnfußtragfähigkeit durch mittlere, bei gestrahlten Bauteilen durch minimale, Abschreckintensität erzielt.
Korrelationen zwischen Abschreckintensität, Kernhärte, Randgefügeeigenschaften und Zahnfußtragfähigkeit im Dauer- bzw. Zeitfestigkeitsbereich wurden belegt.
Die Ergebnisse belegen eine Abhängigkeit der Zahnfußtragfähigkeit vom Randgefüge, während die Kernfestigkeit sich als eine indirekte Einflussgröße erweist. Dabei ist zu beachten, dass die Abschreckintensität nicht nur die Randeigenschaften und damit die Zahnfußtragfähigkeit, sondern auch die Kernhärte beeinflusst.
Für eine optimierte Nutzung möglicher Festigkeitsreserven und zum Verständnis der werkstoffmechanischen Zusammenhänge besteht auf Basis der vorliegenden Ergebnisse weiterer Forschungsbedarf.

Forschungsstelle 1:
Forschungsstelle für Zahnräder und Getriebebau (FZG), Technische Universität München
www.fzg.mw.tum.de
 
Forschungsleiter 1:

Prof. Dr.-Ing. Bernd-Robert Höhn

Forschungsstelle 2:
Stiftung Institut für Werkstofftechnik (IWT)
www.iwt-bremen.de
 
Forschungsleiter 2:

Prof. Dr.-Ing. habil Mayr / Prof. Dr.-Ing. Zoch (vorgelegt vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA) für Forschungsvereinigung Antriebstechnik e.V. (FVA))

Das Forschungsvorhaben wurde gefördert von der Stiftungs Stahlanwendungsforschung im Stifterverband der Deutschen Wissenschaft e.V.

Bezugsquelle Schlussbericht:
bitte wenden Sie sich an die AVIF