A093

Einsatz hochfester umweltfreundlicher Sinterstähle für hochbelastete Bauteile


(A093 S 24/22/94)

Laufzeit der Forschungsarbeiten: 1. Januar 1995 – 31. Dezember 1997

In der Pulvermetallurgie der Eisenwerkstoffe zählen bisher Nickel und Kupfer aufgrund ihrer festigkeitssteigernden Eigenschaft zu den wichtigsten Legierungselementen. Die Ablehnung verschrotteter kupferhaltiger Sinterteile für die schmelzmetallurgische  Stahlherstellung einerseits und die Gesundheitsgefährdung durch freies Nickel andererseits zwingen zu einer Entwicklung neuer Sinterstähle, bei denen diese Elemente durch andere substituiert werden. Aus diesem Grunde sollten im Rahmen dieses Vorhabens hochfeste und umweltfreundliche Sinterstähle optimiert werden.

Die wissenschaftlichen Ziele können wie folgt zusammengefaßt werden:

I Ermittlung anwendungsrelevanter Werkstoffkennwerte für das Schwing- und Wälzfestigkeitsverhalten von optimiert wärmebehandelten Sinterstählen unterschiedlicher Legierungszusammensetzung und unter Verwendung von Feinstpulverzusätzen,

I Erarbeiten eines Modells zur Übertragbarkeit von an Proben ermittelten Kennwerten (Schwing- und Wälzfestigkeit) auf reale Bauteile (Zahnräder), experimentell und rechnerisch,

I Verifikation der Übertragbarkeit anhand von Bauteilversuchen (Zahnfußbiegefestigkeit und Flankentragfähigkeit).

Für die Untersuchung wurden zwei fertiglegierte Pulver,

I Fe-4,0%Ni-0,5%Mo (MSP4) und
I Fe-1,5%Mo (Astaloy Mo),

ausgewählt. Den Pulvern wurden entsprechend dem ausgewählten Wärmebehandlungsverfahren, Vergüten bzw. Vergüten aus der Sinterhitze, gezielt 0,5% bzw. 0,7% Kohlenstoff beigemischt. Die vergüteten Legierungen wurden bei 1250oC/40min. hochtemperaturgesintert, das Vergüten direkt aus der Sinterhitze war nur auf dem Bandofen bei 1120oC/30min. durchführbar. Bei der Legierung Fe-1,5%Mo wurde zudem eine Variante mit Zusatz von  5% Carbonyleisenpulver (CEP) hergestellt. Als Referenzwerkstoff wurde die Legierung (Fe-1,5%Mo) in karbonitriertem Zustand ausgewählt, die ebenfalls bei 1250oC/40min. gesintert wurde.

Für die Ermittlung anwendungsrelevanter Werkstoffkennwerte mit den optimalen Werkstoffzuständen wurden Versuche zur Schwingfestigkeit an ungekerbten und gekerbten Proben bei Spannungsverhältnissen von R= -1 und 0 sowie zur Wälzfestigkeit ohne und mit überlagerter Reibung (Schlupf von -24%) im Bereich der Zeit- und Dauerfestigkeit durchgeführt.

Beim Schwingfestigkeitsverhalten zeigt die rasch abgekühlte Variante für beide Beanspruchungsverhältnisse und Kerbformen eine deutlich niedrigere Beanspruchbarkeit gegenüber den drei vergüteten Varianten. Bei den vergüteten Varianten ist die Legierung (Fe-1,5%Mo) der Legierung (Fe-4%Ni-0,5%Mo), beide mit einem Zusatz von 0,5% C, im Bereich der Dauerfestigkeit leicht überlegen. Im Bereich der Zeitfestigkeit kehrt sich das Verhältnis infolge einer flacheren Wöhlerlinienneigung der Legierung (Fe-1,5%Mo) um.

Für die Legierung (Fe-1,5%Mo) mit einem Feinpulverzusatz von 5% Carbonyleisen wurde für die ungekerbten Proben bei reiner Wechselbeanspruchung die höchste ertragbare Beanspruchung im Bereich der Dauerfestigkeit ermittelt. Auffallend ist für diese Legierung allerdings auch eine sehr große Streuung der Versuchsergebnisse im ungekerbten Zustand. Im gekerbten Zustand oder unter Schwellbelastung (R=0) ist die Dauerfestigkeit jedoch niedriger als die der beiden anderen vergüteten Varianten. Auch ist für die nickelfreie Legierung mit CEP-Zusatz die Mittelspannungsempfindlichkeit der ungekerbten Proben im Vergleich zu der restlichen Legierung deutlich höher. Als Ursache hierfür wird gegenüber der Legierung ohne CEP ein spröderes Verhalten vermutet.

Die Ergebnisse der Referenzlegierung wiesen unerwartet niedrige Werte auf, die auf  Molybdän-Kardide an den Korngrenzen infolge der Karbonitrierbehandlung zurückzuführen waren. Ein Vergleich der Dauerfestigkeiten mit Werten aus der Literatur zeigt, daß die hier untersuchten Legierungen Werte aufweisen, die mit den Werten der vergüteten Mischlegierung aus Fe-+1,5%Cu+0,5%C vergleichbar sind. Im Vergleich zu nickelhaltigen diffusionslegierten Werkstoffen ist die Dauerfestigkeit vor allem bei gekerbten Proben jedoch deutlich niedriger.

Die Untersuchung zum Wälzfestigkeitsverhalten wurde nur mit den vergüteten Legierungen durchgeführt. Auch hier zeigt sich ein  ähnliches Bild wie bei der Schwingfestigkeit. Unterschiede im Wälzfestigkeitsverhalten der Legierung (Fe-1,5%Mo)+0,5%C ohne und mit Zusatz von Carbonyleisenpulver wurden im Rahmen der Streuung nicht festgestellt. Die Dauerwälzfestigkeit der nickelfreien Legierung lag aber geringfügig über der der nickelhaltigen Legierung. Bei allen Legierungsvarianten lag das gleiche Schädigungsverhalten vor. Die Rißentstehung erfolgte unterhalb der Oberfläche und das Versagen trat durch Ablösen von Material an der Oberfläche auf.

Ein weiteres Ziel dieses Projektes war die Erarbeitung eines einfach zu handhabenden Modells zur Übertragbarkeit von an Proben ermittelten Kennwerten der Schwing- sowie der Wälzfestigkeit auf reale Bauteile am Beispiel eines Zahnrades. Beide Übertragbarkeitsmodelle basieren auf dem Konzept des höchstbeanspruchten Werkstoffvolumens unter Berücksichtigung des Größeneinflusses und werden durch experimentelle sowie rechnerische Spannungsanalysen (Finite-Element-Berechnungen) unterstützt. Die gewonnenen Erkenntnisse können danach auch für andere, ähnlich beanspruchte Bauteile aus dem Maschinenbau angewendet werden.

Während für die Übertragbarkeit beim Schwingfestigkeitsverhalten bereits eine Vielzahl von  Untersuchungen durchgeführt wurde, aus denen die eingehenden Parameter für die Berechnung bestimmt werden können, ist der Ansatz für die Übertragbarkeit von Wälzfestigkeitskennwerten nach diesem Konzept neu. Bei dem Übertragbarkeitsmodell zur Flankentragfähigkeit mußte gegenüber dem Modell für die Schwingfestigkeit zusätzlich berücksichtigt werden, daß sich das höchstbeanspruchte Werkstoffvolumen auch mit der Beanspruchung selbst ändert.

Für die nachfolgende Verifikation der mit den Bemessungsmodellen berechneten Werkstoffkennwerte wurden Versuche zur Zahnfußbiegefestigkeit und zur Flankentragfähigkeit durchgeführt. Bei den Versuchen  zur Zahnfußbiegefestigkeit zeigte sich, daß trotz einer Dichte von  etwa 7,1 g/cm3 im Zahn im Bereich des Zahnfußes Stellen mit einer erhöhten Porosität vorliegen. Da diese Stellen vor allem im Bereich der Spannungskonzentration im  Zahnfuß festgestellt wurden, liegen die experimentell ermittelten Zahnfußbiegefestigkeiten relativ niedrig. Voraussetzung für eine gute Übertragung ist, daß die in das Übertragbarkeitsmodell nicht einfließenden Parameter des technologischen Größeneinflusses (Gefüge, Gefügeausbildung, Härte etc.) und des oberflächentechnischen Größeneinflusses (Oberflächenzustand, Eigenspannungen etc.) übereinstimmen. Hierzu zählt auch eine homogene Porenverteilung, wie Sie bei den Proben vorlag.

Aus diesen Gründen lag zunächst die berechnete ertragbare Beanspruchung des Zahnrades bei der Zahnfußbiegung ausgehend von den experimentell ermittelten Probendaten deutlich höher als die experimentell am Bauteil ermittelte Beanspruchbarkeit. Unter Berücksichtigung der am Bauteil vorliegenden Porosität konnte aber dieser Unterschied erklärt werden.

Bei der Berechnung der Flankentragfähigkeit der gesinterten Zahnräder ausgehend von den an Proben ermittelten Wälzfestigkeitskennwerten lag eine gute Übereinstimmung der berechneten mit der experimentell ermittelten Flankentragfähigkeit vor. Voraussetzung hierfür war, daß ein für die Berechnung erforderlicher Exponent aus den bekannten Zusammenhängen der Schwingfestigkeit abgeleitet wurde.

Forschungsstelle 1:
Fraunhofer Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit (LBF)
www.lbf.fraunhofer.de
 
Forschungsleiter 1:
Dr. rer. nat. H.P. Koch
(vorgelegt vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. – VDMA für FKM)

Das Forschungsvorhaben wurde gefördert von der Stiftung Stahlanwendungsforschung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V. Bezugsquelle Schlussbericht:
bitte wenden Sie sich an die AVIF