A146

Eigenspannungseinfluss auf die Zahnfußtragfähigkeit kleinmoduliger Zahnräder


(A146 S 24/02/2000)

Laufzeit der Forschungsarbeiten: 1. Juli 2000 - 31. Dezember 2003

Fachgerecht einsatzgehärtete Zahnräder weisen in der gehärteten Randschicht Druckeigenspannungen auf. Diese werden im Bereich der Zahnfußrundung vor allem durch die Wärmebehandlung und gegebenenfalls durch eine Strahlbehandlung induziert.

Eigenspannungen beeinflussen im Zusammenwirken mit Lastspannungen und Werkstofffestigkeit die Tragfähigkeit einer Verzahnung. Da Druckeigenspannungen den im Zahnfußbereich auftretenden Zuglastspannungen entgegenwirken, wird ihnen allgemein eine Erhöhung der Schwingfestigkeit zugeschrieben.

Zahnräder im Modulbereich mn= 1,75...5 mm werden für größte Leistungsfähigkeit in der Regel einsatzgehärtet oder carbonitriert. In vielen Fällen erfolgt nach der Wärmebehandlung ein Reinigungsstrahlen der Zahnräder. Bei höchsten Anforderungen an die Zahnfußtragfähigkeit der Zahnräder wird die Fußrundung kontrolliert kugelgestrahlt. Diese Herstellungsschritte beeinflussen maßgeblich den Eigenspannungszustand der Zahnräder.

Ziel des Forschungsvorhabens war die Ermittlung der Auswirkungen von Eigenspannungszuständen auf die Zahnfußtragfähigkeit kleinmoduliger einsatzgehärteter und carbonitrierter Zahnräder und deren Berücksichtigung bei der Berechnung der Zahnfußtragfähigkeit nach der Norm DIN 3990.

Experimentelle und theoretische Untersuchungen erfolgten hierzu an Zahnrädern im Modulbereich mn = 1,75...5 mm bei variierter Wärme- und Strahlbehandlung sowie zur werkstoffkundlichen Vertiefung an Zahnfußsimulationsproben. An insgesamt 16 Zahnradprüfvarianten wurden Pulsatorversuche nach Standard-Prüfverfahren zur Ermittlung der Wöhlerlinien zur Zahnfußtragfähigkeit durchgeführt. An acht ausgewählten Prüfvarianten wurde die Zahnfußtragfähigkeit zusätzlich im Laufversuch im FZG-Zahnradverspannungsprüfstand untersucht. Verzahnungsgeometrie und -qualität, Oberflächenrauheit, Werkstoffdaten, Wärme- und Strahlbehandlungsparameter sowie Gefügeaufnahmen, Randoxidationstiefen, Härte- und Kohlenstofftiefenverläufe im Bereich des Zahnfußes sind für alle Zahnradvarianten dokumentiert. Durch röntgenographische Untersuchungen wurden für jede Zahnradprüfvariante charakteristische Tiefenverläufe der wärme- bzw. strahlbehandlungsinduzierten Eigenspannungen ermittelt.

Die Biegeversuche an den Zahnfußsimulationsproben dienten zur Bewertung des Mittel- bzw. Eigenspannungseinflusses auf die Dauerfestigkeit im einsatzgehärteten Zustand. Unterschiedliche Mittellastzustände sowie Eigenspannungszustände wurden an einseitig- bzw. doppelseitig gekerbten, ungestrahlten bzw. kugelgestrahlten, einsatzgehärteten Proben untersucht. Kennwerte zum Werkstoff- und Eigenspannungszustand wurden für die Zahnfußsimulationsproben metallographisch und röntgenographisch ermittelt.

Im Rahmen der theoretischen Untersuchungen wurde zur Bewertung des Schadensverhaltens sowohl eine spannungsmechanische als auch eine bruchmechanische Betrachtung nach einem lokalen Konzept durchgeführt und ein kombinierter Modellansatz entwickelt.

Die Hauptergebnisse aus den Wöhlerversuchen, den versuchsbegleitenden und den theoretischen Untersuchungen werden im Folgendem kurz zusammengefasst.

Durch eine Strahlbehandlung nach der Wärmebehandlung wird der Eigenspannungszustand in der Bauteilrandschicht deutlich modifiziert. Druckeigenspannungen werden aufgebaut, deren Maximum sich unterhalb der Oberfläche befindet. Die Tiefe, in der die Strahlbehandlung auf den Eigenspannungszustand wirkt, und der Betrag der ausgebildeten Eigenspannungen hängen von den Strahlparametern ab. Daher liegen an den hier untersuchten Prüfzahnrädern nach einer kontrollierten Kugelstrahlbehandlung höhere Druckeigenspannungen als nach einem praxisüblichen Reinigungsstrahlen vor.

Die Ausbildung eines hohen Druckeigenspannungszustands in der oberflächennahen Randschicht bewirkt in allen Fällen eine deutliche Steigerung der Zahnfuß-Dauerfestigkeit, wie die Ergebnisse der Pulsatorversuche an den gestrahlten Prüfzahnrädern im Vergleich zu den Ergebnissen an den entsprechenden ungestrahlten Prüfzahnrädern zeigen. Weiterhin weisen die kugelgestrahlten Prüfzahnräder infolge des höheren Druckeigenspannungszustands eine höhere Zahnfuß-Dauerfestigkeit auf als die reinigungsgestrahlten Prüfzahnräder.

Nach dem entwickelten kombinierten Modellansatz zur örtlichen Zahnfußfestigkeit wirken Druckeigenspannungen sowohl einer Rissinitiierung als auch einer Rissausbreitung entgegen. Dies ergibt sich aus dem Mittelspannungseinfluss der Druckeigenspannungen auf die Schwingfestigkeit bzw. aus dem nach den Ansätzen der Bruchmechanik wirkenden Rissschließ- und Rissstoppeffekt von Druckeigenspannungen. Ausgehend von den Eigenspannungstiefenverläufen, dem Gradienten der auftretenden Lastspannungen, der Randoxidationstiefe sowie experimentell ermittelten Werkstoffkennwerten wie Wechselfestigkeit, Mittelspannungsempfindlichkeit und Threshold-Wert der zyklischen Spannungsintensität liefert der kombinierte Modellansatz rechnerische Ergebnisse zur Zahnfuß-Dauerfestigkeit, die eine gute Übereinstimmung mit den Versuchsergebnissen zeigen.

Zur Berücksichtigung des Eigenspannungseinflusses im vereinfachten Rechenverfahren zur Zahnfußtragfähigkeit nach DIN 3990 wurde der aus einem früheren Forschungsvorhaben bekannte Faktor YRS angewandt und auf Basis experimenteller Ergebnisse erweitert. Aus dem Mittelwert der vorliegenden strahl- bzw. wärmebehandlungsinduzierten Eigenspannungen in der oberflächennahen Randschicht lässt sich durch YRS die Steigerung bzw. die Minderung der Zahnfuß-Dauerfestigkeit einsatzgehärteter und carbonitrierter Zahnräder im Vergleich zu einem reinigungsgestrahlten Referenzzustand berechnen. Die Anwendung des Faktors YRS bei der Berechnung der Zahnfuß-Dauerfestigkeit zeigt eine gute Übereinstimmung zwischen Rechen- und Versuchsergebnissen. Mit dem Faktor YRS steht somit dem Getriebekonstrukteur ein vereinfachtes, experimentell abgesichertes Rechenverfahren zur Berücksichtigung des Eigenspannungseinflusses auf die Zahnfußtragfähigkeit zur Verfügung.

Die Ergebnisse des Forschungsvorhabens können damit direkt in die praktische Anwendung umgesetzt werden.

Forschungsstelle 1:
Lehrstuhl für Maschinenelemente Forschungungsstelle für Zahnräder und Getriebebau (FZG), Lehrstuhl für Maschinenelemente der TU München
www.fzg.mw.tum.de
 
Forschungsleiter 1:

Prof. Dr.-Ing. B.-R. Höhn / Prof. Dr.-Ing. Detlef Löhe
(vorgelegt vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V., VDMA für FVA, Frankfurt)

Das Forschungsvorhaben wurde gefördert von der Stiftung Stahlanwendungsforschung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft

Bezugsquelle Schlussbericht:
bitte wenden Sie sich an die AVIF