A084

Ermüdungsverhalten recyclierbarer hochfester Sinterstähle


(A084 S 24/03/1994)

Laufzeit der Forschungsarbeiten: 1. Juli 1994 – 31. Dezember 1997

Um den steigenden Anforderungen der Praxis an die mechanischen Eigenschaften hochfester Sinterformteile nachzukommen und der pulvermetallurgischen Industrie neue Anwendungsfelder zu erschließen, wurden in den letzten Jahren vorlegierte kupferfreie und daher recyklierfähige Sinterstähle entwickelt. Wirtschaftliche Methoden dafür sind die Verwendung bimodaler Pulver in Verbindung mit einer Hochtemperatursinterung oder einer konventionellen Sinterung mit Schnellabkühlung. Nachfolgende zusätzliche Wärmebehandlungen können die Zug- und Schwingfestigkeiten sowie die Zähigkeiten verbessern. Allerdings ist das Wissen über das Potential dieser Techniken bezüglich der Verbesserung der mechanischen Eigenschaften noch sehr unvollständig.

In der vorliegenden Arbeit wurden an den vier kupferfreien rezyklierfähigen PM-Stählen Fe4Nio,5Mo+0,5%C (p = 7,21 g/cm3, hochtemperaturgesintert), Fe4Ni0,5Mo+0,7%C (p = 7,12 g/cm3, sintergehärtet), Fe1,5Mo+0,5%C und Fe1,5Mo+0,5%C+0,5%CEP
(p = 7,3 bzw. 7,32 g/cm3, hochtemperaturgesintert CEP = Carbonyleisenpulver) die Gefüge und die Porenmorphologie, das isotherme und kontinuierliche Zeit-Temperatur-Umwandlungsverhalten sowie der Einfluß verschiedener Wärmebehandlungen auf die Eigenschaften und die dabei auftretenden mikrostrukturellen Vorgänge im Vergleich zum Sinter- bzw. Anlieferungszustand untersucht. Die Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Gefügecharakterisierung

Mit zunehmender Werkstoffdichte nehmen die Porendurchmesser ab und die mittleren Formfaktoren sowie die adiabatischen Elastizitätsmoduli zu. Im Anlieferungzustand sind die hochtemperaturgesinterten PM-Stähle ferritischperlitisch und der sintergehärtete PM-Stahl martensitisch mit ca. 28% Restaustenit. Nach Härten und Anlassen bestehen die Gefüge der Werkstoffe aus feinstreifigem angelassenen Martensit, wobei sich Mo3C-Karbide erst bei Austenitisierungstemperaturen überhalb Taust = 1050oC auflösen. Bei Fe4Ni0,5Mo+0,7%C nimmt mit zunehmender Anlaßtemperatur und -zeit der Restaustenitgehalt ab. Bainitisierungen in Wirbelbettöfen führen bei Fe4Ni0,5Mo+0,5%C für Umwandlungstemperaturen nahe der Martensitstarttemperatur Ms zu feinstreifigen Gefügen aus unterem Bainit und für die Nifreien PM-Stähle zu grobstreifigen unterem Bainit bzw. zu Übergangsgefügen zum oberen Bainit. Außerdem zeigen die Proben unterschiedlich starke Randentkohlungen, die sich bei dem verwendeten Bainitisierungsverfahren nicht vermeiden lassen. Härtemessungen sind zur Gefügecharakterisierung von hochfesten PM-Stählen wenig geeignet, da porenbedingt ein signifkanter Prüflasteinfluß besteht und zum Teil Streuungen bis ± 150 HV auftreten.

Optimierung der Wärmebehandlungsparameter

Für die drei hochtemperaturgesinterten PM-Stähle wurden ZTU-Schaubilder ermittelt. Ms liegt für Fe4Ni0,5Mo+0,5%C bei 210oC und für die Nifreien PM-Stähle bei 315oC. Da Nickel im Gegensatz zu Molybdän das Austenitgebiet erweitert, ist bei Fe4Ni0,5Mo+0,5%C Ms  niedriger und bei isothermer Abkühlung bleibt mehr Zeit beim Einstellen von Gefügen in der unteren Bainitstufe, als bei den Nifreien Stählen. Daher lassen sich für Fe4Ni0,5Mo+0,5%C technische Bainitisierungen im Bereich des zähen unteren Bainit noch realisieren, wenn die Werkstücke nicht zu groß sind. Die beiden Fe1,5Mo+0,5%C-Stähle sind bereits aufgrund der Legierungszusammensetzung für Bainitisierungen weitgehend ungeeignet.

Bei den Nihaltigen PM-Stählen sind möglichst niedrige Taust um etwa 8000C am besten geeignet, um gute mechanische und vor allem zyklische Eigenschaften zu erreichen. Für die Fe1,5Mo+0,5%C-Stähle ist Taust = 8800C ausreichend. Am stärksten werden die mechanischen Eigenschaften durch eine geeignete Wahl der Anlaß- oder Umwandlungstemperatur und in geringerem Umfang durch die Anlaß- bzw. Umwandlungszeit beeinflußt. Während sich für die Bainitisierungen Umwandlungstemperaturen nahe der Ms-Temperatur eignen, sind nach dem Härten Anlaßtemperaturen um 200 bis 2500C günstig.

Mechanische Eigenschaften

Bei Zugversuchen nehmen die Werkstoffwiderstände mit der Werkstoffdichte und mit steigender Beanspruchungsgeschwindigkeit zu. Die Zugfestigkeiten liegen im Anlieferungszustand zwischen 605 und 663 MPa und steigen durch Bainitisieren oder Härten bzw. Sinterhärten und Anlassen wie die Dehn- und Stauchgrenzen um 50-60% bzw. um mehr als 100%, wobei die Nifreien PM-Stähle stets etwas höhere Werte erreichen. Die plastische Verformbarkeit und die Bruchdehnung nimmt durch die Wärmebehandlungen ab. Unter Druckbeanspruchung verformen die Werkstoffe stärker durch plastische Deformation und weniger durch Rißöffnungsanteile, der tragende Querschnitt und der E-Modul nehmen durch das Zusammendrücken von Poren zu und die Werkstoffe ertragen bei gleichen plastischen Dehnungen betragsmäßig größere Druck- als Zugspannungen. Dieser Spanungsdifferenz-Effekt ist bei sintergehärteten Fe4Ni0,5Mo+0,7%C am größten und nimmt durch Härten und Anlassen bzw. Bainitisieren bei allen Werkstoffen etwas zu.

Bei zyklischer Beanspruchung lassen sich die Zeitfestigkeitsäste der Wöhlerkurven bei allen Werkstoffen und Zuständen mit einer Basquin-Beziehung beschreiben. Für rein wechselnde Beanspruchung (R = -1) erreichen die gesinterten Stähle Rw-Werte um 160 MPa und zeigen ein nahezu gleiches Anrißverhalten und Rißbildung an einer Probenkante und/oder Oberflächenpore. Für sintergehärtetes Fe4Ni0,5Mo+0,7%C liegt Rw bei 126 MPa. Im Anlieferungszustand zeigen die PM-Stähle anfangs ein wechselverfestigendes Verformungsverhalten und zu Lebensdauerende makroskopische Entfestigung. em,t nimmt durch stabiles Rißwachstum von Beginn an stetig mit der Lastspielzahl zu. Der sa-ea,p-Zusammenhang läßt sich bei den gesinterten PM-Stählen gut mit der Ramberg-Osgood-Beziehung beschreiben und die Manson-Coffin-Geraden dieser Werkstoffe liegen in einem gemeinsamen Streuband. Härten und Anlassen verbessert die Wechselfestigkeiten um 20 bis 40% gegenüber dem Sinter-zustand, Bainitisierungen sind aufgrund der ungünstigen Legierungssysteme nur in geringerem Umfang zur Verbesserung der zyklischen Eigenschaften geeignet. Das Rw/Rm-Verhältnis und die Steigung der Zeitfestigkeitsäste der Wöhlerlinien nimmt bei allen Werkstoffen und Zuständen mit Rm ab. Nach Härten und Anlassen lassen sich bei den untersuchten PM-Stählen für R = -1 die Totaldehnungswöhlerlinien mit den aus der Spannungswöhlerlinie entnehmbaren Ermüdungsfestgkeitskoeffezienten sf und -exponenten b gemäß ea,t = sf/E(NB)b im Zeitfestigkeitsgebiet konservativ abschätzen. Das Wechsel-verformungsgeschehen ist nach Bainitisierungen wie nach Härten und Anlassen stärker als im Sinterzustand von der Dichte und Porenmophologie der Werkstoffe abhängig, da es durch die Festigkeitssteigerung stärker lokalisiert ist und geringere plastische Verformungen auftreten. Auf den Probenoberflächen entstehen bereits früh Mikrorisse, deren Zahl und Länge mit der Lastspielzahl zunehmen und für ein positives zyklisches Kriechen und makroskopisch wechselentfestigend wirkende Anteile von ea,p verantwortlich sind. Der duktilere nickelreiche Martensit von

Fe4Ni0,5Mo+0,5%C führt dabei zu größeren plastischen Zonen vor den Rißspitzen und langsamerem zyklischen Kriechen und letztlich bei kleinen Spannungsamplituden zu verhältnismäßig großen Zeitfestigkeiten, zu kleineren b-Werten und relativ hohen Wechselfestigkeiten im Vergleich zu den übrigen PM-Stählen.

Der Einfluß von Mittelspannungen auf die Zeitfestigkeit der vier PM-Stähle im gehärteten und angelassenen Zustand läßt sich am besten mit Hilfe des Smith-Watson-Topper-Parameters abschätzen. Zugmittelspannungen führen zum Aufweiten von Poren, fördern die Bildung erster Mikrorisse und erhöhen somit die wahre Spannung mehr, als betragsmäßig gleiche Druckmittelspannungen diese - vor allem durch das Zudrücken von kleineren unrunden Poren oder Porenbereichen - reduzieren. Druckmittelspannungen erhöhen, Zugmittelspannungen erniedrigen daher die Wechselfestigkeiten. Fe4Ni0,5Mo+0,7%C zeigt aufgrund der geringen Dichte und seines spröden überwiegend rißgeprägten Wechselverformungsverhaltens die kleinsten Dauerfestigkeiten und mit zunehmenden Druckmittelspannungen abnehmende Mittelspannungsempfindlichkeiten. Bei den übrigen PM-Stählen sind die M-Werte für R = -2 am höchsten und für R £ -2 generell größer als für R = 0, da bei genügend hohen Druckmittelspannungen zyklische Verfestigungsvorgänge dem bei R £ -1 hauptsächlich rißgeprägten Verformungsverhalten entgegenwirken und daher die Dauerfestigkeiten vergleichsweise stärker erhöhen.

Der Zusatz von Carbonyleisenpulver zu Fe1,5Mo+0,5%C wirkt sich zwar im Sinterzustand nicht merklich auf die Eigenschaften aus, erhöht aber geringfügig die Dichte, führt zu runderen Poren und vermutlich zu ausgeprägteren Sinterhälsen und steigert nach Bainitisieren wie nach Härten und Anlassen die Zug- sowie die Wechsel- und Dauerfestigkeiten.

Forschungsstelle 1:
Institut für Werkstoffkunde 1 Universität Karlsruhe (Iwk1)
www.iwk1.uni-karlsruhe.de
 
Forschungsleiter 1:     
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(vorgelegt vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. – VDMA für FKM) Das Forschungsvorhaben wurde gefördert von der Stiftung Stahlanwendungsforschung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V. Bezugsquelle Schlussbericht:
bitte wenden Sie sich an die AVIF