A232

Entwicklung von Modellen zur Lebensdauervorhersage von Kraftwerksbauteilen unter thermisch-mechanischer Kriechermüdungsbeanspruchung


(A232 S 24/10105/2005)

Laufzeit der Forschungsarbeiten: 1. Januar 2006 - 31. Dezember 2008

In Anlagen der Kraft- und Wärmeindustrie kommen zahlreiche massive Bauteile aus warmfesten und hochwarmfesten Werkstoffen zum Einsatz. Diese Bauteile werden durch An- und Abfahrvorgänge unterschiedlichen thermisch-mechanischen Beanspruchungen ausgesetzt. Die Entwicklung von Methoden zur Lebensdauervorhersage trägt zur optimalen Auslegung solcher höchstbelasteter Bauteile und damit zur Zuverlässigkeit und Sicherheit von Anlagen bei.

Im Rahmen dieses Forschungsvorhabens wurde die Weiterentwicklung zweier vorhandener rechnergestützter Verfahren zur Anrisslebensdauervorhersage auf die Fälle thermomechanischer und mehrachsiger Kriechermüdungsbeanspruchung von Kraftwerksbauteilen für einen Rotorstahl vom Typ X12CrMoWVNbN10-1-1 vorgenommen. Im Einzelnen wurde ein phänomenologischer Ansatz basierend auf einer Synthese von zyklischen Spannungs-Dehnungs-Hysteresisschleifen und einer gekoppelten Analyse der rechnerischen Schädigung mithilfe der Ermüdungs- und Kriechanteile überlagernden Schadensakkumulationshypothese auf thermo-mechanische Beanspruchungsabläufe sowie mehrachsige Beanspruchung für Anriss weiterentwickelt (Modell 1). Weiter wurde auf der Grundlage eines viskoplastischen Verformungsmodells für thermozyklische Belastungen und eines bruchmechanischen Lebensdauermodells zur Beschreibung der Ausbreitung von Mikrorissen eine Erweiterung auf kraftwerkstypische lange Haltezeiten und auf HCF-überlagerte Belastung vorgenommen (Modell 2).

Zur Verifikation wurden ein- und mehrstufige Kriechermüdungsversuche, teilweise anisotherm, zur Nachbildung von Kalt-, Warm- und Heißstartbeanspruchungsfällen mit Versuchsdauern bis rd. 8000h an einer Kerbprobe und rd. 2000h an Kreuzproben durchgeführt. Die Nachrechnungen von komplexen Verifikationsexperimenten, praxisnahen Beanspruchungsfällen und ergänzend auch für ein- und mehrachsige TMF-Versuche an einem Stahl vom Typ 28CrMoNiV4-9 ergab einen wichtigen Beitrag zur Bewertung der Praxistauglichkeit beider Lösungsansätze. Weiter wurde eine vergleichende Betrachtung des Aufwands für die Modellierung von Verformung und Anriss- bzw. Zeitbruchkurven als Grundlage zur Anwendung der Rechenmodelle erweitert. Aus der Nachrechnung von Verifikations- und Demonstrationsbeispielen ließen sich Ergebnisse zum Zeitaufwand und zur Treffsicherheit der beiden Modelle gewinnen.

Die in diesem Vorhaben verbesserten Berechnungsmethoden lassen sich durch die Industrie
wie folgt nutzen:

- Die verbesserten Modelle wurden in bereits industriell genutzten Programmen
implementiert (Modell 1: SARA 5, Modell 2: ThoMat). Durch die bereitgestellten
Programme und Unterprogramme mit entsprechender Dokumentation ist eine
unmittelbare Nutzung durch die Industrie gegeben.
- Die entwickelten Methoden erlauben der Industrie, die Anrisslebensdauer
kritischer Bauteile und Komponenten unter thermozyklischen und mehraxialen
Bedingungen zu berechnen.
- Die Entwicklung von Lebensdauerverbrauch und Schädigung tragen zur
Bewertung von Design und Wartungsintervallen bei.
- Schnittstellen zur Dateneingabe seitens der industriellen Anwender sind
verfügbar und einfach nutzbar. Die Modelle sind übertragbar und können bei
Bedarf an weitere Werkstoffe angepasst werden.

Das Modell SARA hat seine Stärken in der ingenieurmäßigen Anwendbarkeit, die bereits heute einen Praxiseinsatz im Turbinenbau ermöglicht, mit einem dabei zu akzeptierenden Konservativitätsgrad. Ein weiterer Vorteil ist die Abdeckung eines größeren Werkstoffspektrums.

Nach dem aktuellen Stand der Technik erscheint die Anwendung des konstitutiven ThoMat-Modells relativ aufwendig in Bezug auf die Parameteridentifikation, jedoch verbirgt sich hinter diesem Ansatz langfristig ein größeres Potenzial hinsichtlich der Möglichkeiten zur Beschreibung komplexer Beanspruchungen, da das Modell den Verformungszustand besser beschreiben kann und eine unmittelbare Nutzung in FE-Programmen zulässt. Durch Weiterentwicklung dieses Ansatzes könnte die Konservativität der Abschätzungen weiter reduziert werden. Bedarf besteht hier noch in der Erweiterung des Werkstoffspektrums.

Seitens der Nutzer ist die Anwendung von SARA universell sowohl für Neu-Anlagenbau als auch für den Service-Bereich möglich, während die Anwendung von ThoMat mehr für Detailoptimierungen im Entwicklungsprozess geeignet erscheint.

Zusammenfassend sei angemerkt, dass Ergebnisse dieses Vorhabens zu einer Reduzierung von zeit- und kostenintensiven Entwicklungsarbeiten bei der Überarbeitung oder Neukonstruktion von Kraftwerkskomponenten beitragen.

Forschungsstelle 1:
Institut für Werkstoffkunde der Technischen Universität Darmstadt (lfW)
www.tu-darmstadt.de/mpa-ifw
 
Forschungsleiter 1:
Prof. Dr.-Ing. C. Berger
 
Forschungsstelle 2:

Fraunhofer Institut für Werkstoffmechanik (IWM)
www.iwm.fhg.de
 
Forschungsleiter 2:

Prof. Dr.-Ing. P. Gumbsch

(vorgelegt vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA) für Forschungsvereinigung Verbrennungskraftmaschinen e.V. (FVV))

Das Forschungsvorhaben wurde gefördert von der Stiftung Stahlanwendungsforschung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V.

Bezugsquelle Schlussbericht:
bitte wenden Sie sich an die AVIF