A229

Kriterien zur Schädigungsbeurteilung von Hochtemperaturbauteilen aus martensitischen 9-11 % Cr-Stählen

(A229 / S 24/10090/2004)

Laufzeit der Forschungsarbeiten: 1. Januar 2005 - 31. Dezember 2007

Die neuen hochwarmfesten Werkstoffe, wie z. B. der P 91 (X10CrMoVNb9-1) und E911(X11CrMoVWNb9-1-1) mit verbesserten Festigkeits- und Zeitstandeigenschaften werden im Kraftwerksbau zum Erreichen höherer Wirkungsgrade eingesetzt. Sie zeigen im Vergleich zu niedriglegierten warmfesten Kessel- bzw. Turbinenstählen bessere Zeitstandbruchwerte bei höheren Temperaturen.
Aufgrund der ebenfalls höheren Zeitstandbruchverformungswerte ist damit zu rechnen, dass auch unter Betriebsbedingungen eine Kriechporenbildung bzw. eine erhöhte Anzahl an Kriechporen erst bei hohen Erschöpfungsgraden gegen Ende der Lebenszeit auftritt. Damit ergeben sich praktische Probleme bei der Bauteilüberwachung dieser neuen Werkstoffe.
Ziel des Vorhabens und der vorangegangenen Projekte Schädigungsentwicklung I und II war es, den Kenntnisstand über den Ablauf der Kriechschädigung bei modernen 9% Chromstählen zu erweitern. Dies sollte anhand von experimentellen Untersuchungen und begleitenden nume-rische Berechnungen erreicht werden.
Auf der experimentellen Seite wurden Zeitstandproben (einachsige Beanspruchung) und Hohl-zylinderproben (mehrachsige Beanspruchung) eingebaut und die zeitlichen Dehnungsverläufe ermittelt. Über die mehrachsige Beanspruchung wird erreicht, dass auch bei vergleichsweise hohen Belastungen sich ein bauteilähnliches Kriechschädigungsverhalten mit geringen Kriechverformungen einstellt. Die Untersuchungen wurden bei der oberen Anwendungstemperatur als auch bei den heute üblichen Betriebstemperaturen durchgeführt. Insgesamt wurden im Berichtszeitraum Versuchszeiten von mehr als 45000 h erreicht. Die Kriechporenbildung wurde über metallographische Untersuchungen an ausgebauten bzw. mit Gefügeabdrücken bei Zwischenausbauten ermittelt. Parallel zu den Laborversuchen wurden im Kraftwerk an ausgewählten Bauteilen Betriebsmessungen zur Ermittlung der Beanspruchung aus Druck, Temperatur und eventuellen äußeren Lasten durchgeführt. Weitergehende metallkundliche Untersuchungen an Metallfolien bzw. Extraktionsabdrücken der Proben bzw. der Bauteile im REM und TEM wurden zum Zweck der Ermittlung der Veränderungen der Gefügestrukturparameter Ausscheidungen, Subkorngröße und Versetzungsdichte in Abhängigkeit von der Beanspruchung durchgeführt. Die Auswertung der genannten Untersuchungen zeigte, dass die Kriechschädigungsentwicklung bei den martensitischen Cr-Stählen sich deutlich von dem der niedriglegierten warmfesten Stähle unterscheidet. Kriechporen im technischen Sinne treten zu einem deutlich späteren Zeitpunkt der gesamten Lebensdauer ein. Dabei werden deutlich größere Beträge der Kriechdehnung erreicht. Die Zahl der Poren, die bei den untersuchten Proben gefunden wurde, ist deutlich geringer als bei vergleichbaren Proben aus den warmfesten Stählen.
Die gefundenen Zusammenhänge zwischen Porendichte, Kriechverformung und Mehrachsigkeitsverhältnissen konnte in die inelastische Analyse integriert werden. Der Einfluss der Mehrachsigkeit auf das Kriechverformungsverhalten wurde ebenfalls über einen entsprechenden Parameter in das Werkstoffmodell implementiert. Auf dieser Grundlage ist es möglich, die lokale und zeitliche Schädigungsentwicklung in  einem Bauteil zu berechnen. Hierzu wurden entsprechende Vergleichsrechnungen an den geprüften, mehrachsig belasteten Proben durchgeführt.
Die gefundenen metallkundlichen Zusammenhänge über die Veränderung der Mikrostrukturparameter wurden mit thermodynamischen Berechnungen nachvollzogen. Sie können dazu benutzt werden, die Zustandsänderungen eines Bauteils, z. B. über die Einordnung in Streubänder, die die Teilchenvergröberung über der Betriebszeit wiedergeben, zu bewerten. Darüber hinaus wurden die Ergebnisse in einem „Gefügeatlas“ zusammengestellt. Dieser stellt eine wichtige Datenbasis zur vergleichenden Beurteilung des lichtoptischen Gefüges, der Härte sowie der Größe und Art von Ausscheidungen in diesen Stählen dar.
Sämtliche Erkenntnisse wurden in einen Vorschlag für eine Handlungsvorschrift zur Lebensdauerüberwachung von zeitstandbeanspruchten Rohrleitungsbauteilen aus den Werkstoffen P91 und E911 umgesetzt.

Forschungsstelle 1:
Materialprüfungsanstalt Uni Stuttgart (MPA) Otto-Graf-Institut
www.mpa.uni-stuttgart.de
 
Forschungsleiter 1:

Prof. Dr.-Ing. habil E. Roos

Forschungsstelle 2:
Siempelkamp Prüf- und Gutachter-Gesellschaft mbH
www.siempelkamp.com
 
Forschungsleiter 2:
- (vorgelegt vom Wirtschaftsverband Stahlbau und Energietechnik e.V., Düsseldorf (SET) für Fachverband Dampfkessel-, Behälter- und Rohrleitungsbau e.V. (FDBR))

Das Forschungsvorhaben wurde gefördert von der Stiftung Stahlanwendungsforschung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V.

Bezugsquelle Schlussbericht:
bitte wenden Sie sich an die AVIF