A196

Qualifizierung von Längsnahtschweißungen in warmfesten Rohre aus modernen 9-11% Cr-Stählen als volltragende Nähte


(A196 S 24/10042/02)

Laufzeit der Forschungsarbeiten: 1. Juli 2002 - 31. Dezember 2005

Rohre mit großen Abmessungen können gegenüber nahtlosen Rohren durch Längsschweißung wirtschaftlicher hergestellt werden. Allerdings tritt bei Innendruckbeanspruchung die maximale Umfangsspannung dann quer zur Schweißnaht auf, was gegenüber Umfangsnähten zu erhöhten Qualitäts- und Festigkeitsanforderungen an die Schweißnaht führt, die in diesem Fall derselben Belastung wie der Grundwerkstoff standhalten muss. Um das Potential der verbesserten 9 bis 11%-Chromstähle für den Einsatz in Rohren von Großdampferzeugern mit hohen Wirkungsgraden und in Chemieanlagen besser ausnutzen zu können, ergibt sich die Notwendigkeit, artgleiche Längsnahtschweißverbindungen hinsichtlich ihrer Eigenschaften zu optimieren und entsprechend zu qualifizieren. Dies trifft besonders auf die Vermeidung einer Wärmeeinflusszone zu, die im Verhältnis zu Grundwerkstoff und Schweißgut eine verminderte Langzeit-standfestigkeit aufweist.
Ein wesentliches Ziel des Vorhabens war es deshalb, festzustellen, inwieweit durch den Herstellungsprozess in Form einer Kopplung des UP-Schweißprozesses mit einer kontinuierlichen Austenitisierung (Induktionsverfahren) des gesamten Rohres und anschließendem Anlassen im Ofen die durch das Schweißen bedingte Beeinflussung des Grundwerkstoffes aufgehoben und Brüche in der äußeren Wärmeeinflusszone vermieden werden können. Darüber hinaus sollten die Schweißparameter und die nachfolgende Wärmebehandlung optimiert sowie, soweit im Vorhabenszeitraum möglich, die für den technischen Einsatz wichtigen langzeitigen Eigenschaften ermittelt werden.
Die Untersuchungen wurden an den Stählen P91 und P92 (Nf616) in Verbindung mit den eingeführten Schweißgütern durchgeführt. Um den Werkstoffzustand nach dem Schweiß- und Wärmebehandlungsprozess insbesondere in der Wärmeeinflusszone zu ermitteln, wurden umfangreiche mikrostrukturelle Untersuchungen sowie Zeitstandversuche an direkt aus einem längsnahtgeschweißten Rohr entnommenen Schweißverbindungsproben durchgeführt.
Zunächst wurden als Screening-Versuche Werkstoffzustände durch unterschiedliche simulierende Wärmebehandlungen erzeugt. Hierbei zeigte sich, dass lichtmikroskopische und makroskopische Untersuchungen (Gefüge, Korngröße, Härte) die unterschiedlich simuliertn Wärmebehandlungen nicht differenzieren.  Eine Analyse der Ergebnisse von weitergehenden elektronenmikroskopischen Untersuchungen der Ausscheidungszustände unter Nutzung von Erkenntnissen über das Verhalten bestimmter Ausscheidungen bei Zeitstandbeanspruchung erlaubte jedoch vergleichende Rückschlüsse auf zu erwartendes Zeitstandverhalten. Dabei konnte festgestellt werden, dass das zunächst vorgesehene produktionsgemäße Verfahren zu den aussichtsreichen Wärmebehandlungen zählt. Rechnerische Simulationen mit den Programmen Thermocalc und DICTRA sind nur dann möglich, wenn Ergebnisse über das Auftreten bestimmter Ausscheidungen bzw. Angaben über Größen im Ausgangszustand vorliegen. Mit Hilfe von TEM-Analysen konnte der Ausscheidungszustand charakterisiert werden. Die Auswertung der Mikrostrukturergebnisse und die Ergebnisse von Zeitstandversuchen mit simulierender Wärmebehandlung zeigen ein Verbesserungspotential des Verfahrens durch Erhöhung der Normalisierungstemperatur. Dabei sind Grenzen in Bezug auf Höhe und Normalisierungsdauer zu beachten
An produktionsgemäß hergestellten Schweißverbindungen wurden Zeitstandversuche an Schweißverbindungsproben mit Laufzeiten bis 13000 h (P91) durchgeführt. Diese zeigen, dass die Wärmebehandlung den bei nur angelassenen Schweißverbindungen auftretenden Bruchlagenwechsel verhindert und dass die Zeitstandbruchdaten auf Grundwerkstoffniveau liegen. Dies konnte für den Werkstoff P92 noch nicht vollständig nachgewiesen werden.  Versuche mit Laufzeiten bis 2.000 h geben jedoch Hinweise, dass sich dies für P92 ähnlich verhält, da die Bruchlage bei 650 °C im Grundwerkstoff liegt, wohingegen bei lediglich angelassenen Schweißverbindungen bei dieser Temperatur die Bruchlage immer in der äußeren Wärmeeinflusszone liegt.
Zeitstandversuche an Proben aus simulierend wärmebehandeltem Material zeigen infolge erhöhter Normalisierungstemperatur höhere Zeitstandfestigkeiten als die produktionsgemäße Naht. Eine zusätzliche Wärmebehandlung mit längerer Lösungsglühdauer  (1070 °C / 30 min / + 760 °C / 2 h) führt zu dem Grundwerkstoff bzw. der Schweißverbindung mit einfacher Wärmebehandlung (Induktivnormalisierung und Anlassen) entsprechenden Ausscheidungszuständen.  
Die bisher vorliegenden Ergebnisse zeigen eine Einsetzbarkeit der volltragenden Längsnähte im untersuchten Abmessungsbereich auf. Die Ableitung von qualitätssichernden Maßnahmen bezüglich der Wärmebehandlung aus den Vorhabensergebnissen ist möglich. Dabei ist jedoch einschränkend zu bemerken, dass die Versuchsdauern der Versuche an P92  noch nicht ausreichend sind. Eine systematische Untersuchung des Einflusses der Wärmebehandlungsdauer und -temperatur erfolgte nur in dem für Längsnahtschweißungen realisierbaren Bereich, der nur wenige Minuten umfasst. Mikrostrukturuntersuchungen an langzeitig beanspruchten Proben können die getroffenen Annahmen bezüglich des Zeitstandverhaltens bestätigen. Ein Verbesserungspotential durch erhöhte Normalisierungstemperatur konnte ermittelt werden, dies muss jedoch durch weitere systematische Untersuchungen quantifizierend bestimmt werden.

Forschungsstelle 1:
Materialprüfungsanstalt Uni Stuttgart (MPA) Otto-Graf-Institut
www.mpa.uni-stuttgart.de

 
Forschungsleiter 1:

Dr.-Ing. A. Klenk (vorgelegt vom Wirtschaftsverband Stahlbau und Energietechnik e.V., Düsseldorf (SET) für Fachverband Dampfkessel-, Behälter- und Rohrleitungsbau e.V. (FDBR))

Das Forschungsvorhaben wurde gefördert von der Stiftung Stahlanwendungsforschung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V.

Bezugsquelle Schlussbericht:
bitte wenden Sie sich an die AVIF