A141

Berechnung von Risseinleitung und Rissfortschritt in Hochtemperaturbauteilen


(A141 S 24/02/99)

Laufzeit der Forschungsarbeiten: 1. Juni 1999 - 30. Juni 2002

Für hoch ausgenutzte Bauteile der Kraftwerks- und Anlagentechnik ist eine bruchmechanische Absicherung hinsichtlich Risseinleitung und Rissfortschritt unter Hochtemperatur-beanspruchung erforderlich. Eine zuverlässige Vorhersage des Rissverhaltens ist von entscheidender Bedeutung für eine hohe Werkstoffausnutzung und einen sicheren Betrieb der langzeitig beanspruchten Bauteile. Die Beschreibung des Rissverhaltens beruht auf Hochtemperaturversuchen an Bruchmechanikproben, insbesondere solchen vom Typ Compact Tension (CT) und Double Edge Notch Tension (DENT). Die Versuche erfolgen unter statischer Kriechrissbeanspruchung, unter zyklischer Ermüdungsrissbeanspruchung und unter kombinierter Kriechermüdungsrissbeanspruchung.

Ziel des Vorhabens war die Bereitstellung von direkt anwendbaren Unterlagen und Methoden zur Berechnung von Risseinleitung und Rissfortschritt bei hohen Temperaturen unter statischer Kriechbeanspruchung und unter zyklischer Kriechermüdungsbeanspruchung. Diese Unterlagen waren auf der Basis umfangreicher Versuchsergebnisse für Berechnungsmethoden zu erstellen, die nach den heutigen Erkenntnissen sicher beherrschbar sind. Die Versuchsergebnisse betreffen häufig eingesetzte warmfeste Kraftwerksstähle der Typen 1% CrMoNiV, 12% CrMoV und 9 bis 10% CrMoVNb bei anwendungstypischen Temperaturen. Dem Berechner sollten neben Näherungsmethoden nach Möglichkeit auch plastizitätsmechanisch fundierte, aber aufwändigere Methoden verfügbar gemacht werden.
Hauptsächlich geht es um :

· Eine Näherungsbeschreibung für Kriech(-ermüdungs)risseinleitung auf der Basis eines auf die Nennspannung und den elastischen Parameter KI  bezogenen Zwei-Kriterien-Verfahrens,
· Eine Beschreibung von Kriechrisseinleitung und Kriechrissfortschritt auf der Grundlage des Kriechbruchmechanikparameters C*, der für den bauteilrelevanten 3D-Fall mit der Finiten-Element-(FE-)Methode berechnet wird,
· Eine Beschreibung des zyklischen Rissfortschrittes auf der Basis des elastischen Parameters DKI,
· eine Beschreibung des Kriechermüdungsrissverhaltens auf der Grundlage einer Kombination von statischem und zyklischem Rissfortschritt.

Die einzelnen Rissberechnungsmethoden sollten durch Berechnungsmodule realisiert werden, die durch eine Softwareschale direkt ansprechbar bzw. verknüpfbar sind. Diese Softwareschale sollte auch die für FE-Berechnungen benötigten Unterprogramme und Werkstoffdaten bereithalten sowie einen Berechnungsmodul für einfache Bauteile wie Wellen, Zylinderschalen, Rohrbogen und Kugelschalen unter einfachen Beanspruchungen.

Nach einer kurzen Beschreibung des Standes der Technik im Bereich des Kriechrissverhaltens und des Kriechermüdungsverhaltens wurde ausführlich auf das Konzept des Programmsystems eingegangen. Dabei wurde zunächst ein Überblick über die verwendete Programmschale gegeben. Das Programmsystem gliedert sich im Wesentlichen in zwei Datenbanken, die Werkstoffdatenbank und die Objektdatenbank. Durch diese Trennung wird ein reibungsloser und wirkungsvoller Zugriff auf Daten und Informationen gewährleistet. Anschließend werden die verschiedenen integrierten Berechnungsmodule vorgestellt. Dabei wird zunächst die generelle Programmstruktur eines Moduls beschrieben. Dieser benötigt generell Eingabedaten (input), die entweder von einer Bauteildatenbank abgerufen oder vom Benutzer selbst vorgegeben werden kann. Nach Eingabe der input-Daten erfolgt je nach Modul die Berechnung von KI, Rs, C* etc. Folgende Module wurden entwickelt und im vorliegenden Bericht mit ihrer Berechnungsstruktur vorgestellt:

· Module zur Bauteilberechnung

· 2-Kriterien-Diangramm für Kriechrisseinleitung

· 2-Kriterien-Diagramm für Kriechermüdungsrisseinleitung

· Kriechrisseinleitung

· Kriechrissfortschritt

· Kriechermüdungsrisseinleitung

· Kriechermüdungsrissfortschritt

· Ermüdungsrissfortschritt

Die verschiedenen Funktionen und Auswahlvarianten in den einzelnen Programmmodulen werden beschrieben.

Um den in die Datenbank implementierten Bestand an Werkstoffdaten abzusichern, wurden ergänzende Untersuchungen zur Validierung und Bestätigung der Gültigkeit bzw. zur Festlegung von Gültigkeitsbereichen mit Hilfe von numerischen Analysen und experimentellen Auswertungen durchgeführt. Bei der Untersuchung und Auswertung des Parameters C* hat sich gezeigt, dass zur Herstellung der Beziehungen die Datenpunkte (?, C*FE) wie bisher für die Risslänge aint  verwendet werden können. Für die C2*-Bestimmung nach einem Näherungsverfahren wurde anstatt der im EPRI-Handbuch vorgeschlagenen Größe vc die experimentell gemessene Lastangriffspunktverschiebung v (v = vc+vnc, c:crack; nc: no crack) angewandt. Nach einer Vergleichsberechnung von C* mit v bzw. vc  an Klein- und Großproben ergeben sich nur im Fall sehr kurzer Risse bis zu 50% niedrigere C*-Werte für die Größe vc. Ein Einfluss auf die damit ermittelten tA-C*- und ?-C*-Beziehungen ist nicht festzustellen. An ausgewählten Fällen wurden die 3D-FE-Beispielrechnungen durchgeführt. Bei der Untersuchung der Korrelation zwischen CFE* und C2* konnte ein Korrelationsfaktor von C2*/CFE* zwischen 1,39 und 2,13 festgestellt werden.

Bei den experimentellen Untersuchungen zu Gültigkeitskriterien wurden verschiedene Kriterien herangezogen. Die Anwendung des für die linearelastische Bruchmechanik angewendete Grenzkriterium zeigte, dass alle untersuchten Proben im gültigen Bereich, d.h. unterhalb der Anwendungsgrenze lagen. Bei ausgedehnten plastischen Verformungen wird das t1-Konzept verwendet. Dabei sind Proben gültig, wenn die Bedingung t1<
Für gültige C*-Werte ist es erforderlich, zusätzlich das dt-Rissspitzenkriterium anzuwenden. Bei den Untersuchungen zur Art der Rissstartkerbe wurde zunächst überprüft, ob ein Unterschied in dem Kriechermüdungsrisswachstum zwischen einer Erodierkerbe und einem Schwingriss auftritt. Es konnte gezeigt werden, dass der Unterschied zwischen beiden Werten für die Rissinitiierung vernachlässigbar ist. Anschließend wurde die Vorgehensweisen bei der Dateneingabe für Kriechrissinitiierung, Kriechermüdungsrissinitiierung und –fortschritt dargestellt. Dabei wurden die einzelnen ausgewerteten Größen erläutert.
Im Rahmen dieser Auswertungen wurden die Schmelzen 28CrMoNiV4-9 (AGB), 30CrMoNiV4-11 (AMA), X12CrMoWVNbN10-1-1 (AXN), X20CrMoV12-1 (AMD) und X22CrMoV12-1 (AMB) erfasst. Die Dateneingabe für Ermüdungsrissinitiierung und –fortschritt kann entweder über Datenpunkte einer Risswachstumskurve oder parametrisiert mit Hilfe der Gesetze nach Paris oder Forman vorgenommen werden.

Forschungsstelle 1:
Institut für Werkstoffkunde der Technischen Universität Darmstadt (lfW)
www.tu-darmstadt.de/mpa-ifw
 
Forschungsleiter 1:

Prof. Dr.-Ing. C. Berger
 
Forschungsstelle 2:
Materialprüfungsanstalt Uni Stuttgart (MPA) Otto-Graf-Institut
www.mpa.uni-stuttgart.de
 
Forschungsleiter 2:

Prof. Dr.-Ing. E. Roos

vorgelegt vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V., Frankfurt (VDMA für FKM)

Das Forschungsvorhaben wurde gefördert von der Stiftung Stahlanwendungsforschung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V.

Bezugsquelle Schlussbericht:
bitte wenden Sie sich an die AVIF