A233

Entwicklung einer Methode zur vergleichenden Bewertung von Schwingfestigkeitsversuchen mit gefügten Stahlblechen in Abhängigkeit des Versagensverhaltens


(A233 S 24/10106/2005)

Laufzeit der Forschungsarbeiten: 1. Januar 2006 - 31. Juli 2008

Bei der Dimensionierung gefügter dünnwandiger Stahlbauteile spielen der Werkstoff, die konstruktive Auslegung und das eingesetzte Fügeverfahren eine maßgebliche Rolle, da diese die Eigenschaften eines Bauteils (und sein Gewicht) entscheidend beeinflussen. Hierbei gibt die Wöhlerlinie eines Bauteils über das Tragverhalten unter zyklischer Belastung Auskunft. Je nach angewandter Auswertemethodik der Schwingfestigkeitsversuche können die abgeleiteten Wöh-lerlinien sehr unterschiedlich sein. Bisher gibt es für die Auswertung kein einheitliches und allgemeingültiges Versagenskriterium.

Für die Einschätzbarkeit der Eigenschaften und der Festigkeit von Verbindungen unter zyklischer Belastung ist die Festlegung eines einheitlichen Versagenskriteriums von großer Bedeutung. Dies ist zum Einen hinsichtlich der Vergleichbarkeit von unterschiedlichen Verbindungsarten der Fall, zum Anderen kann die Abschätzung der Lebensdauer von Proben und Bauteilen nur dann mit hinreichender Genauigkeit gelingen, wenn der Grad der Schädigung in allen Ver-suchsergebnissen übereinstimmt und diese experimentell gewonnenen Daten für verwendete Berechnungsmethoden geeignet sind.
Vor diesem Hintergrund war der Kern der vorliegenden Arbeit die Erarbeitung eines Versagenskriteriums für gefügte Stahlfeinbleche unter einstufiger zyklischer Belastung unter Berücksichtigung unterschiedlicher Fügetechniken, Belastungsarten und Probengeometrien. Dies erfolgte zum Einen mit dem Ziel, vergleichende Darstellungen von verschiedenartig gefügten Bauteilen zu objektivieren und zum Anderen, um die experimentell ermittelten Schwingfestigkeitsdaten für eine Lebensdaueranalyse nutzen zu können.
Aufgrund der Vielzahl der Parameter wurde weiterhin angestrebt, die Zusammenhänge nicht nur durch experimentelle Untersuchungen zu identifizieren, sondern auch in Berechnungen nach der Finite Elemente Methode (FEM) das Tragverhalten der Verbindungsarten derart nachzubilden, um anschließend Experimente durch numerische Ergebnisse ergänzen zu können.
Zunächst stand die Auswahl und Bewertung geeigneter Methoden für die versuchsbegleitende Detektion und Überwachung der Schädigung an gefügten Stahlfeinblechen im Fokus. Für Probenversuche geeignet wurden folgende Messverfahren eingestuft: Steifigkeitsanalyse, Frequenzanalyse, thermometrisches bzw. -graphisches Verfahren, thermoelastische Spannungsanalyse, Messung lokaler Dehnungen mittels DMS. Dabei bieten sich der beschleunigte Steifig-keitsabfall unabhängig vom Prüfmaschinentyp und der erste Abfall der Frequenz an Resonanzpulsern als relativ einfach handhabbares Kriterium zur Anrissdetektion an. Dehnungsmessstreifen reagieren, besonders bei komplexeren Probenformen, teilweise noch früher auf eine einsetzende Schädigung. Eine Anrissdetektion mittels thermometrischer Verfahren ist auf punktförmige Fügeverbindungen beschränkt. Die thermoelastische Spannungsanalyse bietet eine gute Lokalisierbarkeit des Anrissortes und eine anschauliche Verfolgung des Rissfortschritts.
Im Rahmen dieses Projektes wurden ca. 380 Schwingfestigkeitsversuche unter einstufiger Belastung an halbhohlstanzgenieteten, lasernaht- und widerstandspunktgeschweißten Flachpro-ben, LWF-KS-2-Proben, H-Scher- und Schälzugproben und Hutprofilproben unter Torsions- und Innendruckbelastung aus den Werkstoffen H280LAD+Z und DX52D+Z jeweils in der Blechdicke t = 1,5 mm bis zum Probenbruch durchgeführt. Deren Bruchverhalten wurde im Weiteren d-kumentiert und charakteristische Messwertverläufe dargestellt.
Als praxisrelevante und weiter zu verfolgende Versagenskriterien wurden in Absprache mit dem projektbegleitenden Ausschuss und dem Arbeitskreis 25 „Fügetechnik“ der Forschungsvereinigung Automobiltechnik FAT e.V. der „Technische Anriss“, ein sichtbarer Riss an der Probenoberfläche, ein Steifigkeitsabfall in Höhe von 40% und der Bruch der Probe festgelegt.
Die Verschiebung der Wöhlerlinien bei Anwendung der verschiedenen Auswertekriterien gegenüber den Bruchwöhlerlinien ist abhängig von der Probengeometrie, der Verbindungstechnik und der Belastungsart. Es konnten keine einheitlichen Werte für diese Verschiebung festgestellt werden. Tendenziell ergeben sich für die Lasernahtschweißverbindung die geringsten und für die Widerstandspunktschweißverbindung die größten Verschiebungen. Die Stanznietverbindungen liegen in dieser Hinsicht zwischen den beiden stoffschlüssigen Verbindungsarten. Als Anbindung der hier erarbeiteten Daten an Ergebnisse aus der Literatur wurde das Kriterium 40 % Steifigkeitsverlust betrachtet. In den meisten Versuchsreihen lag die entsprechende Wöhle-linie auf der für das Kriterium „Bruch“.
Die relative Lage der Wöhlerlinien der jeweils drei unterschiedlich gefügten Proben zueinander bleibt für die zwei Kriterien „Technischer Anriss“ und „Probenbruch“ ungefähr erhalten. Die An-risswöhlerlinien der kraft- und formschlüssigen Stanznietverbindungen haben tendenziell steilere Neigungen als die Bruchwöhlerlinien. Für die geschweißten Proben ergeben sich hingegen bei Anrisswöhlerlinien eher flachere Neigungen als bei Bruchwöhlerlinien. Insgesamt sind die Unterschiede der Neigungen für die verschiedenen Kriterien eher gering und statistisch nicht signifikant.
Auf Basis der Analyse des Versagensverhaltens in den verschiedenen Versuchen wurden Abschaltversuche unter einstufiger Belastung mit dem Ziel der Korrelation der relevanten Versagenskriterien mit einer Messwertgröße durchgeführt. Als geeignete Führungsgrößen für diese Versuche haben sich die Frequenzänderung und die Steifigkeits- bzw. Wegänderung he-ausgestellt. Diese Versuche wurden bis zu bestimmten Punkten des Abfalls der Messwerte be-zogen auf den Wert im stabilisierten Bereich durchgeführt. Im Anschluss wurde eine Dokumentation der Schädigung in Form von Risstiefen, -lagen und -geometrien, u.a. mittels metal-lographischer Untersuchungen, durchgeführt.
Für das Kriterium „Technischer Anriss“ mit einer Risstiefe von a = 0,5 mm ist eine Beurteilungsmatrix für die unterschiedlichen betrachteten Probenformen und Verbindungsarten nicht erforderlich, da für alle untersuchten Fälle der beschleunigte Steifigkeitsabfall bzw. der erste Abfall der Prüffrequenz angewandt werden kann. Orientiert an dem Versagenskriterium „sichtbarer Riss an der Oberfläche“ wurde eine pragmatische Beurteilungsmatrix erstellt. Hierzu sei angemerkt, dass die darin angegebenen Werte weder einem einheitlichen Schädigungszustand oder einer identischen Risstiefe noch einer übereinstimmenden Restlebensdauer entsprechen. Diese Matrix sollte von daher nicht ohne nähere Betrachtung des Einzelfalls angewendet werden.
Durch nachträgliche Auswertung der Schwingspielzahl für das Kriterium des beschleunigten Abfalls der Steifigkeit kann neben der Bruchschwingspielzahl auch die Anrissschwingspielzahl bestimmt werden. Somit steht eine einfache und praxistaugliche Methodik zur Ermittlung von Schwingfestigkeitskennwerten an gefügten Feinblechproben unter einstufiger Belastung bereit, mit welcher geeignete Eingangsdaten für Berechnungen nach dem Örtlichen Konzept bestimmt werden können.
Neben den umfangreichen experimentellen Untersuchungen erfolgten numerische Berechnungen nach der Finite Elemente Methode. Dabei wurden Modelle sowohl der Stanznietverbindungen als auch der geschweißten Proben erstellt und verifiziert. In den verifizierten Modellen wurden Risse, deren Geometrien und Lagen sich an experimentellen Messungen orientieren, implementiert und so das Steifigkeitsverhalten schädigungsbehafteter Proben nachgebildet. Dies gelingt im Falle der widerstandspunkt- und lasernahtgeschweißten Proben mit zufrieden stellender Genauigkeit, vorausgesetzt man berücksichtigt die realen Risslagen und -geometrien. Für den Fall der Stanznietverbindungen fehlen im Sinne einer Interpretierbarkeit Ergebnisse zur Verifikation, da in den Abschaltversuchen zum großen Teil Versagen im Stanzniet auftrat.

Forschungsstelle 1:
Laboratorium für Werkstoff- und Fügetechnik (LWF) Universität Paderborn
www.lwf.uni-paderborn.de
 
Forschungsleiter 1:

Prof. Dr.-Ing. O. Hahn
 
Forschungsstelle 2:
Lehrstuhl für Systemzuverlässigkeit im Maschinenbau (SzM) der TU Darmstadt
www.szm.tu-darmstadt.de
 
Forschungsleiter 2:

Prof. Dr.-Ing. H. Hanselka

(vorgelegt vom Verband der Automobilindustrie e.V. (VDA) für Forschungsvereinigung Automobiltechnik e.V. (FAT))

Das Forschungsvorhaben wurde gefördert von der Stiftung Stahlanwendungsforschung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V.

Bezugsquelle Schlussbericht:
bitte wenden Sie sich an die AVIF