A194

Leichtbau mit Hilfe von zylischen Werkstoffkennwerten für Strukturen aus umgeformtem höherfesten Feinblech


(A194 S 24/10041/2002)

Laufzeit der Forschungsarbeiten: 1. Januar 2003 - 31. Dezember 2004

Durch die Verwendung von hochfesten Werkstoffen ergibt sich für Strukturen aus Feinblech ein erhebliches Leichtbaupotenzial. Um dieses zu realisieren, sind Werkstoffkennwerte zu ermitteln, mit denen neben der Steifigkeit und dem akustischen Verhalten auch die Festigkeit unter schwingender Beanspruchung simuliert werden kann.

Um aufwändige experimentelle Untersuchungen möglichst zu vermeiden, soll die Optimierung von Strukturen aus Feinblech künftig weitgehend durch rechnerische Simulation erfolgen.

In dem vorangegangenen AVIF-Forschungsvorhaben „Betriebsfestigkeit von umgeformten Ka-rosseriesstählen“ konnte eine Näherungslösung für die zyklischen Werkstoffkennwerte ermittelt werden, die erstmals den Einfluss der Umformung berücksichtig. Die Grundlage des „Material Law of Steel Sheets“ (MLSS) bilden Untersuchungen an Tiefziehstählen. Inwieweit sich diese Erkenntnisse auch auf höher- und hochfeste Stähle übertragen lassen, galt in diesem For-schungsvorhaben zu überprüfen.

Untersucht wurden der Komplexphasenstahl CP-W800, der feuerverzinkte ZStE 420, der Restaustenit TRIP 700 und der Austenit H 400. Den Schwerpunkt bilden dabei dehnungsgere-gelte Zug-Druck-Wechselversuche zur Ermittlung der zyklischen Kennwerte für die Werkstoffe sowohl im Anlieferungszustand als auch nach einer Kaltumformung.

Die zyklischen Werkstoffkennwerte wurden an nicht gekerbten Proben unter Zug-Druck-Wechselbeanspruchung ermittelt. Für diese Versuche sind ebene Proben erforderlich. Am Lehrstuhl für Um- und Urformtechnik (LUT) am Institut für Produktionstechnik (IPT) der TU Dresden ist eine Versuchstechnik vorhanden, mit der an ebenen Blechen verschiedene Form-änderungszustände eingestellt werden können. Im Anschluss an die Umformung wird die Ho-mogenität der Formänderungsverteilung durch visioplastische Untersuchungen dokumentiert. Die Proben zur Bestimmung der zyklischen Werkstoffkennwerte werden durch Wasserstrahlschneiden aus den vorgedehnten Marciniak-Proben entnommen. Neben der Probenfertigung für die zyklischen Versuche sind am LUT Zugversuche durchgeführt und die Fließkurven sowie die Grenzformänderungskurven der untersuchten Werkstoffe bestimmt worden.
Die Versuche zur Bestimmung der zyklischen Kennwerte erfolgten am Institut für Maschinelle Anlagentechnik und Betriebsfestigkeit (IMAB) der TU Clausthal. Dabei wurden folgende Ein-flussgrößen untersucht:

- Einfluss der Umformung
Hauptgegenstand dieses Forschungsvorhabens war die Untersuchung des Einflusses der Vorverformung auf die zyklischen Werkstoffkennwerte.
Aufgrund der Vordehnung verschiebt sich die zyklische Spannungs-Dehnungskurve bei allen Werkstoffen in Richtung höherer Spannungswerte. Während bei den Werkstoffen CP-W800, ZStE420 und TRIP700 eine Korrelation mit dem Vergleichsumformgrad nach von Mises beobachtet werden kann und diese durch einen linearen Ansatz ausreichend genau beschrieben werden, zeigt sich beim Edelstahl H 400 keine ausreichende Korre-lation mit dem Vergleichsumformgrad. Hier muss zwischen den einzelnen Umformver-hältnissen unterschieden und jeweils mit einer eigenen Näherung gerechnet werden. Der untersuchte Austenit zeigt eine extreme Verfestigung. Aus diesem Grund lässt sich die Korrelation nicht mehr mit einem linearen Ansatz ausreichend genau beschreiben. Daher sind exponentielle Ansätze für den H 400 gewählt worden.

- Untersuchung der Stützwirkung aufgrund des Spannungsgradienten
Aufgrund der geringen Wandstärke von Strukturen aus Feinblech entsteht unter Biege-beanspruchung ein hoher Spannungsgradient. Die Folge ist eine hohe Stützwirkung. Durch Biegewechselversuche soll dies experimentell belegt werden. Die Dehnungswöh-lerlinien aus Zug-Druck-Versuchen und aus den Biegeversuchen sind ähnlich. Die zykli-schen Spannungs-Dehnungs-Kurven unter Biegebeanspruchung lassen sich mit Hilfe von elastisch-plastischen FE-Rechnungen aus den Kennwerten aus axialer Beanspru-chung ableiten. Die Stützwirkung lässt sich somit ausreichend genau abschätzen. Des-halb werden diese Versuche bei der Erweiterung einer Näherungslösung nicht weiter be-rücksichtig.

- Einfluss von veränderlichen Amplituden
Inwieweit hohe plastische Dehnungsanteile bei wechselnder Belastung zum Abbau der durch eine Umformung erzeugten Verfestigung des Werkstoffs führen, wird mit Hilfe von Versuchen mit veränderlichen Amplituden, wie sie für Betriebsbeanspruchungen typisch sind, an vorgereckten Proben untersucht. Hierbei hat sich gezeigt, dass erst ein Grenz-wert der Dehnung überschritten werden muss, bevor ein Schwingspiel zur Entfestigung beiträgt. Diese Grenze ist beim ZStE420 am kleinsten und beim H 400 am höchsten. Weiterhin führen hohe Amplituden zu Beginn eines Versuchs zu größeren Entfesti-gungsraten als am Ende. Als untere Grenze kann die zyklische Spannungs-Dehnungskurve aus den Einstufenversuchen, die das stabilisierte Werkstoffverhalten beschreibt, angesehen werden.

Ist die Betriebsbeanspruchung bekannt, lässt sich noch weiteres Leichtbaupotenzial durch Berücksichtigung der Entfestigung ausnutzen.

Die Untersuchungsergebnisse führten zu einer Erweiterung der von Hatscher vorgeschlagenen „Method of Variable Slopes“ (MVS). Ausgehend von den statischen Kennwerten Zugfestigkeit Rm und Elastizitätmodul E sowie dem Vergleichsumformgrad als Kenngröße der Umformung, lassen sich für ferritische Feinbleche die zyklischen Werkstoffkennwerte abschätzen. Bei dem Edelstahl H 400 kann ausgehend von den zyklischen Kennwerten des Anlieferungszustandes der Einfluss einer Vordehnung abgeschätzt werden. Aufgrund des komplexen zyklischen Ver-haltens und der wenigen Versuchsreihen lässt sich keine allgemein gültige Näherungslösung für Austenite ermitteln.

Durch den Vergleich von rechnerischer Lebensdauerabschätzung und experimentellen Ergeb-nissen für Bauteile aus umgeformtem Feinblech wurde die Verbesserung der Treffsicherheit durch die Verwendung von Werkstoffkennwerten, die von der örtlichen Umformung abhängen, untersucht.

Der Vergleich von Bauteilversuchen und Simulationsrechnungen zeigte, dass nicht nur die Treffsicherheit der Lebensabschätzung gesteigert werden kann, sondern auch der Schadensort zuverlässig abgeschätzt werden kann.

Forschungsstelle 1:
Institut für Maschinelle Anlagentechnik und Betriebsfestigkeit (IMAB) TU Clausthal
www.imab.tu-clausthal.de
 
Forschungsleiter 1:
Prof. Dr.-Ing. H. Zenner / Prof. Dr.-Ing. V. Thoms

(vorgelegt vom Verband der Automobilindustrie e.V. (VDA) für Forschungsvereinigung Automobiltechnik e.V. (FAT))

Das Forschungsvorhaben wurde gefördert von der Stiftung Stahlanwendungsforschung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V.

Bezugsquelle Schlussbericht:
bitte wenden Sie sich an die AVIF
 
Internet:
forschungsinfo.tu-dresden.de/recherche