A183

Entwicklung von Standardrohrhaltern für den Schiffbau


(A183 S 24/10028/01)

Laufzeit der Forschungsarbeiten: 1. Januar 2002 - 31. Dezember 2003

Die Rohrleitungen in den Maschinenräumen von Schiffen werden mit z. 1. recht einfachen Rohrhaltern nach DIN 86027 gelagert, die aus Rohrschellen und Distanzhaltern aus Flachstählen bestehen. Neben Flachstählen mit einer Breite des Rohrdurchmessers werden aus Gründen der einfacheren Handhabung auch schmalere Flachstähle verwendet. Vor allem letztere wiesen wiederholt bereits bei der Probefahrt oder in der frühen Einsatzphase Anrissschäden auf, was aufwändige Reparaturen und Modifikationen der Rohrhalterung nach sich zog. Derartige Schäden können aber auch gefährliche Situationen verursachen.
Ziel des Vorhabens war die Entwicklung von Standardrohrhaltern aus Stahl, die als schiffbauliche Massenteile vielseitig und sicher verwendbar sind. Diese Konstruktionen müssen den Aspekten der Schwingfestigkeit genügen und daneben geringe Herstell- und Montagekosten aufweisen. Nötig ist ein möglichst gutes Schwingfestigkeitsverhalten bei geringem Materialeinsatz.
Eine Analyse des Ist-Zustandes auf Basis einer Umfrage bei den Werften zeigte ein uneinheitliches Bild. Während im Marineschiffbau praktisch keine Schäden zu beobachten waren, traten diese bei Handelsschiffen häufiger auf. Der Grund hierfür wird in der Berücksichtigung der Schocksicherheit auf Marineschiffen gesehen, welche schwächere Rohrhalter verbietet. Außerdem hat die Auswertung des Ist-Zustandes ergeben, dass sowohl über die Werftgrenzen hinweg als auch innerhalb der Werften verschiedenste Halterkonstruktionen für zum Teil gleiche Aufgaben verwendet werden. Die Rohrhalterungen brechen überwiegend durch Schwingbeanspruchung an der Kehlnaht zur Verbindung des Abstandhalters mit der Schelle. Schäden aus unzureichender statischer Festigkeit spielen keine Rolle.
Es liegt die Vermutung nahe, dass die Schäden durch resonanzartige Schwingungen verursacht wurden, die entweder bei Nenndrehzahl oder im Teillastbetrieb der Propulsionsanlage bzw. der Schiffshilfssysteme angeregt wurden. Wegen der hohen Erregerfrequenzen ergeben sich auch bei zeitlich begrenzter Anregung große Lastspielzahlen. Im Vorhaben wurde das Schwingungsverhalten an mehreren Rohrleitungen von Ro/Ro-Schiffen experimentell untersucht.
Die rechnerische Ermittlung der Eigenfrequenzen zeigte, dass die Art der Endlagerung der Halter einen nicht zu vernachlässigenden Einfluss auf das Schwingungsverhalten ausübt.
Es wurden an insgesamt fünf Rohrhaltervarianten für ein Rohr der Nennweite ON 200 (Außendurchmesser da= 219,1 mm) rechnerische und experimentelle Festigkeitsuntersuchungen durchgeführt. Die Varianten unterschieden sich hauptsächlich durch verschiedene Anschlussbreiten und Formen der Distanzhalterbleche an den Rohrschellen. Zusätzlich zum Vorspannen der Schrauben wurden eine zyklische Biege- sowie eine Längsbelastung des Rohrhalters untersucht. Bereits beim Vorspannen zeigten sich erhebliche elastisch-plastische Beanspruchungen in der Rohrschelle neben den Schrauben sowie an den umschweißten Enden der Distanzhalterbleche. Diese wie auch die zyklischen Beanspruchungen bei Biege- und Längsbelastung hängen stark vom Abstand zwischen der Umschweißung und der geschraubten Verbindung ab.
Die Rohrhaltervarianten mit einem relativ schwachem Flachstahl (Variante 1) und einem sehr breiten Flachstahl (Variante 2) stellen hinsichtlich des Festigkeitsverhaltens Extremfälle dar. Aus den Untersuchungen ergab sich, dass der Anschluss zur Rohrschelle ein Viertel des Rohrumfangs umfassen sollte, um eine Schwingfestigkeit zu erreichen, die derjenigen der Variante 2 nahe kommt. Kritisch ist hier vor allem die Biegebelastung des Rohrhalters.
Die gemessenen Beanspruchungen vor der anrisskritischen Umschweißung des Distanzhalters hingen auch bei wiederholter Belastung z. T. stark nichtlinear von der Höhe der Biege bzw. Längsbelastung ab. Der Grund hierfür ist ein ungleichmäßig verteilter Kontakt zwischen dem Rohr und der Rohrschelle, der durch den theoretischen Luftspalt (0,45mm) sowie durch vorhandene Vorverformungen verursacht wird und bei Belastung zu Veränderungen der Kontaktfläche führt. Aus diesem Grund war die Übereinstimmung zwischen den gemessenen und den mit idealen Modellen berechneten Beanspruchungen weniger gut, was sich auch in rechnerischen Lebensdauerprognosen widerspiegelt. Relativvergleiche der gemessenen oder berechneten Beanspruchungen zwischen den einzelnen Varianten erklärten aber eindeutig die vorhandenen Unterschiede im Festigkeitsverhalten.
Die Untersuchungen verdeutlichen darüber hinaus, dass ein relativ schwacher Flachstahl bei Biegebelastung auch am Übergang zum aufgefächerten Bereich anrisskritisch ist. Bei den Versuchen wurden Anrisse bei relativ geringer Blechdicke (Flachstahl 50x8) sowohl an überlappten als auch an aus gerundeten Übergängen beobachtet. Die dort wirkenden Nennspannungen bestätigten die vorhandene Schwachstelle. Bei breiteren Anschlüssen zur RohrsteIle kann an dieser Stelle eine vergleichbare Schwingfestigkeit nur mit verstärkten Anschlussblechen sowie ggf. gut ausgerundeten Übergängen erzielt werden.
Die Vorhabensergebnisse wurden in Form eines Leitfadens aufbereitet, der zunächst der geeigneten Einführung der Vorhabensergebnisse in den Werftalltag dient. Weiter werden den
Konstrukteuren mit Hilfe des Leitfadens im täglichen Geschäft die geeignete Auswahl von Rohrhaltern sowie die andauernde Diskussion mit Fertigungsspezialisten, Einkäufern, Bauaufsichten usw. erleichtert. Schließlich werden Hinweise zu den mit den jeweiligen Haltern verbundenen Stückkosten gegeben.

Forschungsstelle 1:
Flensburger Schiffbau-Gesellschaft mbH&Co. KG (FSG)
www.fsg-ship.de
 
Forschungsleiter 1:
Dr.-Ing. Berend Bohlmann
 
Forschungsstelle 2:
Technische Universität Hamburg-Harburg, Institut M-10 für Konstruktion und Festigkeit von Schiffen (TUHH)
www.tu-harburg.de
 
Forschungsleiter 2:
Prof. Dr.-Ing. Fricke (vorgelegt vom Verband für Schiffbau und Meerestechnik e.V. (VSM) für Center of Maritime Technologies e.V. (CMT))

Das Forschungsvorhaben wurde gefördert von der Stiftung Stahlanwendungsforschung im Stifterverband für die Deutschen Wissenschaft e.V.

Bezugsquelle Schlussbericht:
bitte wenden Sie sich an die AVIF