A161

Leichtbau im Fahrwerk - Methodischer Ansatz zum Stahlleichtbau am Beispiel Federbein / Dämpfer


(A161 S 24/10001/01)

Laufzeit der Forschungsarbeiten: 1. Juli 2001 - 30. Juni 2004

Ziel des Forschungsvorhabens war die Entwicklung eines methodischen Ansatzes für den Stahlleichtbau. Diese Methodik sollte nicht nur für das Beispielbauteil (Federbein), sondern auch für andere Komponenten und Systeme einsetzbar sein. Als Zielvorgabe wurde definiert, dass durch die Methodik und den Einsatz von hoch- und höherfesten Stählen eine Gewichtsreduktion von 25 % gegenüber dem Ausgangsbauteil, bei gleicher Funktionalität und gleichen Kosten, erzielt wird. Hierbei werden 10 % Gewichtsreduzierung durch den methodischen Ansatz (übertragbar auf andere Bauteile und Anwendungen) angestrebt und 15 % Gewichtsreduktion durch den Einsatz neuer Stahlwerkstoffe. Zum Einsatz kommen sollten insbesondere Dualphasenstähle und manganhaltige Stähle. Für die Anwendung dieser Methodik wurde ein Federbein als Beispielbauteil ausgewählt.

Der entwickelte und eingesetzte methodische Ansatz zum Stahlleichtbau umfasste folgende Arbeitspunkte und Ergebnisse:

1. Die Lastannahme:
Der Ansatz zum Stahlleichtbau bedingt die reale Lastannahme für das entsprechende Bauteil. Nur eine genaue Kenntnis der auftretenden Bauteilbelastungen führt zu einer deutlichen Gewichtsreduktion der Bauteile. Eine Überdimensionierung wegen falscher Lastannahmen oder Abschätzungen ist sonst die Folge. Bevor die Entwicklung eines leichten Bauteils beginnen kann, müssen diese Belastungen bekannt sein. Im Rahmen dieses Projektes wurde vom Fraunhofer Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit (LBF) in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis 17 der Forschungsvereinigung Automobiltechnik (FAT) ein Lastkollektiv entwickelt. Dieses Kollektiv wurde mit den Vertretern der Automobilindustrie abgestimmt.

2. Bauteilkollektiv:
Mit der Kenntnis der äußeren Belastungen sind die Anforderungen an das System Achse definiert. Um von diesem Kollektiv auf die Bauteilbelastungen zu schließen, wird die Mehrkörpersimulation eingesetzt. Sie ermöglicht die dynamische Berechnung der Bauteilbelastungen bei einer mehrdimensionalen Anregung. Im Rahmen dieses Projektes wurde ein Mehrkörpermodell des Achssystems vom Institut für Kraftfahrwesen Aachen (ika) aufgebaut und validiert. Anschließend wurden die definierten Kräfte in das Achssystem eingeleitet und die am Bauteil angreifenden Kräfte bestimmt. Diese Ergebnisse wurden für die Festigkeits- und Betriebsfestigkeitsberechnung genutzt.

3. Die Festigkeitsberechnung und Optimierung:
Die ermittelten Bauteilbelastungen wurden für die Festigkeitsberechnungen auf Basis der Finiten Elemente Methode genutzt. Die Festigkeitsberechnung gibt Aufschluss über die Spannungsbelastung des Bauteils. Mit diesen Ergebnissen und mit Hilfe geeigneter Optimierungsprogramme konnten nun die einzelnen Komponenten des Bauteils im Gewicht angepasst werden. Es wurden die Parameter- und die Topologieoptimierung eingesetzt. Die konstruktive Entwicklung von neuen Bauteilgeometrien ist ein iterativer Prozess von Festigkeits- und Optimierungsrechnungen und der Umsetzung der Ergebnisse in ein neues Bauteilkonzept. Zur Festigkeitsberechnung wurde das FE-Modell vom ika während des Projektes ständig erweitert, so dass am Ende das gesamte Federbein als Baugruppe berechnet wurde. Die Ergebnisse dieser Simulationen zeigten mit den anschließenden Versuchen eine sehr gute Übereinstimmung.

4. Betriebsfestigkeitssimulation:
Das im Gewicht optimierte Bauteil wurde abschließend am ika der Betriebsfestigkeitssimulation unterzogen. Dabei wurden die ermittelten Lasten aus der Mehrkörpersimulation genutzt. Diese ermittelten, bauteilbezogenen Lasten geben Aufschluss über die Höhe der Schädigung sowie den Schadensort des Bauteils. Für diese Untersuchungen wurde ebenfalls die komplette Baugruppe Federbein in den Simulationen untersucht. Auch die Ergebnisse der Betriebsfestigkeitssimulation deckten sich gut mit den Versuchsergebnissen.

5. Prüfstandsuntersuchungen:
Abschließend wurde das optimierte Bauteil am Prüfstand auf Betriebsfestigkeit überprüft. Hierfür wurde auf dem 12-Kanalprüfstand am LBF das Achssystem mit dem Basisfederbein und mit dem Leichtbaufederbein mit dem Lastkollektiv belastet. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen zeigten gute bis sehr gute Übereinstimmungen mit den berechneten Ergebnissen, was den gewählten methodischen Ansatz bestätigt. Zusätzlich zu den Betriebsfestigkeitsuntersuchungen wurden Bauteilwöhlerlinien von der Kolbenstange und dem Dämpferrohr vom Basis- und vom Leichtbaufederbein erstellt. Die Ergebnisse zeigten die verbesserte Belastbarkeit der Komponenten mit den neuen Werkstoffen.

Das Institut für Eisenhüttenkunde der RWTH-Aachen (IEHK) hat in Zusammenarbeit mit den Projektpartnern und der Stahlindustrie geeignete Werkstoffe für das Federbein festgelegt. Dabei wurden Dualphasenstähle, aber auch manganhaltige Stähle ausgewählt. Darüber hinaus wurden für die verwendeten Werkstoffe sog. Werkstoffcharakterisierungen durchgeführt und die für die Simulationen notwendigen Materialdaten zur Verfügung gestellt.

Die Umformung von hochfesten Stählen für die Prototypenerstellung ist ein sehr langwieriger, erfahrungsabhängiger Prozess. Daher war es aus fertigungstechnischen Gründen im Zeit- und Kostenrahmen dieses Projektes leider nicht möglich, das Dämpferrohr für das entwickelte Leichtbaufederbein rechtzeitig darzustellen. Um den gewählten methodischen Ansatz trotzdem zu bestätigen, wurde das Belastungskollektiv um 30 % abgesenkt. Damit wurde die Richtigkeit des methodischen Ansatzes bestätigt. Weitergehende Untersuchungen mit hochfestem Stahl sind im Rahmen eines Folgeprojektes sinnvoll.

Durch konsequente Anwendung der Methodik zum Stahlleichtbau und der Zusammenarbeit zwischen den forschenden Instituten und den Industriepartnern ist es gelungen, beispielhaft ein Leichtbaufederbein zu entwickeln, das bei gleicher Funktionalität, gleicher zu erwartender Lebensdauer und gleichen Kosten eine Gewichtsreduzierung von 25 % aufweist.

Diese Methodik ist im Fahrwerkbau und auf viele Gebiete des allgemeinen Fahrzeug- und Maschinenbaus anwendbar.

Forschungsstelle 1:
Institut für Kraftfahrwesen (ika) der RWTH Aachen
www.ika.rwth-aachen.de
 
Forschungsleiter 1:
Prof. Dr.-Ing. H. Wallentowitz / Prof. Dr. Ing. H. Bleck

Forschungsstelle 2:
Fraunhofer Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit (LBF)
www.lbf.fraunhofer.de
 
Forschungsleiter 2:
-
 
Forschungsstelle 3:
Institut für Eisenhüttenkunde (IEHK) der RWTH Aachen
www.iehk.rwth-aachen.de
 
Forschungsleiter 3:
Prof. Dr.-Ing. H. Bleck
(vorgelegt vom Verband der Automobilindustrie e.V., (VDA für FAT), Frankfurt

Das Forschungsvorhaben wurde gefördert von der Stiftung Stahlanwendungsforschung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V.

Bezugsquelle Schlussbericht:
bitte wenden Sie sich an die AVIF