A154

Ingenieurmäßige Berechnungsverfahren zur Lebensdauerabschätzung von geschweißten Dünnblechverbindungen


( A154 S 24/25/00)

Laufzeit der Forschungsarbeiten: 1. Januar 2001 - 31. Dezember 2002

Eine zuverlässige Auslegung und somit eine optimierte Dimensionierung von Punktschweißverbindungen ist im Hinblick auf die Reduzierung der Fertigungskosten von zunehmender Bedeutung. Eine nachträgliche Veränderung der Schweißpunktplatzierung nach Produktionsanlauf würde zu einem hohen Zeitverlust und zu zusätzlichen Kosten führen.

Deshalb werden in der Entwicklung auch für Komplettmodelle handhabbare, zuverlässige Berechnungsmethoden zur Ermittlung des Schwing- und Betriebsfestigkeitsverhaltens der Fügungen benötigt, um Fehleinschätzungen zu vermeiden und insbesondere Entwicklungszeiten zu verkürzen. Durch verstärkten Rechnereinsatz werden heute in der Konstruktionsphase mit Hilfe numerischer Abbildungen und Bemessungsmethoden die Fügungen hinsichtlich Struktursteifigkeit und Schwingfestigkeit optimiert. Gerade wegen den mit einer Punktschweißverbindung einhergehenden hohen Investitionskosten wird hier ein erhebliches Einsparpotential gesehen.

Im Zuge des Leichtbaus werden im Automobilbau zudem zunehmend höherfeste Stähle verwendet. Ihre höhere Festigkeit ermöglicht eine Reduzierung der Blechdicken bei gleichbleibenden Belastungen, wodurch die Fügeverbindungen stärker in den Vordergrund treten. Hieraus ergibt sich die Motivation, die existierenden Ansätze und Methoden zur Auslegung von Punktschweißverbindungen genauer zu untersuchen und auf ihre Praxistauglichkeit bei ingenieurmäßiger Anwendung hin zu bewerten.

Ziel des Forschungsvorhabens war es einerseits, einen Überblick über die wichtigsten, auf Strukturspannungen beruhenden, Berechnungsverfahren zur Auslegung von Punktschweißverbindungen zu geben. Hierzu werden die Berechnungsverfahren sowie die entsprechenden Modellierungsrichtlinien vorgestellt und umgesetzt.

Im zweiten Teil des Forschungsvorhabens wurden vorhandene Versuchsergebnisse an punktgeschweißten Hutprofil- und H-Scherzugproben nach den unterschiedlichen Ansätzen ausgewertet. Den Hutprofil- und H-Scherzugproben wurden in dem Forschungsvorhaben aufgrund ihrer Nähe zu echten Bauteilproben gegenüber den einfacheren Einpunktprobenformen der Vorzug gegeben. Für die Überprüfung der verschiedenen Berechnungsverfahren wurden Versuchergebnisse zusammengestellt und dokumentiert. Die zur Anwendung der Berechnungsverfahren notwendige Ermittlung der Schnittgrößen bzw. Spannungen an den Punktschweißverbindungen nach der Finite-Element Methode wurde mit vorhandenen sowie neu zu erstellenden FE-Modellen für die Versuchsbedingungen vorgenommen.

Allen Berechnungsansätzen liegt die Vorgehensweise zugrunde, mit Hilfe von Finite-Element Berechnungen die Struktur-, bzw. Nennstrukturspannung zu ermitteln und sie einer aus Versuchen abgeleiteten Master-Wöhlerlinie für die Berechnung der Schwingfestigkeit gegenüberzustellen. Die jeweiligen Vorgehensweisen lassen sich grob in Ansätze unterteilen, welche sich an Balkenschnittkräften zur Ermittlung der Beanspruchungen am Schweißpunkt orientieren, sowie Ansätze, welche die Beanspruchungen direkt aus den Knotenspannungen herauslesen. Eine weiterer grundlegender Unterschied der Ansätze besteht bei der Bewertung des Blechdickeneinflusses.

Die Untersuchungen wurden auf einer Basis von 475 bestehenden Versuchsergebnissen aus vier Prüflaboratorien an H-Scherzug und Hutprofilproben unter Innendruck-, Torsions- und kombinierter Belastung durchgeführt. Für sämtliche Probenformen mit den unterschiedlichen Blechdicken- und Schweißlinsendurchmesservariationen wurden Finite-Elemente Modelle aufgebaut. Hierbei wurde weiter nach den für die unterschiedlichen Berechnungsansätze notwendigen Modellierungsrichtlinien aufgefächert.

Die untersuchten Methoden ergeben für die 475 Versuchsergebnisse Streuspannen von Ts = 1:1,87 bis 1:2,22. Die hohen Streuungen ergeben sich zu einem signifikanten Teil aus einer erheblichen Streuung der Grundwöhlerlinien, welche neben unterschiedlichen Anschalt- und Auswertekriterien auch auf unterschiedliche Beanspruchbarkeiten aufgrund differierender Fügeparameter zurückzuführen sind. Versuche eines Prüflaboratoriums lassen sich durchaus auf Streuspannen von Ts = 1:1,4 zusammenführen. Eine Unterteilung und gesonderte Bewertung der Schwingfestigkeitsergebnisse getrennt nach gleichen Blechdicken, Schweißlinsendurchmessern oder Beanspruchungsarten ergab keine Verbesserung bezüglich der Streuungen. Dies lässt darauf schließen, dass die Ansätze nur geringe, in der Gesamtstreuung untergehende systematische Schwächen aufgrund von Abstraktionen enthalten.

Ergänzt wurden die Arbeiten durch die Anwendung eines rissbruchmechanischen Ansatzes in Anlehnung an die Arbeiten von H.-F. Henrysson auf ausgesuchte Versuchreihen.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Streuung der mit den unterschiedlichen Berechnungsansätzen erzeugten Ergebnisse den Anforderungen an eine zuverlässige vo rAuslegung von Punktschweißverbindungen nicht genügen. Ursache hierfür sind aber eher Anweichungen der Grundwöhlerlinien aufgrund unterschiedlicher Versuchsauswertung und Beanspruchbarkeit der Punktschweißverbindungen. Bei zuverlässig vergleichbaren Versuchsdaten ist mit allen untersuchten Ansätzen eine zumindest relativ zueinander stimmige rechnerische Lebensdauerabschätzung möglich. Dies bestätigen auch die jeweiligen Arbeiten und Veröffentlichungen über die Berechnungsverfahren, denen unter einheitlichen Randbedingungen erzeugte Versuchsergebnisse zugrunde lagen. Hier wurden deutlich geringere Streuungen erzielt. Bei ähnlicher Qualität der Methoden, kann aufgrund der einfachen Anwendbarkeit unter ingenieurmäßigen Aspekten dem auf Balkenschnittgrößen basierenden Verfahren nach FESPOW der Vorzug gegeben werden.

Forschungsstelle 1:
Fraunhofer Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit (LBF)
www.lbf.fraunhofer.de
 
Forschungsleiter 1:
Prof. Dr.-Ing. C.M. Sonsino

vorgelegt vom Verband der Automobiltechnik e.V. (VDA für FAT), Frankfurt

Das Forschungsvorhaben wurde gefördert von der Stiftung Stahlanwendungsforschung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V.
Bezugsquelle Schlussbericht:
bitte wenden Sie sich an die AVIF