A 316 - Kurzfassung des Schlussberichts
Anwendung und Vergleich von Modellen zur Lebensdaueranalyse von Hochtemperaturbauteilen unter Kriechermüdung auf Basis fortschrittlicher probabilistischer Methoden
Zusammenfassung des Abschlussberichtes zum Forschungsprojekt
Anwendung und Vergleich von Modellen zur Lebensdaueranalyse von Hochtemperaturbauteilen unter Kriechermüdung auf Basis fortschrittlicher probabilistischer Methoden (A 316 / S0024/10259/19)
Laufzeit der Forschungsarbeiten: 01. Januar 2020 bis 31. Dezember 2023
Aufgrund der flexiblen Betriebsweise heutiger Anlagen besteht der Wunsch nach weiterer Maximierung und sicheren Quantifizierung der Lebensdauer von Hochtemperaturkomponenten. Um diesem zu entsprechen, sind Lebensdauermethoden anzuwenden, welche zum einen eine Bewertung beliebig komplizierter Lastfahrprofile erlauben und gleichzeitig Aussagen über die Zuverlässigkeit der Lebensdauerprognose und damit der Komponenten liefern. Klassische Lebensdauermethoden, wie sie häufig in der Literatur als auch in internationalen Richtlinien vorkommen, lassen sich mit Zuverlässigkeitsmethoden erster und zweiter Ordnung kombinieren. Dabei ist die Bewertung beliebiger Lastfahrprofile jedoch zumeist nicht möglich. Umgekehrt sind Lebensdauermethoden, bspw. aus der Schädigungsmechanik, für beliebige Lastfahrprofile anwendbar, können aber mit Zuverlässigkeitsmethoden nicht ohne weiteres kombiniert werden.
Ziel ist es, höherwertige Lebensdauermethoden mit statistischen Methoden derart zu kombiniert, dass eine Lebensdauerbewertung inklusive einer Unsicherheitsquantifizierung und die Angabe einer Versagenswahrscheinlichkeit für beliebige Lastfahrprofile möglich wird. Da auch hier zahlreiche Modellansätze für die Bewertung der Lebensdauer existieren, ist ein statistischer Modellvergleich wesentlich für die erleichterte Auswahl eines geeigneten Lebensdauermodells aus Sicht des Praxisingenieurs.
Die wesentlichsten Ergebnisse des Forschungsvorhabens lassen sich wie folgt zusammenfassen. Als Grundlage für die Lebensdauerbewertung stellt sich die Definition eines messbaren Schädigungsparameters und die daraus ableitbare Lebensdauer heraus. So stehen für die Lebensdauersimulation und für die Auswertung der experimentellen Daten identische Kriterien zu Verfügung. Diese Grundlage ist es, die eine statistische Bestimmung der Parameter eines Lebensdauermodells der Schädigungsmechanik ermöglicht. Dies gelingt mit Hilfe eines sogenannten Bootstrap-Verfahrens, welches im Vorhaben speziell adaptiert und entwickelt wurde. Damit lassen sich die Parameterunsicherheiten und Parameterverteilungen statistisch aus aufbereiteten Ermüdungsversuchsdaten am Beispiel eines Stahlgusswerkstoffs bestimmen.
Das entwickelte Bootstrap-Verfahren kann für verschiedene Modellgleichungen durchgeführt werden. Genau dieses Vorgehen ermöglicht, dem Titel des Vorhabens entsprechend, auf Basis verschiedener statistischer Metriken und den Bootstrap-Ergebnissen einen Vergleich der Lebensdauermodelle. Dabei stehen unter anderem die Güte der Modellprognose und die Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse im Vordergrund. Keines der untersuchten Modelle ist deutlich den anderen Modellgleichungen überlegen. Es obliegt dem Anwendenden, problemspezifisch die für ihn relevante Metrik zu definieren oder zu wählen und hierauf basierend das entsprechende Modell anhand des statistischen Vergleichs zu selektieren.
Um praxisnahe Anwendungs- und Umsetzungsmöglichkeiten zu demonstrieren, werden mit den aus dem Bootstrap-Verfahren gewonnenen Modellparametern verschiedenste Standardlastfälle simuliert und hieraus Anrisskennlinien bestimmt. Die zahlreichen Simulationsergebnisse erlauben am Ende die Angabe verschiedener Kennlinien für vordefinierte Versagenswahrscheinlichkeiten von bspw. 2,5% oder 5%. Auch der Einfluss von anfänglichen materiellen Imperfektionen auf die Lebensdauer wird so dargestellt.
Um auch die Anwendbarkeit des entwickelten Verfahrens auf beliebige Lastfälle zu zeigen, werden Lastfälle durch Industriepartner bereitgestellt und deren Lebensdauer mit Hilfe der im Vorhaben entwickelten Methodik bewertet. Die Bewertung der mittleren und der 50%-Lebensdauer ist so möglich.
Auch die Angabe der Versagenswahrscheinlichkeit als Funktion der Zyklenzahl bzw. der Betriebsdauer ermöglicht dem Anwendenden, eine konkrete Einschätzung hinsichtlich der Zuverlässigkeit vorzunehmen. Des Weiteren erlauben es die Gleichungsstrukturen, die Lebensdauerbewertung direkt in eine FE-Analyse zu integrieren oder diese im Rahmen des Post-Processings vorzunehmen.
Schließlich zeigt das Vorhaben deutlich, dass beliebige Lastfahrprofile mit höherwertigen Lebensdauermodellen aus der Schädigungsmechanik sehr erfolgreich mit dem (nicht-parametrischen) Bootstrap-Verfahren behandelt werden können. Der Informationsgehalt dieser statistischen Betrachtung ermöglicht es, Unsicherheiten, Versagenswahrscheinlichkeiten und Modellvergleiche konsistent durchzuführen. Vor allem auch die umgekehrte Betrachtung, die Ermittlung einer zulässigen Betriebsdauer bei Vorgabe einer zulässigen Versagenswahrscheinlichkeit basierend auf einem messbaren Schädigungsparameter, zeigt deutlich die Praxisrelevanz der entwickelten Methodik.
Forschungsstellen:
TU Darmstadt, Fachgebiet und Institut für Werkstoffkunde (IfW),
Grafenstraße 2, 64283 Darmstadt
https://www.mpa-ifw.tu-darmstadt.de
Bergische Universität Wuppertal,
Institute of Mathematical Modelling, Analysis and Computational Mathematics (IMACM)
Gausstraße 20, 42119 Wuppertal
https://www.imacm.uni-wuppertal.de/de/
vorgelegt über: FVV e. V., Lyoner Straße 18, 60528 Frankfurt
Das Forschungsvorhaben wurde gefördert von der Stiftung Stahlanwendungsforschung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V. Geprüft wurde das Forschungsvorhaben von einem Gutachtergremium der Forschungsvereinigung der Arbeitsgemeinschaft der Eisen und Metall verarbeitenden Industrie e.V. (AVIF), das sich aus Sachverständigen der Stahl anwendenden Industrie und der Wissenschaft zusammensetzt. Begleitet wurde das Projekt von einem Arbeitskreis der Forschungsvereinigung Verbrennungskraftmaschinen e.V.
Bezugsquelle Schlussbericht: FVV e.V., https://www.fvv-net.de/
Gerne können Sie sich auch an die Geschäftsstelle der AVIF wenden.