A 317

Experimentelle und numerische Untersuchung des selbsttätigen Losdrehens von Schraubenverbindungen mit konstanten und variablen Amplituden und Entwicklung einer Bewertungsmethode

Zusammenfassung des Abschlussberichtes zum Forschungsprojekt
Experimentelle und numerische Untersuchung des selbsttätigen Losdrehens von Schraubenverbindungen mit konstanten und variablen Amplituden und Entwicklung einer Bewertungsmethode
(Projekt A 317 / S0024/10260/19)

Laufzeit der Forschungsarbeiten:  01. Januar 2020 bis 30. Juni 2022

Schraubenverbindungen sind die wichtigsten lösbaren Verbindungselemente in der Automobilindustrie. Neben dem Dauerbruch als typische Versagensform kann es bei zyklischen Beanspruchungen auch zum selbsttätigen Lösen kommen. Beim Losdrehen kann die Vorspannkraft durch Relativbewegungen mit Überwindung der Trennfugenreibung oder auch durch Temperatureinfluss teilweise oder komplett abfallen. Aufgrund der unzureichenden Berechenbarkeit kommt es immer wieder zu Schadenfällen. Um diese zu vermeiden, besteht ein hohes Interesse daran, die Gefahr des selbststätigen Losdrehens bereits in einer frühen Entwicklungsphase bewerten zu können.

Ziel des Forschungsvorhabens war die Entwicklung einer Bewertungsmethode für das selbsttätige Losdrehen einschnittiger Schraubenverbindungen unter harmonisch oszillierender, transversaler Belastung. Das selbsttätige Losdrehen ist ein Prozess, der bei Schraubenverbindungen im Betrieb zu einem zunehmenden Vorspannkraftverlust führt, der bis zu einem vollständigen Lösen der Verbindung führen kann. Es tritt auf, wenn es beispielsweise durch Belastungsspitzen im eingeschraubten Gewinde oder der Kopfauflage zum Abgleiten kommt und wird durch das Gewindesteigungsmoment erzeugt, das nach dem Überwinden der Haftreibung ein Losdrehen der Schraube oder Mutter herbeiführt.

Die entwickelte Bewertungsmethode fußt auf zwei Säulen. Die erste Säule umfasst experimentelle Untersuchungen zur Charakterisierung und zum Losdrehverhalten von Modellverbindungen. Es werden zum einen die Teilreibungszahlen in der Kopfauflage und im eingeschraubten Gewinde der untersuchten Modellverbindungsvarianten in einem Anziehprüfstand ermittelt. Zum anderen werden auf die Modellverbindungen mit einer speziell entwickelten Prüfvorrichtung in einem Hydropulser weggeregelt harmonisch oszillierende Querbelastungen aufgebracht. Dabei werden der Schraubendurchmesser, die Klemmlänge, die Montagevorspannkraft und das Reibungsverhalten der Kopfauflage und der Bauteiltrennfuge variiert. Durch eine weiterentwickelte Auswertung konnten dabei die Teilreibungszahlen in der Kopfauflage und der Trennfuge während der Versuchsdurchführung direkt ermittelt werden. Aus den Vorspannkraftverläufen in den Losdrehversuchen wird die kritische Grenzverschiebung der Modellverbindungen statistisch ermittelt und das Losdrehverhalten in Abhängigkeit der aufgebrachten Verschiebungsamplitude durch parametrisierte Verschiebungsgrenzkurven beschrieben. Neben Versuchen mit konstanter Verschiebungsamplitude wurden variable Verschiebungsamplituden in Form sich wiederholender Blockkollektive auf eine Auswahl der untersuchten Verbindungen aufgebracht. Es konnte eine Methode zur Akkumulation des Vorspannkraftverlusts entwickelt werden, die es aufbauend auf den experimentell ermittelten Parametern der Verschiebungsgrenzkurven erlaubt, den Verlauf des Vorspannkraftverlusts auch bei variablen Verschiebungsamplituden rechnerisch zu bestimmen.

Die zweite Säule befasst sich mit der numerischen Modellierung der Schraubenverbindungen mittels der Finite Elemente Methode (FEM). Es wurden detaillierte Volumenmodelle der untersuchten Schraubenverbindungen erstellt. Mit der genutzten Reibungsdefinition konnte das transversale Abgleiten unter Querbelastung mit Nutzung der experimentell ermittelten Reibungszahlen realitätsnah abgebildet werden. Weiterhin gelang es durch Nutzung mechanischer Zusammenhänge ein User-Defined-Element zu entwickeln, das in Verbindung mit einem Schalenmodell der untersuchten Verbindungen eine ebenso realitätsnahe Abbildung des transversalen Abgleitverhaltens ermöglicht. Das Schalenmodell mit User-Defined-Element weist dabei eine erheblich reduzierte Rechenzeit gegenüber dem Volumenmodell auf. So wird es möglich, unter praxisnahen Bedingungen auch mehrere Lastwechsel der Schraubenverbindung zu simulieren.

Abschließend gelang es, das Schalenmodell in einer Programmroutine mit der Methode zur Akkumulation der Vorspannkraftverluste zu koppeln. So wird die Anwendung der an Modellverbindungen entwickelten Methoden auf reale Baugruppen ermöglicht.

Das entwickelte Gesamtkonzept ist in der Lage, das Losdrehverhalten von Schraubenverbindungen unter einachsiger Querbelastung abzubilden. Da es im realen Anwendungsfall auch zu mehrachsigen Belastungen kommen kann, bietet es sich an, das Konzept in dieser Hinsicht zu erweitern. Hierfür sind wären weitere Arbeiten zur Modifikation des Modells erforderlich.

Forschungsstellen:

TU Darmstadt, Staatliche Materialprüfungsanstalt (MPA)
Grafenstraße 2, 64283 Darmstadt

https://www.mpa-ifw.tu-darmstadt.de                                                                                                       

TU Darmstadt, Fachgebiet Systemzuverlässigkeit, Adaptronik und Maschinenakustik (SAM)
Otto-Berndt-Straße 2, 64287 Darmstadt

https://www.sam.tu-darmstadt.de

vorgelegt über:

Forschungsvereinigung Automobiltechnik e. V. (FAT) im Auftrag des Verbandes der Automobilindustrie e. V. (VDA), Behrenstraße 35, 10117 Berlin

Das Forschungsvorhaben wurde gefördert von der Stiftung Stahlanwendungsforschung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V.

Bezugsquelle Schlussbericht:
Forschungsvereinigung Automobiltechnik e.V.

https://vda.de/de/aktuelles/publikationen/publication/experimentelle-und-numerische-untersuchung-des-selbstt-tigen-losdrehens-von-schraubenverbindungen-mit-konstanten-und-variablen-amplituden-und-entwicklung-einer-bewertungsmethode

Gerne können Sie sich auch an die Geschäftsstelle der AVIF wenden.

Weitere Informationen im Internet:

https://www.mpa-ifw.tu-darmstadt.de/forschung_mpaifw/forschungsprojekte_mpaifw/bauteilfestigkeit/aif_3.de.jsp

23.01.2023