A 294

Charakterisierung und Meta-Modellierung von ungleichartigen Punktschweißverbindungen für die Crashsimulation

Zusammenfassung des Abschlussberichtes zum Forschungsprojekt

 

Charakterisierung und Meta-Modellierung von ungleichartigen Punktschweißverbindungen für die Crashsimulation

(A 294/ S 24/10221/15)

 

Laufzeit der Forschungsarbeiten:     1. Juli 2015 – 31. August 2019

 

Im Automobilbau werden aus Leichtbaugründen verstärkt hoch- und höchstfeste Stähle in dünnen Blechdicken in einem funktions- und anforderungsoptimierten Materialmix eingesetzt. Um die einzelnen Bauteile zur tragenden Leichtbaustruktur zu verbinden, wird das sehr wirtschaftliche und hoch automatisierbare Widerstandspunktschweißen eingesetzt. Die Crashsimulation benötigt daher zuverlässige Modelle, die die Tragfähigkeit, also die maximal ertragbare Kraft, von Punktschweißverbindungen unterschiedlichster Fügepartner beschreiben können, um bereits in der Konzeptionsphase belastbare Aussagen über die Crashsicherheit und die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften treffen zu können.

In diesem Projekt wurden punktgeschweißte Proben einer umfangreichen Versuchsmatrix geprüft, um Einflussfaktoren wie Linsendurchmesser, Blechdicke und Stahleigenschaften auf die Tragfähigkeit bei ungleichartigen Verbindungen unter Kopfzug-, Scherzug- und Schälzugbelastung zu untersuchen. Ungleichartig bedeutet hier, dass unterschiedliche Stähle in unterschiedlichen Blechdicken geschweißt wurden. Die Versuchsmatrix umfasst hauptsächlich Zweiblech-, aber perspektivisch auch zwei Dreiblechverbindungen, da die Crashsimulation auch für Dreiblechverbindungen belastbare Modellvorhersagen benötigt.

Die Stahlblechkombinationen wurden so gewählt, wie sie typischerweise in der Automobilindustrie verwendet werden. Die Beteiligung von pressgehärtetem Stahl 22MnB5 führt zu einer Mischbruchneigung (anteilige Bruchfläche in der Fügeebene) unter Normalbelastung, also hier in Kopfzug- und Schälzugversuchen. Trotz der hohen Zugfestigkeit von 22MnB5 ist der Versagensort auch bei Paarungen mit niederfesteren Stählen der gleichen Blechdicken im 22MnB5- Blech. Unter Scherzugbelastung wird ein linearer Anstieg der Maximalkraft über den Linsendurchmesser beobachtet, und sie steigt außerdem mit der Blechdicke des zweiten Fügepartners an. Auch unter Kopfzugbelastung steigt die Maximalkraft mit zunehmendem Linsendurchmesser an und ist höher, je dicker das Blech des zweiten Fügepartners ist. Die zwei Dreiblechverbindungen wurden unter Scherzug-, Kopfzug und Schälzugbelastung jeweils mit verschiedenen Lasteinleitungen geprüft. Die niedrigsten Maximalkräfte wurden hier gemessen, wenn das obere Blech gegen das untere Blech gezogen wurde, da dabei beide Fügeebenen gleichzeitig belastet wurden.   

Maschinelles Lernen wird bereits erfolgreich in Bereichen eingesetzt, in denen die Erfassung großer Datenmengen leicht zu bewältigen ist. Im ingenieurwissenschaftlichen Bereich ist aufgrund der Komplexität und des Materialaufwands für experimentelle Untersuchungen die Datenerhebung im großen Umfang oft erschwert. Aber inzwischen ist die Menge der Daten aus Literatur und Datenbanken groß, so dass mit Methoden des maschinellen Lernens ein umfänglicherer Nutzen daraus gezogen werden kann. Mit Maschinenlernen können Zusammenhänge aufgedeckt und in mathematische Form gebracht werden, die nur bei Zusammenführung großer Datenmengen ersichtlich sind. 

 

In diesem Projekt wurden mithilfe von Verfahren des maschinellen Lernens Modelle zur Vorhersage der Tragfähigkeit   unter quasi-statischer Belastungsgeschwindigkeit von ungleichartigen, punktgeschweißten Zweiblechverbindungen unter Scher-, Kopf- und Schälzugbelastung entwickelt. Dabei wurden Effekte, die durch Streuungen der tragfähigkeitsbestimmenden Größen, wie z.B. Linsendurchmesser, Blechdicken und Festigkeit der Stahlbleche, hervorgerufen werden, analysiert und berücksichtigt. Die Regressionsmodelle wurden anhand von Versuchsergebnissen von gleichartigen Verbindungen erstellt und können im Wesentlichen den Einfluss des Linsendurchmessers, Blechdicke und Zugfestigkeit auf die Tragfähigkeit wiedergeben. Der Vergleich der Modelle mit experimentellen Datenpunkten für gleichartige Verbindungen zeigt eine gute Anpassung. Zur Übertragung der Modelle auf ungleichartige Verbindungen wurde ein Minimumansatz der Tragfähigkeiten für die gleichartigen Verbindungen der jeweiligen Fügepartner gewählt. Dieser Minimumansatz kann die Tragfähigkeit einer ungleichartigen Punktschweißverbindung unter Scherzugbelastung gut beschreiben, für Kopfzug- und Schälzugbelastung wurden zusätzliche Korrekturfaktoren benötigt, da die ungleichartigen Verbindungen kleinere Maximalkräfte aufweisen als eine gleichartige Verbindung des niederfesteren und/oder dünneren Blechs.

Zusammenfassend betrachtet sind die Regressionsmodelle geeignet, um Vorhersagen für die Maximalkraft von Punktschweißverbindungen zu treffen. Die Qualität der Vorhersage wird jedoch durch die Qualität und Quantität der Eingangsdaten bestimmt. Eine gleichmäßige Verteilung der Kombinationen, sowie eine breite Abdeckung des Parameterraumes wirken sich positiv auf die Vorhersagegüte der Modelle aus.

 

Forschungsstellen:

Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik (IWM)

Fraunhofer-Institut für Algorithmen und Wissenschaftliches Rechnen (SCAI)

 

Forschungsleiter:                         

Dr. Silke Sommer

vorgelegt von: Forschungsvereinigung Automobiltechnik e.V. (FAT)

Das Forschungsvorhaben wurde gefördert von der Stiftung Stahlanwendungsforschung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V.

 

Bezugsquelle Schlussbericht:
bitte wenden Sie sich an die AVIF

06.01.2021