A 305

Untersuchungen zum Fehlstellenversagen an Zahnrädern und deren Einfluss auf die Zahnradtragfähigkeit

Zusammenfassung des Abschlussberichtes zum Forschungsprojekt

 

Untersuchungen zum Fehlstellenversagen an Zahnrädern und deren Einfluss auf die Zahnradtragfähigkeit

(A 305 S0024/10235/16)

Laufzeit der Forschungsarbeiten:     1. Juli 2016 – 31. Dezember 2019

 

In diesem Forschungsvorhaben wurde der Einfluss aus der flexiblen Betriebsweise von Kraftwerksanlagen auf die In der heutigen industriellen Praxis ermöglichen optimierte Bearbeitungsschritte zur gezielten Einbringung von Druckeigenspannungen in die oberflächennahe Randschicht einsatzgehärteter Zahnräder eine Steigerung der Zahnradtragfähigkeit. Deren Auswirkung ist jedoch meist auf die äußerste Randschicht begrenzt, weshalb tieferliegenden Werkstoffbereichen eine größere Bedeutung zukommt. Dabei spielt sowohl hinsichtlich der Zahnfuß- als auch der Zahnflankentragfähigkeit u. a. die Häufigkeit und Verteilung von Fehlstellen (z. B. nicht-metallische Einschlüsse) eine wesentliche Rolle. Solche Fehlstellen können zu einer Rissinitiierung unterhalb der Bauteiloberfläche und somit zum Ausfall des Zahnrades führen. Dieses Schadensphänomen ist zwar bereits aus abgeschlossenen Forschungsvorhaben sowie in der Literatur bekannt, jedoch liegen dem Anwender bislang noch keine Kenntnisse zur gezielten Vermeidung dieser Schäden sowie deren Grenzwerte vor, weshalb das durch die Druckeigenspannungen erhoffte Tragfähigkeitspotential nicht zuverlässig genutzt werden kann. 

Ziel des Forschungsvorhabens FVA 293 IV / AVIF A 305/2016 war es deshalb, den derzeitigen Stand des Wissens zum Einfluss von nicht-metallischen Einschlüssen auf die Zahnradtragfähigkeit, insbesondere die Zahnfußtragfähigkeit, zu erweitern. Hierfür wurden an duo-verfestigungsgestrahlten Zahnrädern aus optimierten hoch- und höchstreinen Werkstoffen umfangreiche experimentelle Versuche, eine umfassende Werkstoffcharakterisierung sowie systematische theoretische Arbeiten durchgeführt.

Im Rahmen des Vorhabens wurden zuverlässige, statistisch abgesicherte Aussagen zum (Zahnfuß‑)Tragfähigkeitspotential hochreiner Werkstoffe im Bereich hoher Lastwechselspielzahlen unter Berücksichtigung des Auftretens von Brüchen mit Rissausgang unterhalb der Bauteiloberfläche erarbeitet. Gegen­über praxisüblichen, einsatzgehärteten Zahnrädern mit konventionellem Reinheitsgrad lassen sich Tragfähigkeitssteigerungen durch entsprechende Maßnahmen in der Stahl- und Zahnradherstellung erreichen. Tragfähigkeitssteigerungen durch einen höheren Reinheitsgrad sind möglich. Es zeigt sich somit, dass die Verwendung von Stählen mit höheren und höchsten Reinheitsgraden zu höheren Tragfähigkeiten oder im Gegenzug zu einer höheren Maschinensicherheit führen können. Allerdings lassen sich im Bereich hoher Lastwechselspielzahlen weiterhin Rissinitiierungen unterhalb der Oberfläche an nicht-metallischen Einschlüssen nicht vermeiden. 

Es wurde, basierend auf einer umfassenden Werkstoff- und Zahnradcharakterisierung, eine Vorgehensweise abgeleitet, mit der eine zu erwartende Tragfähigkeitsklasse abgeschätzt werden kann. Eine Gegenüberstellung mit den experimentellen Ergebnissen zeigte eine sehr gute Übereinstimmung. Darauf aufbauend wurden zudem Mindestanforderungen an die Werkstoff- als auch Zahnradeigenschaften für jede Tragfähigkeitsklasse abgeleitet. Dies ermöglicht bereits im industriellen Auslegungsprozess eine Definition für die erforderlichen Werkstoff- und Zahnradeigenschaften. Zudem können diese Werte sowohl im des Werkstoff- als auch beim Zahnradbeschaffungsprozess verwendet werden.

Für eine breite Anwendung der Ergebnisse in der industriellen Praxis wurde, basierend auf den umfangreichen Ergebnissen, eine Erweiterung des genormten Berechnungsansatzes nach ISO 6336 bzw. DIN 3990 vorgeschlagen. Eingeführt wurden ein Lebensdauerfaktor in Abhängigkeit des Reinheitsgrades im Bereich hoher Lastwechselspielzahlen bei verfestigungsgestrahlten Zahnrädern und ein Faktor zur Berücksichtigung des Eigenspannungszustandes. Des Weiteren wurde die im Vorgängervorhaben FVA 293 III entwickelte Modellvorstellung weiter modifiziert bzw. erweitert. Die Modellvorstellung bildet nun noch besser die experimentelle Datenbasis ab. Zudem wurde darauf aufbauend eine Methode entwickelt, die es erlaubt, eine Abschätzung zur Zahnfußtragfähigkeit auf Basis einiger weniger Eingangsgrößen treffen zu können. Diese Eingangsgrößen liegen in der industriellen Praxis üblicherweise vor, was einen Transfer in die industrielle Praxis erleichtert.

Bezüglich der Schadensart Flankenbruch zeigte sich in den experimentellen Stichversuchen, dass zwar typische Flankenbruchschäden aufgetreten sind, aber keine Rissinitiierung an nicht-metallischen Einschlüssen festgestellt werden konnte. Die erreichte Tragfähigkeit lag dabei deutlich über den Ergebnissen aus früheren Untersuchungen mit Werkstoffen konventioneller Reinheit. Die Hintergründe hierfür konnten jedoch aufgrund des begrenzten Untersuchungsumfangs im Laufe des Vorhabens nicht abschließend ermittelt werden.

Die gewonnenen Forschungsergebnisse stellen dem Anwender für unterschiedliche Anwendungsbereiche und unterschiedliche Werkstoffe Kennwerte zur Verfügung, die eine gezielte Berücksichtigung vorliegender Werkstoffeigenschaften, wie den Reinheitsgrad, nun bis in den Bereich sehr hoher Lastwechselspielzahlen ermöglichen. Das durch die Druckeigenspannungen erhoffte Tragfähigkeitspotential kann nun zuverlässig genutzt werden. Durch eine bessere Vorgehensweise sowohl bei der Werkstoff- als auch bei der Zahnradcharakterisierung, als auch deren Interpretation sind höhere Zahnfußtragfähigkeiten und -sicherheiten möglich. Hierdurch können Stillstandszeiten reduziert und unnötige Reparaturen sowie Wechsel von ganzen Getriebeeinheiten vermieden werden. Im Rahmen des Vorhabens wurden insgesamt umfassende Empfehlungen für die praktische Anwendung getroffen, sei es zur konstruktiven Gestaltung von ver­festigungs­gestrahlten, geschmiedeten Zahnrädern, zur Zahnradcharakterisierung als auch zur Interpretation der Bruchflächen­charakteristiken.

 

Forschungsstelle:

Forschungsstelle für Zahnräder und Getriebebau, Lehrstuhl für Maschinenelemente, der TU München (FZG), Garching

Forschungsleiter:                         

Prof. Dr.-Ing. Karsten Stahl

 

vorgelegt von: Forschungsvereinigung Antriebstechnik e.V. (FVA)

 

Das Forschungsvorhaben wurde gefördert von der Stiftung Stahlanwendungsforschung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V.

 

Bezugsquelle Schlussbericht:
bitte wenden Sie sich an die AVIF

03.11.2020