A265

Entwicklung einer numerischen Methode zur Berücksichtigung stochastischer Effekte für die Crashsimulation von Punktschweißverbindungen

(A265 S 24/10173/2010) Laufzeit der Forschungsarbeiten:     1. Juli 2010 – 30. Juni 2013

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Im Automobilbau werden verstärkt höchst- und ultrahochfeste Stähle in dünnen Blechdicken eingesetzt, um den immer höheren Anforderungen an Crashsicherheit, Ressourcenschonung und Kosteneffizienz gerecht zu werden. Um die einzelnen Bauteile zur tragenden Leichtbaustruktur zu verbinden, sind entsprechend innovative, wirtschaftliche und hoch automatisierte Fügeverfahren notwendig, wie zum Beispiel das Widerstandspunktschweißen.
Allerdings sind die Einflussgrößen auf den Widerstandsschweißprozess und damit auf die resultierende Tragfähigkeit sehr vielfältig. Insbesondere können die Werkstoffeigenschaften, die Blechdicke und der Linsendurchmesser einen enormen Einfluss auf das Schweißergebnis haben. All diese Einflussgrößen können zum Teil erheblichen Schwankungen unterliegen. Daher müssen nicht nur alle wichtigen Einflussgrößen, sondern auch deren Schwankungen, auf die Tragfähigkeit bei der Simulation von Widerstandsschweißpunkten in Crashsimulationen berücksichtigt werden.

In jedem Fahrzeug treten hunderte dieser punktgeschweißten Verbindungen auf. Eine systematische Untersuchung der Tragfähigkeit unter Berücksichtigung von Unsicherheiten würde zu einem riesigen experimentellen Aufwand führen. Aktuell kann, insbesondere aus Gründen der Wirtschaftlichkeit, nur ein Anteil dieser Verbindungen experimentell untersucht werden. Aus diesem Grund ist eine systematische Untersuchung aller relevanten Einflussgrößen und ihrer Schwankungen für alle Verbindungen im Gesamtfahrzeug praktisch nicht durchführbar.

Um bereits in einer frühen Konzeptionsphase Aussagen über die Crashsicherheit der Punktschweißverbindungen treffen zu können, ist eine Berechnung der Tragfähigkeit von Punktschweißverbindungen unter streuenden Einflussgrößen des Schweißprozess erforderlich. Aus obigen Gründen ist dies nur mittels numerischer Modelle effizient möglich. Dies bedeutet, dass Modelle, die die Tragfähigkeit von Punktschweißverbindungen in Abhängigkeit der Schwankungen relevanter Einflussgrößen berechnen können und die in der Crashsimulation eingesetzt werden können, von der Industrie stark gefordert werden. Derartige numerische Modelle zur Berechnung der Tragfähigkeit unter Berücksichtigung von Schwankungen lagen bei Projektbeginn bisher nicht vor.

Um dies zu adressieren, wurde in diesem Forschungsprojekt eine Methodik zur Vorhersage der Tragfähigkeit von gleichartigen Punktschweißverbindungen entwickelt. Die innovative Methodik besteht aus einer Kombination von physikalischen Modellen und effizienten hierarchischen Metamodellen, basierend auf einer geeigneten kleinen Menge von Experimentaldaten und/oder Simulationsdaten aus Finite-Element-Berechnungen mit Detailmodellen und zonenspezifischen Material- und Schädigungsmodellen.

Zum einen werden damit bekannte physikalische Zusammenhänge genutzt und zum anderen neue, ergänzende Abhängigkeiten durch das numerische Modell erkannt. Diese können zu einer schrittweisen Verbesserung der physikalischen Modelle und zum Verständnis der Abhängigkeiten genutzt werden. Erste Anwendungen für verschiedene Stahlklassen und Belastungsarten für gleichartige Punktschweißverbindungen zeigen sehr gute Ergebnisse. Die entwickelte Methodik kann die resultierende Tragfähigkeit für gleichartige Verbindungen mit einer Genauigkeit im Bereich der Eingangsstreuung vorhersagen. Zusätzlich wurde ein Workflow entwickelt, der die verschiedenen Analyseschritte automatisch durchführt. Damit wird die Anwendung vereinfacht und die Anbindung an Crash-Codes mit einem geeigneten FE-Ersatzmodell für die Schweißpunkte ermöglicht. Zusammenfassung

Als Ergebnis dieses Projektes können nun Streuungen von Eigenschaften von Punktschweißverbindungen in der Crashsimulation für gleichartige Verbindungen berücksichtigt werden. Insbesondere ermöglicht die Vorhersage der Tragfähigkeit mittels der entwickelten Methodik eine systematische Untersuchung aller gleichartigen Punktschweißverbindungen im Gesamtfahrzeug, sobald eine geeignete Datenbasis vorhanden ist. Zur Unterstützung der Erzeugung der Datenbasis zeigt der entwickelte Workflow direkt die Bereiche auf, die noch zu dünn besetzt sind. Diese können dann durch weitere experimentelle Versuche oder, wie hier im Projekt durchgeführt, durch FE-Simulationen mit Detailmodellen ergänzt werden.

Da in einem Gesamtfahrzeug hunderte Verbindungen und tausende Schweißpunkte vorkommen, ist die Modellierung von Schweißpunktverbindungen in Crashsimulationen nur über FE-Ersatzmodelle realisierbar. Für das Ersatzmodell *Constrained_SPR wurde hier eine automatisierte Parameterbestimmung und Modellbedatung realisiert. Diese beruht entweder auf den Tragfähigkeitsprognosen des Metamodells oder des empirischen, ingenieursmäßigen Zusammenhangs und benötigt die Vorgaben von Stahl, Blechdicke und Linsendurchmesser der Verbindung, die aus dem Pre-Prozesssing, Connection File oder dem FE-Modell des Gesamtfahrzeugs ermittelt werden können. Hierdurch sind die systematische Untersuchung der relevanten Einflussgrößen und deren Streuungen mittels numerischen Modellen in einem Gesamtfahrzeugmodell effizient möglich. Die entwickelte Methodik bildet die Basis dafür zumindest gleichartige Verbindungen in Zukunft numerisch berechnen zu können. Insbesondere bedeutet dies, dass die übrigen, noch nicht experimentell überprüften, Verbindungen nicht getestet werden müssen, sondern numerisch ermittelt werden können. Dies stellt einen erheblichen Schritt in Richtung ganzheitlicher Robustheitsuntersuchungen der beteiligten Verbindungen in der Crashsimulation dar.

Die Ziele des vorliegenden Projektes wurden erreicht. Allerdings treten im Gesamtfahrzeug überwiegend ungleichartige Punktschweiß-verbindungen, sowie Mehrblechverbindungen auf. Eine weiterhin offene Frage ist es, inwieweit sich die abgeleiteten Aussagen und entwickelten Modelle auf andere Beanspruchungen verallgemeinern und auf ungleichartige Punktschweißverbindungen und Dreiblechverbindungen ausweiten lassen. Zudem müssen die gewonnen Erkenntnisse auf die FE-Ersatzmodelle anderer Crashberechnungsprogramme übertragen werden. Dies ist ein nicht zu unterschätzender zusätzlicher Aufwand, der in enger Anbindung an den vorgestellten „Workflow“ erfolgen muss.


Forschungsstelle 1:

Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik (IWM)
www.iwm.fraunhofer.de/profil/organisation/institutsteil-freiburg/

Forschungsleiter:

Prof. Dr. Peter Grumbsch


Forschungsstelle 2:

Fraunhofer-Institut für Algorithmen und Wissenschaftliches Rechnen (SCAI)
www.scai.fraunhofer.de

Forschungsleiter:

Prof. Dr. Michael Griebel


(vorgelegt von der Forschungsvereinigung Automobiltechnik e.V. (FAT))


Das Forschungsvorhaben wurde gefördert von der Stiftung Stahlanwendungsforschung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V.

Bezugsquelle Schlussbericht:
bitte wenden Sie sich an die AVIF
20.08.2014