A190

Untersuchungen zum Wasserstoffeinfluss auf im Kompressorbau eingesetzte Werkstoffe


(A190 S 24/1040/2002)

Laufzeit der Forschungsarbeiten: 1. Juli 2002 - 30. Juni 2006

Zielsetzung des Forschungsvorhabens war die Ermittlung des Werkstoffverhaltens und damit abgesicherter Werkstoffkennwerte als Grundlage für die Auslegung und den sicheren Betrieb wichtiger Komponenten von Radialverdichtern zur Komprimierung wasserstoffhaltiger Prozessgase bzw. von Reinstwasserstoff. Dabei sollte für die relevanten Werkstoffe untersucht werden, ob und in wieweit wasserstoffhaltiges Prozessgas sowie Reinstwasserstoff das Verhalten dieser Werkstoffe beeinflusst.
Daraus ergaben sich die folgenden Einzelzielsetzungen:
- Qualitative Bewertung des Wasserstoffeinflusses auf zwei unterschiedliche Laufradwerkstoffe (zwei martensitische Stähle) und drei Gehäusegusswerkstoffe (martensitischer Stahlguss, austenitischer Stahlguss, ferritischer Stahlguss) im langsamen Zugversuch mit konstanter Abzugsgeschwindigkeit (CERT constant extension rate test) in Prozessgas, Wasserstoff und zum Vergleich in Helium bei unterschiedlichen Temperaturen von
-50 °C bis 200 °C.
- Ermittlung des Werkstoffverhaltens im Kerbzugversuch an einem Laufradwerkstoff und zwei Gehäusegusswerkstoffen bei drei ausgewählten Temperaturen in Wasserstoff sowie in Helium.
- Bruchmechanische Kennwertermittlung und Erfassung des zyklischen Rissfortschritts an Kompaktzugproben aus einem Laufradwerkstoff und zwei Gehäusegusswerkstoffen in Wasserstoff und Helium bei bis zu drei Temperaturen (-50 °C, RT und 150 °C).
- Durchführung spannungsgesteuerter LCF-Versuche ohne Haltezeit an gekerbten Proben aus einem Laufradwerkstoff und zwei Gehäusegusswerkstoffen in Wasserstoff und Helium bei bis zu drei Temperaturen (-50 °C, RT, 150 °C).
- Konstantlastversuche bei Raumtemperatur an Kompaktzugproben mit drahterosiv eingebrachter Kerbe für einen Laufrad- und zwei Gehäusegusswerkstoffe im Wasserstoff und Helium zum zeitlichen Einfluss des Mediums.
Das damit verbundene Arbeitsprogramm war in sieben aufeinanderfolgende Arbeitsschritte unterteilt, wobei im ersten Arbeitsschritt die Werkstoffbereitstellung und –charakterisierung, die Probenherstellung und Autoklavenanpassung erfolgte.
Die erhaltenen Ergebnisse lassen sich den Arbeitsschritten 2 bis 7 zugeordnet wie folgt zusammenfassen:
- Arbeitsschritt 2 (CERT-Versuche an glatten Zugproben in Wasserstoff, Prozessgas und He-lium):
Die für die Werkstoffe X3CrNiMo13-4, X4CrNiMo16-5-1, GX5CrNiMoNb19-11-2, GX4CrNi13-4 und G26CrMo4 unter den Mediumsbedingungen (gasförmiges Helium, Druckwasserstoff, Prozessgas, -50 °C bis 200 °C, 10 MPa Druck) durchgeführten CERT-Versuche zeigten, dass Dehngrenze und Zugfestigkeit durch Wasserstoff und Prozessgas nicht, Bruchdehnung und Brucheinschnürung deutlich beeinflusst werden. Der Mediumseinfluss im Sinne vor allem einer Reduzierung der Brucheinschnürung ist bei -50 °C am stärksten und nimmt mit zunehmender Temperatur ab. Der austenitische Stahlguss versprödet weniger als die martensitischen Werkstoffe und der ferritische Guss. Die Differenzen in der Wirkung zwischen Wasserstoff und Prozessgas auf das Werkstoffverhalten waren unwesentlich.
- Arbeitsschritt 3 (CERT-Versuche an gekerbten Zugproben):
In diesem und allen folgenden Arbeitsschritten wurden zugrunde gelegt:
-  drei Werkstoffe: X3CrNiMo13-4, GX5CrNiMoNb19-11-2 und G26CrMo4
-  max. drei Temperaturen: -50 °C, Raumtemperatur, 150 °C
-  zwei Medien: Wasserstoff 6.0, Helium 6.0
Die CERT-Versuche an gekerbten Zugproben lassen in verschärfter Form den Wasserstoffeinfluss erkennen. Auch hier schneidet der austenitische Guss am besten bei allen drei Prüftemperaturen ab. Die niedrigsten Werte der Brucheinschnürung ergeben sich bei allen drei Temperaturen sowohl in Helium wie Wasserstoff für den Werkstoff G26CrMo4. Am stärksten ausgeprägt ist der Wasserstoffeinfluss, unabhängig von den drei unterschiedlichen Werkstoffen, bei –50 °C.
- Arbeitsschritt 4 (J-R-Versuche in Einprobentechnik nach dem Teilentlastungsverfahren an Kompaktzugproben):
Aus den bei RT und einem Druck von 10 MPa durchgeführten Bruchmechanikversuchen konnten aufgrund aufgetretener Instabilitäten im Risswachstum für die Werkstoffe G26CrMo4 bereits in Helium und X3CrNiMo13-4 in Wasserstoff keine J-R-Kurven ermittelt werden. Bei 150 °C zeigte sich für die beiden genannten Werkstoffe eine deutliche Erniedrigung der J-R-Kurve infolge Wasserstoffs. Für den austenitischen Werkstoff GX5CrNiMoNb19-11-2 war bei RT diese Erniedrigung nahezu gleich groß, wenngleich von höherem Niveau ausgehend. Die Erniedrigung der Prüftemperatur auf –50 °C führte beim austenitischen Werkstoff zu einer Zunahme des Wasserstoffeinflusses.
- Arbeitsschritt 5 (zyklische Risswachstumsversuche an Kompaktzugproben):
Das bei RT und einem Druck von 10 MPa gemessene zyklische Risswachstum da/dN ließ bei allen drei Werkstoffen einen Einfluss des Wasserstoffs im Vergleich zu Helium erkennen. Für die Werkstoffe X3CrNiMo13-4 und G26CrMo4 erhöhte sich da/dN infolge Wasserstoffs um bis zu zwei Dekaden, im Falle des Werkstoffs GX5CrNiMoNb19-11-2 kam es zu einer Verdoppelung. Die Erhöhung der Temperatur auf 150 °C bewirkte lediglich beim Werkstoff X3CrNiMo13-4 eine deutliche Verringerung des Wasserstoffeinflusses. Die Erniedrigung der Temperatur auf –50 °C führte dazu, dass eine da/dN-Kurve für den Werkstoff G26CrMo4 sowohl in Helium wie auch Wasserstoff mit den vorgegebenen Anfangsbelastungsbedingungen nicht zu ermitteln war. Für den Werkstoff GX5CrNiMoNb19-11-2 ergab sich keine Veränderung im Vergleich zu RT, für den Werkstoff X3CrNiMo13-4 eine leichte Verbesserung.
- Die Zugschwellversuche ohne Haltezeit in Helium sowie in Wasserstoff von jeweils 10 MPa Druck bei RT und 150 °C zeigten, dass die Bruchlastwechselzahl für die Werkstoffe X3CrNiMo13-4 und G26CrMo4 in Helium um rd. eine Größenordnung höher als in Wasserstoff lag, wobei dieser Effekt bei RT noch stärker ausgeprägt war als bei 150 °C. Beim Werkstoff GX5CrNiMoNb19-11-2 lagen die Arbeitsschritt 6 (LCF-Versuche im Zugschwellbereich an gekerbten Proben):
Bruchlastwechselzahlen bei RT in Helium nur wenig über den in Wasserstoff ermit-telten, bei 150 °C zeigte sich ein gemeinsames Streuband. Die für die Werkstoffe X3CrNiMo13-4 und G26CrMo4 in Wasserstoff von 10 MPa bei RT in Abhängigkeit von der Kerbschärfe durchgeführten Zugschwellversuche ließen für vergleichbare Spannungsschwingbreiten eine Zunahme der Bruchlastwechselzahlen mit abnehmender Kerbschärfe erkennen. Die für den Werkstoff GX5CrNiMoNb19-11-2 bei –50 °C in Wasserstoff und Helium von jeweils 10 MPa bei gleicher Spannungsschwing-breite vorgenommenen Zugschwellversuche ergaben keinen wesentlichen Unterschied zum Verhalten bei RT.
- Arbeitsschritt 7 (Konstantlastversuche an Kompaktzugproben mit mechanischer Kerbe):
Die Konstantlastversuche an Kompaktzugproben mit drahterosiv eingebrachter Kerbe bei RT und 10 MPa Druck zeigten, dass unter den gewählten Belastungen weder Rissinitiierung noch –Wachstum in Helium und Wasserstoff aufgetreten sind. Die einzige Ausnahme bildete der Werkstoff X3CrNiMo13-4, der im Zuge des Aufbringens der Konstantlast bei Anwesenheit von Wasserstoff versagte.
Die Ergebnisse dieser Untersuchungen zum Wasserstoffeinfluss ermöglichen eine verbesserte Bewertung und Nutzung der vorhandenen Werkstoffpotenziale bei gleichzeitiger Sicherstellung der Integrität. Darüber hinaus können die erhaltenen experimentellen Ergebnisse zur Stahl- und Legierungsoptimierung herangezogen werden und zur Verbesserung der internationalen Konkurrenzfähigkeit auch auf diesem Sektor führen. Davon profitieren die Stahl- und Kompressorenhersteller. Die Ergebnisse sind sofort in die Praxis umsetzbar. Durch die kompakte Darstellung der umfangreichen Versuchsergebnisse in Diagrammen und Bildern sind diese für die Industrie leicht zugänglich und anwendbar.

Forschungsstelle 1:
Materialprüfungsanstalt Uni Stuttgart (MPA) Otto-Graf-Institut
www.mpa.uni-stuttgart.de
 
Forschungsleiter 1:
Prof. Dr.-Ing. habil E. Roos

(vorgelegt vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA) für Forschungsvereinigung Verbrennungskraftmaschinen e.V. (FVV))

Das Forschungsvorhaben wurde gefördert von der Stiftung Stahlanwendungsforschung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V.

Bezugsquelle Schlussbericht:
bitte wenden Sie sich an die AVIF