A180

Qualifizierung des 12CrCoMo als neuen Werkstoff für den Dampfkesselbau


(A180 / S 24/10027/2001)

Laufzeit der Forschungsarbeiten: 1. Januar 2004 - 31. Dezember 2006

Die gestiegenen Betriebsanforderungen moderner Kraftwerke erfordern in Bezug auf die Optimierung der Bauteilgeometrie Anstrengungen zur Verbesserung der Metallurgie der eingesetzten Werkstoffe mit dem Ziel, die temperaturabhängigen Zeitstandfestigkeitskennwerte unter Gewährleistung guter Herstellungs- und Verarbeitungseigenschaften zu optimieren. Übergeordnetes Ziel des Vorhabens  war daher die Qualifizierung und Charakterisierung  des neuen kobalt- und molybdänlegierten 12%-Chrom-Stahls (VM12) für den Einsatzbereich bei Temperaturen bis über 620 °C. Dieser Stahl weist aufgrund seiner chemischen Zusammensetzung, basierend auf den Erfahrungen bei der Entwicklung vergleichbarer Stähle, das Potential auf, eine den 9%-Chromstählen adäquate Zeitstandfestigkeit zu erreichen. Gleichzeitig kann wegen des höheren Chrom-Gehaltes von einer ausreichenden Oxidationsbeständigkeit im Temperaturbereich bis über 620 °C ausgegangen werden. Die mittlerweile verfügbaren Zeitstandergebnisse des noch in der Entwicklung befindlichen Grundwerkstoffs zeigen, dass bislang die Zeitstandfestigkeiten des Werkstoffs E911 erreicht werden. Der Hauptnutzen des derzeit verfügbaren Grundwerkstoffs liegt in seiner sehr guten Oxidationsbeständigkeit, was ihn für den Einsatz als Kesselrohrwerkstoff interessant macht.
Der Werkstoff wurde in den Produktformen „dickwandiges nahtloses Rohr“, „dünnwandiges nahtloses Rohr“ und „Kesselrohr“ mit jeweils typischen Abmessungen bereitgestellt. Schwerpunkt der Untersuchungen waren die mikrostrukturelle Charakterisierung und die Ermittlung der langzeitigen Eigenschaften von mit verschiedenen Verfahren hergestellten Schweißverbindungen. An den Kesselrohren wurden sowohl Kesselrohrverbindungen, die nachfolgend mittels Rohrstreifenproben im Zeitstandversuch geprüft wurden, als auch Rohr-Steg-Rohr-Verbindungen hergestellt. Die Herstellbarkeit konnte demonstriert werden und die Anforderungen an die Nähte konnten erfüllt werden. Das dickwandige Rohr wurde mittels Prozesskombinationen WIG/E-Hand bzw. WIG/UP geschweißt.
Die mikrostrukturellen Untersuchungen umfasste die Charakterisierung der Ausgangszustände für die untersuchten Rohre mit Hilfe lichtmikroskopischer und metallografischer Methoden sowie des Transmissionselektronenmikroskops mit Energiefilter (EFTEM). Zusätzlich wurde mikrostrukturell der Einfluss von Variationen in der Wärmebehandlung untersucht. Damit konnte eine den Gefüge- und Ausscheidungszustand des Werkstoffs beschreibende Datenbasis (Lichtoptisches Gefüge, Härte, Korngröße, Art, Größe und Anzahl der Ausscheidungen, Subkorngröße und Versetzungsdichte) ermittelt werden. Die Untersuchungen der unterschiedlichen Wärmebehandlungszustände zeigen, dass eine Erhöhung der Austenitisierungstemperatur einen Ausscheidungszustand bewirkt, der eine größere Teilchendichte aufweist.
Die Zeitstandversuche zeigten bei den Schweißverbindungsproben des dickwandigen Rohres einen deutlichen Abfall der Zeitstandfestigkeit nach dem für martensitische Werkstoffe typischen Wechsel der Bruchlage vom Grundwerkstoff in die äußere Wärmeeinflusszone (Feinkornzone). Die Werte des Grundwerkstoffs und der Schweißverbindungen vor dem Bruchlagenwechsel entsprechen dem als Referenz herangezogenen Werkstoff X11CrMoWV9-1-1 (E911). Im bisher beobachteten Zeitraum bis 20.000 h nimmt die Abminderung mit der Versuchszeit bei 625 °C gegenüber dem Grundwerkstoff noch zu und kann bis zu 40% im Vergleich zum Mittelwert des E911 betragen. Die Zeitstandversuche an Kesselrohrschweißverbindungen wurden mit Hilfe direkt dem Rohr entnommener Rohrstreifenproben durchgeführt. Die Ergebnisse zeigten eine stärkere Abminderung der Zeitstandfestigkeit und eine deutlich größere Streuung. Ein Bruchlagenwechsel konnte bei den Prüftemperaturen 600 °C und 625 °C beobachtet werden, bei höheren Temperaturen brechen alle Proben in der äußeren Wärmeeinflusszone.  
Ergänzend wurde die Empfindlichkeit für Relaxationsrisse ermittelt. Das simulierte WEZ-Gefüge wurde dabei Zugversuchen mit niedrigen Dehnraten unterzogen. Die hierbei ermittelten hohen Verformungswerte schließen eine sogenannte Relaxationsrissempfindlichkeit beim Schweißen aus. Zeitstandversuche an den Wärmeeinflusszonen, insbesondere an der äußeren Wärmeeinflusszone durch von thermische Simulation angepassten Werkstoffzuständen  lieferten Daten über das Kriechverhalten dieser Zonen und können in für numerische Berechnungen von Schweißverbindungen erforderliche Stoffgesetze implementiert werden.
Die ermittelten Ergebnisse sind Beiträge zur Qualifizierung des Werkstoffs für die Anwendung in Kesselbauteilen. Eine weitere Absicherung vor allem im Hinblick auf das Verhalten bei langen Beanspruchungszeiten sowie eine gezielte Verbesserung einzelner Eigenschaften sind notwendig und derzeit im Gang.

Forschungsstelle 1:
Materialprüfungsanstalt Uni Stuttgart (MPA) Otto-Graf-Institut
www.mpa.uni-stuttgart.de
 
Forschungsleiter 1:
Prof.- Dr.-Ing. E. Roos

(vorgelegt vom Wirtschaftsverband Stahlbau und Energietechnik e.V., Düsseldorf (SET) für Fachverband Dampfkessel-, Behälter- und Rohrleitungsbau e.V. (FDBR))

Das Forschungsvorhaben wurde gefördert von der Stiftung Stahlanwendungsforschung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V.

Bezugsquelle Schlussbericht:
bitte wenden Sie sich an die AVIF