A125

Ermittlung , Auswertung und Beeinflussung von Seitenkräften auf Pressstempel zur Kaltmassivumformung der Innenkraftangriffsflächen von Schrauben (z.B. Kreuzschlitz, Kombikreuzschlitz) mit dem Ziel der Entwicklung einer Einstell- und Überwachungshilfe

(A125 S 24/07/97)

Laufzeit der Forschungsarbeiten: 1. Oktober 1997 – 31. August 2000

Die Befestigungsmittelindustrie ist zu 90% mittelständisch strukturiert. Sie steht unter starken Importdruck und ist durch die Abnehmer - Automobilindustrie und Elektroindustrie - einem starken Preisdruck ausgesetzt. Um konkurrenzfähig zu bleiben, ist eine hochrationelle Fertigung bei höchsten Qualitätsansprüchen erforderlich. Die Mehrmaschinenbedienung ist üblich und bei entsprechender elektronischer Maschinenüberwachung wird eine Fertigung ohne Aufsicht angestrebt.

Die Umformstempel zur Herstellung der sogenannten Kombi- oder +/- Schraube sind wesentlich höheren Beanspruchungen ausgesetzt als die Stempel für eine Kreuzschlitzschraube. Besondere Kopfformen erfordern in der Regel beim Stempel eine geschlossene Form. Im Gegensatz zur freien Form ist die dynamische Beanspruchung eines Stempels in der geschlossenen Form höher und die Lebensdauer wesentlich kürzer.

Hieraus ergab sich die Vermutung, daß sich Teilausbrüche der Preßstempel in merklichen Seitenkräften äußern könnten, während die Normalkraft offensichtlich davon unbeeinflußt bleibt.

Ziel des Projektes war, die Messung der Seitenkräfte und deren Änderung während des Fertigungsprozesses dazu zu nutzen,

ein Prozeßüberwachungsgerät zu entwickeln, mit dessen Hilfe die Einstellung des Preßstempels optimiert werden kann,

den Fertigungsprozeß zu überwachen (Abschaltung bei Teilausbrüchen) und

basierend auf diesem Prozeßüberwachungssystem den Unternehmen die Möglichkeit einer Mehrmaschinenbedienung und möglichst mannlosen Fertigung zu eröffnen.

Der Untersuchungs-Ablauf war in folgende Teilaufgaben gegliedert:

Ist-Analyse

Konstruktion von matrizen- und stempelseitiger Prototypen mit Sensoren

Untersuchung der Empfindlichkeit der Sensoren bei freier sowie geschlossener Umformung und außenmittiger Stempelstellung
Untersuchung der Empfindlichkeit auf Stempelverschleiß und Möglichkeit zur Verschleißdetektion

Untersuchung von beeinflussenden Parametern (Temperatur, Schmierung, Werkstoff, Vorstaucherversetzung, Stempelverdrehung, Messerabstand)

Für die Untersuchungen wurden sowohl stempelseitige als auch matrizenseitige Vorrichtungen gebaut, welche die Seitenkraftsensoren aufnehmen sollten, ohne daß bei der Neukonstruktion maschinenseitige Umbauten notwendig waren. Die Sensoren wurden sowohl im Matrizenhalter, als auch im Stempelhalter vorgespannt, um die Messung sowohl einer Drehung als auch Stauchung zu ermöglichen. Die Vorspannung erfolgte auf der Matrizenseite mittels Spanndübel und auf der Stempelseite mittels Spannschraube. Als Sensoren wurden Dehnungssensoren auf piezoelektrischer Basis verwendet. Der Meßbereich der Sensoren umfaßt den Bereich von kleiner 1 N bis 1 kN.

Die Untersuchungen zeigten, daß ein Teilausbruch an einem Preßstempelsteg die Normalkraft nicht beeinflußt, jedoch am Stempel zu einem signifikanten Abfall des Sonsorsignals führt. Dies ist ein Beweis, daß auch bei der stempelseitigen Sensoranordnung Teilausbrüche an einem Preßstempelsteg erfaßt werden können.

Zusammenfassend kann gesagt werden, daß die Seitenkräfte auch dann eine Signalveränderung aufweisen, wenn ein größerer Teilabbruch am Preßstempel erfolgt (eine Steghälfte), während die Normalkraft dieses Ereignis nicht registriert. Geringere Ausbrüche am Stempel oder schleichender Stempelverschleiß, die zu einer Unterschreitung der Toleranz führen, beeinflussen weder die Seitenkräfte noch die Normalkraft.

Aus den Ergebnissen lassen sich folgende Aussagen ableiten:

der Teilausbruch eines Kombikreuzstempels kann erfaßt werden (sowohl stempel- als auch matrizenseitig)

Veränderungen der Matrize können anhand der stempelseitigen "Seitenkraftsignale" aufgezeigt werden, jedoch nicht vom Normalkraftsensor. Dies ist wichtig bei der Produktion von besonderen Qualitäten oder in Fließpreß- und/oder Reduzierprozessen zur Absicherung der Qualität.

Einstellhilfe ist möglich, aber nicht wirtschaftlich, weil stempelseitig zu lange Wartezeiten bis zur Meßwertkonstanz, matrizenseitig nur mäßige Sensibilität bei freier Umformung (seltener Einsatzfall) und keine Sensibilität bei geschlossener Umformung gegeben sind.

Geringfügige Teilausbrüche, die zu unbrauchbaren Produkten führen, werden nicht erkannt.

Der Nachweis einer möglichen Erfassung von Teilausbrüchen am Preßstempel zeigt, daß die Messung der Seitenkräfte eine Mehrmaschinenbedienung möglich macht. Dies führt unmittelbar zu einer besseren Wirtschaftlichkeit der Firmen. Eine mannlose Fertigung ist jedoch wegen der nicht eindeutigen Erfassung von geringen Ausbrüchen bei dem derzeitigen Stand nicht sinnvoll.

Der entwickelte Prototyp eines 4-Kanal-Überwachungsgeräts in Verbindung mit der matrizenseitigen und stempelseitigen Sensoranordnung wurde im Dauertest eingesetzt. Noch bestehende Schwachstellen, wie zum Beispiel die Verkabelung bei der stempelseitigen Sensor-Anordnung sind noch zu optimieren. Die am Projekt mitarbeitenden Schraubenhersteller sind an der Umsetzung der Projektergebnisse in die Praxis interessiert und werden die Prototypen für ihre Produktion anpassen. Die am Projekt beteiligten Hersteller von Prozeßkraftüberwachungsgeräten arbeiten an Verfahren zur sicheren Detektion geringer Veränderungen der Kraftverlaufscharakteristiken, um diese für die Messung der Seitenkräfte einzusetzen.

Forschungsstelle 1:
Institut für Umformtechnik der mittelständischen Wirtschaft GmbH - IFU
www.ifu-lued.de
 
Forschungsleiter 1:

Dr.-Ing. Horst Neubauer
(vorgelegt vom Wirtschaftverband Stahlumformung e.V., Hagen)

Das Forschungsvorhaben wurde gefördert von der Stiftung Stahlanwendungsforschung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V.

Bezugsquelle Schlussbericht:
bitte wenden Sie sich an die AVIF