A118 / P336

Ermittlung von Einsatz- und Entscheidungskriterien für eine effiziente Anwendung der Vielpunktziehtechnik im Serienbetrieb der Preßwerke


(A118 / P336 S 24/07/96)

Laufzeit der Forschungsarbeiten: 1. Dezember 1996 – 31. März 1999

Durch Vielpunktzieheinrichtungen in Preßwerken können die Ziehtiefen bei tiefgezogenen Bauteilen, insbesondere aus höherfesten Materialien, ausgeweitet sowie das Qualitätsniveau und die Produktivität verbessert werden. Ziel der vorliegenden Forschungsarbeit war der Nachweis der technologischen Vorteile  und die Erarbeitung verfahrensspezifischer Kenntnisse über Ersteinstellungen und Parametereinflüsse. Die Untersuchungsergebnisse sollten Entscheidungskriterien für die Einführung und industrielle Durchsetzung dieser Technik liefern.

Zur Darstellung der technologischen Zusammenhänge wurde ein Rechenprogramm für die realitätsnahe Finite-Elemente-Prozeßsimulation erarbeitet. Als Besonderheit daran ist die elastische Modellierung des Niederhalters hervorzuheben. Sie erlaubt eine Abbildung der Verformung unter Krafteinwirkung während des Blecheinlaufs. Auf einer hydraulischen Presse mit 16-Punkt-Ziehanlagen wurden entsprechende Praxisversuche durchgeführt. Hierzu gehörten das konventionelle Tiefziehen ohne und mit elastischer Niederhalterplatte sowie das Vielpunktziehen mit der elastischen Niederhalterplatte. Als Vergleichskriterien wurden Blechdickenverteilung, Flanscheinzug, Kontaktbedinungen und Niederhalterverformungen im Prozeß verfolgt und quantitativ bewertet. Versuchsmaterialien waren der weiche Tiefziehstahl DC 04 als Referenz-Werkstoff sowie ZStE 220i und H340 als isotrope bzw. höherfeste Stahlsorten.

Mit den Untersuchungen konnte in Simulation und Praxis nachgewiesen werden, daß bei Einsatz der Vielpunktziehtechnik eine Erhöhung der Prozeßsicherheit und gleichzeitig eine Ausweitung der technologischen Grenzen möglich ist. Als Ursache für Versagensfälle erwiesen sich ungünstige Verteilungen der tatsächlich vorherrschenden lokalen Flächenpressungen zwischen Niederhalter, Blech und Matrize. Es zeigte sich, daß für ein funktionsfähiges Vielpunktziehsystem und technologisch optimale Ergebnisse der Einsatz eines elastischen Niederhalters Voraussetzung ist. Für verschiedene Einsatzfälle werden Hinweise zur effektiven Ersteinstellung der Pinolenkräfte mit Hilfe der FEM-Simulation gegeben.

Als Ergebnis des Projektes können folgende Schlußfolgerungen gezogen werden:

1. Eine Verschiebung der technologischen Grenzen durch Vielpunktziehen ist insbesondere bei nichtrotationssymmetrischen Werkstücken bezüglich der Versagensgrenze "Reißer" nachgewiesen worden.

2. Das Vielpunktziehen erschließt damit vorhandene Umformpotentiale und erhöht die Prozeßsicherheit.

3. Diese Effekte sind auf die Verarbeitung von höherfesten Stahlwerkstoffen übertragbar und erschließen neue Möglichkeiten hinsichtlich der Verwendbarkeit in Leichtbaukonstruktionen.

4. Bereits der Einsatz elastischer Niederhaltersysteme in konventionellen Zieheinrichtungen bringt die oben genannten technologischen Vorteile.

5. Nur der Einsatz elastischer Niederhaltersysteme garantiert maximale Wirksamkeit von Vielpunktzieheinrichtungen.

6. Durch Vielpunktzieheinrichtungen kann der Einarbeitungsaufwand an Werkzeugen minimiert bzw. eliminiert werden.

7. Das System Vielpunktzieheinrichtung reagiert flexibler auf Prozeßschwankungen, da die Einzelpinolen ausgleichend als hydraulische Federn wirken.

8. Die derzeit gültigen Flächenpressung-Berechnungsmethoden sind ungenügend und spiegeln nicht die tatsächlichen Werte wider, was zu erheblichem Einstellaufwand in der Erprobungsphase führt.

9. Die FEM-Simulation ist als Planungsinstrument für die Ersteinstellung von Vielpunktziehsystem geeignet, wenn Werkzeugelastizitäten berücksichtigt werden und ein sehr feines Vernetzungsmodell vorliegt.

10. Mit Hilfe der erarbeiteten Anwenderrichtlinie ist für Blechformteile mit quadratischer, rechteckiger u.ä. Kontur eine schnelle, erfolgreiche Voreinstellung der Pinolen bezüglich der Anzahl, Anordnung und Kraftdimensionierung möglich.

Forschungsstelle 1:
Fraunhofer Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik (IWU)
www.iwu.fraunhofer.de
 
Forschungsleiter 1:

Prof. Dr.-Ing. habil. Reimund Neugebauer
(vorgelegt vom Verband der Automobilindustrie e.V., Frankfurt für Forschungsvereinigung Automobiltechnik FAT)

Das Forschungsvorhaben wurde gefördert von der Stiftung Stahlanwendungsforschung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V.

Bezugsquelle Schlussbericht:
bitte wenden Sie sich an die AVIF