A234

Fertigungs- und sicherheitstechnisch alternative Doppelhüllen-Konstruktionen im Tankerschiffbau


(A234 S 24/10107/2005)

Laufzeit der Forschungsarbeiten: 1. Januar 2006 - 30. Juni 2008

Doppelhüllen-Konstruktionen im Boden- und Seitenbereich von frachttragenden Seeschiffen zählen zu den kostenintensiven Baugruppen des Stahlschiffskörpers und gewährleisten insbe-sondere bei Tankschiffen einen hohen sicherheitstechnischen Standard. Das Ziel des Projektes bestand in der Entwicklung und Erprobung fertigungsgünstiger und gegen Kollision, Grundberührung und Eispressung sicherheitstechnisch verbesserter Doppelhüllen für Tankschiffe.

Zu seiner Realisierung wurden eine Reihe neuartiger konstruktiver Entwicklungen zur Bauweise von Doppelhüllen-Strukturen und deren Aussteifungsstrukturen durchgeführt sowie damit einhergehende fertigungstechnische und strukturmechanische Aspekte systematisch untersucht. Vorgeschlagen werden konstruktive Lösungen, welche die fertigungstechnischen und damit wirtschaftlichen Vorteile des Montageprinzips einer „Geteilten Bauweise“ (GBW) für Doppelhüllen mit neuartigen, nach sicherheitstechnischen Gesichtspunkten ausgelegten Aussteifungsstrukturen der Doppelhülle vereinen.

Die Grundidee der GBW beruht auf einer mittigen oder außermittigen Teilung der konventione-len Doppelhülle mittels einer zweckmäßig positionierten „Montageebene“ (Trennebene). Es entstehen zwei offene Teilsektionen, die separat unter günstigen Arbeitsbedingungen teilautomatisiert gefertigt werden können. Die anschließende Montage beider offener Teilsektionen erfolgt an der Montageebene. Dieser Montageablauf gestattet es, eine Reihe fertigungstechnischer Arbeitsoperationen aus geschlossenen, räumlich stark beengten Fächern der Doppelhülle in offene Strukturen (ausgesteifte Paneele) zu verlegen. Das Konzept der GBW in Kombination mit der Steckbauweise und einer versetzten Montageebene liefert darüber hinaus den Vorteil, dass nur ein geringer Eingriff in die konstruktive Grundstruktur erforderlich wird und sich ferner die Zahl der zusätzlichen durch die Teilung anfallenden Schweißnähte verringert. Die ferti-gungstechnischen Vorteile kommen insbesondere bei Doppelhüllen-Konstruktionen in Längsspanten-Bauweise zur Geltung, bei denen ein großes Verhältnis von Anzahl der Längsspanten zu Längsträgern vorliegt.

Die fertigungstechnische Erprobung des Konzepts der GBW erfolgte für einen Referenztanker der Lindenau Safety Class 2010 der im Projekt als Industriepartner kooperierenden Lindenau GmbH-Schiffswerft und Maschinenfabrik Kiel.
Mit dem Bau einer prototypischen Doppelbodensektion in GBW und in konventioneller Bauweise gelang durch Zeitmessungen der Arbeitsoperationen und –abläufe die Verifikation der theoretisch abgeschätzten fertigungstechnischen Aufwendungen für die GBW und der Nachweis ihrer fertigungstechnischen Vorteile gegenüber konventionellen Bauweisen. Die in diesem fertigungstechnischen Großversuch hergestellte Doppelbodensektion in GBW wurde auf Initiative des Industriepartners unmittelbar in einem seiner Neubauobjekte eingesetzt. Die Baugenehmigung seitens des Germanischen Lloyd konnte auf Grundlage der vorgenommenen strukturmechanischen Analysen kurzfristig erlangt werden.

Die Untersuchungen zu sicherheitstechnisch weiterentwickelten Aussteifungssystemen von Tankschiffen zielten  darauf ab, durch konstruktive Modifikationen konventioneller Aussteifungen der Außenschale der Doppelhülle alternative konstruktive Lösungen zu finden, die einerseits den Widerstand des Seitenverbandes eines Schiffskörpers gegen Seitenkollision und Eispressung signifikant anheben und andererseits sich fertigungstechnisch kompatibel in das Montageprinzip der GBW einbinden lassen.
Das Hauptmerkmal der entwickelten alternativen Aussteifungsstrukturen von Doppelhüllen, so genannte „Plattenverstärkte Profilstreifen“ (PVPS), liegt in einer Verstärkung konventioneller sekundärer Aussteifungen in Form von Quer- bzw. Längsspanten durch Abdeckungen mit ebenen oder alternativ mit zylindrisch gekrümmten Beplattungen. Sie wurden konzipiert unter Beachtung der Forderungen nach einem geringen Eingriff in die konstruktive Grundstruktur einer konventionellen Doppelhülle bei gleichzeitiger Gewährleistung von Inspektionen und Wartung der Aussteifungsstruktur.
Aus strukturmechanischer Sicht beruht die konstruktive Gestaltung der PVPS auf dem Prinzip, durch eine gezielt initiierte Formänderungs-Kinematik der Aussteifungsstruktur in Wechselwirkung mit der kollisionsspezifischen Materialumformung eine signifikante Steigerung des elastoplastischen Energieaufnahmevermögens der Doppelhülle zu erreichen, mit dem Ziel einer forcierten Dissipation der kinematischen Energie des Kollisionsgegners.
Strukturmechanische Parameterstudien für unterschiedliche Kollisionsszenarien und verschiedene konstruktive Ausführungen belegen die effiziente Tragwirkung der PVPS. Sie weisen sowohl unter Kollisionsbedingungen und ebenso unter den Extrembedingungen einer Eispressung ein signifikant verbessertes Grenztragverhalten auf, verglichen mit derzeit praktizierten Ausstei-ungssystemen. Gemessen an dem Gewinn verbesserter Grenztrageigenschaften ist der auf die Gesamtmasse des Stahlschiffskörpers bezogene zusätzliche Materialeinsatz von untergeordneter Größenordnung.
Dieses mit direktem Bezug auf Tankschiffe entwickelte und strukturmechanisch im Grundsatz verifizierte PVPS-Konzept ist auf See- und Binnenschiffe anwendbar, somit auch auf solche frachttragende Seeschiffe, wie Container- und Massengutschiffe, Schiffe für eisführende Einsatzgebiete, aber auch auf Schiffe für Offshore-Anwendungen, beispielsweise Versorgungs- und Bohrschiffe. Darüber hinaus wird ein Potenzial für spezifische Anwendungen im Marineschiffbau und im Stahlbrückenbau gesehen.

Das im Rahmen des Projektes entwickelte – auch aus internationaler Sicht – neuartige Ausstei-fungsprinzip ist ein Beitrag zum Schutz der maritimen Umwelt durch sicherheitstechnisch verbesserte seegebundene Transportmittel.

Forschungsstelle 1:
Fakultät für Maschinenbau und Schiffstechnik der Uni Rostock - Lehrstuhl Fertigungstechnik (IfF)
www.hro.ipa.fraunhofer.de/fhg/agp_iff
 
Forschungsleiter 1:
Prof. Dr.-Ing. Udo Röhr (vorgelegt vom Verband für Schiffbau und Meerestechnik e.V. (VSM) für Center of Maritime Technologies e.V. (CMT))

Das Forschungsvorhaben wurde gefördert von der Stiftung Stahlanwendungsforschung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V.

Bezugsquelle Schlussbericht:
bitte wenden Sie sich an die AVIF