A173

Charakterisierung und Bewertung der Tragfähigkeit punktgeschweißter Stahlblechverbindungen unter Crashbelastung mit Hilfe von erweiterten Schädigungsmodellen

(A173 S 24/10055/2003)

Laufzeit der Forschungsarbeiten: 1. September 2003 - 31. August 2005

In crashrelevanten Strukturen wie Fahrzeugkarosserien werden vielfach punktgeschweißte Verbindungen eingesetzt, die bei Missbrauchsbelastung wie Crash häufig als Schwachstellen identifiziert werden. Um in der virtuellen Entwicklung, also bereits vor der Fertigung und Prüfung von Prototypen, eine belastbare Aussage über die Crashfestigkeit von punktgeschweißten Strukturen treffen zu können, ist ein verlässliches Simulationstool zur Vorausberechnung des Versagens von Punktschweißverbindungen unter Crashbelastung unumgänglich.

Ziel des Projektes war die Entwicklung und Verifizierung einer Methode zur Berechnung des Versagens von Schweißpunkten mit Ersatzelementen für die Crashsimulation und einer Vorge-hensweise zur Bestimmung der benötigten Parameter. Weiterhin gehörte zur Zielsetzung die rechnerische Vorhersage der Tragfähigkeit punktgeschweißter Stahlblechverbindungen unter Crashbelastung am Beispiel dreier unterschiedlicher Werkstoffpaarungen mit Einsatz von Schädigungsmodellierung.

Zu Beginn des Projekts wurden die Ausgangszustände der drei Punktschweißverbindungen durch Gefügeuntersuchungen und Härtemessungen charakterisiert. Der Einfluss von unter-schiedlichen Schweißparametern auf die Geometrie des Schweißpunkts und in Probenversu-chen auf die Tragfähigkeit und die Versagensmechanismen wurde untersucht.

Es wurden einfache Scher- und Schälzugversuche an den punktgeschweißten Proben mit loka-ler Wegmessung unter quasi-statischer und schlagartiger Belastung durchgeführt. Die Bruchflä-chen der geprüften Proben wurden untersucht, um die bruchauslösenden Stellen der Verbin-dungen und die Versagensmechanismen zu bestimmen.

Für die Schädigungssimulationen wurden detaillierte FE-Modelle der Schweißpunktproben an-gefertigt. Hier wurden zonenspezifische Werkstoffeigenschaften (Spannungs-Dehnungskurven für Schweißgut, Wärmeeinflusszone und Grundwerkstoff) benötigt, zu deren Bestimmung unter anderem die Schweißsimulationsanlage Gleeble 2000 eingesetzt wurde. Aus wärmebehandel-ten Blechstreifen mit Gefügezustände wie sie im Schweißpunkt vorliegen, wurden Proben für eine detaillierte Werkstoffcharakterisierung unter statischer und schlagartiger Belastung ent-nommen. Als alternative und weniger aufwändige Verfahren zur Abschätzung der zonenspezifi-schen Spannungs-Dehnungskurven wurden registrierende Mikroeindruckversuche und an-schließende inverse Simulation erfolgreich eingesetzt.

Das mikromechanische Schädigungsmodell nach Gurson wurde zur Modellierung des Verfor-mungs- und Versagensverhaltens von Punktschweißverbindungen erfolgreich eingesetzt. Die Tragfähigkeit konnte bei allen drei Verbindungen und bei den zwei untersuchten Belastungsge-schwindigkeiten mit guter, teilweise sehr guter Übereinstimmung berechnet werden. Mit dem hier entwickelten Verfahren, das auf Schädigungssimulationen und einfachen Versuchen be-ruht, kann die Tragfähigkeit von Punktschweißverbindungen unter verschiedensten Belastungs-situationen mit ausreichender Genauigkeit vorausberechnet werden und stellt eine Möglichkeit zur Reduzierung des Versuchsumfangs zur Charakterisierung von Punktschweißverbindung dar. Somit wurde eines der wichtigen Ziele dieses Projekts erreicht.

Da in Berechnungen ganzer Fahrzeugstrukturen, die mehrere tausend Schweißpunkte enthal-ten, keine detaillierten Modelle, die aus mehreren tausend Finiten-Elementen pro Schweißpunkt bestehen, eingesetzt werden können, müssen Ersatzelemente (ein Element pro Schweißpunkt) verwendet werden, die mit geringerem numerischem Aufwand das Schweißpunktversagen vor-ausberechnen. Es wurden eine Ersatzmodellierung mit einem Volumenelement pro Schweiß-punkt und ein Versagenskriterium, basierend auf einer Kombination von kritischen Kräften und Momenten, entwickelt. Dafür wurde eine dreistufige Vorgehensweise zur Bestimmung der Versagensparameter (kritische Scherkraft, Normalkraft und Biegemoment) für das Schweiß-punktersatzelement durch Simulation von drei einfachen Versuchstypen aufgestellt. Diese Vor-gehensweise und das Versagenskriterium sind prinzipiell auch auf andere Formen von Ersatz-elementen (z.B. Balkenelemente) übertragbar.

Zur Verifikation des entwickelten Ersatzmodells für Punktschweißverbindungen wurden Versu-che an punktgeschweißten Bauteilen (T-Stoßproben) unter zwei verschiedenen Belastungen durchgeführt. Das Versagen der Schweißpunkte konnte mit Hilfe von Videoaufnahmen den ge-messenen Lastabfällen der Kraft-Wegkurven zugeordnet werden. Erste Simulationen der Bauteilversuche mit dem entwickelten Schweißpunktersatzmodell ergaben für beide Belastungsarten eine deutliche Überschätzung der Tragfähigkeit. Durch Untersuchung der Schweißpunkte der geprüften Bauteile wurde festgestellt, dass die Schweißpunktquerschnittsflächen hier um 30 % kleiner waren, als die der Proben, die zur Bestimmung der Versagensparameter verwendet wurden. Somit war der Grund für die Überschätzung der Tragfähigkeit in der Berechnung identifiziert. Daraufhin wurden für eine Werkstoffvariante Bauteile mit geänderten Schweißparametern hergestellt und damit eine zweite Versuchsserie durchgeführt. Auf Anhieb wurde eine ex-zellente Übereinstimung der berechneten Tragfähigkeiten mit den neuen Versuchsergebnissen erzielt. Auch die beobachtete Reihenfolge des Schweißpunktversagens wurde in der Simulation korrekt wiedergegeben. In weiteren Simulationen, in denen auf die Schweißpunktquerschnittsfläche skalierte Versagensparameter verwendet wurden, konnten auch gute Übereinstimmungen mit den Versuchen der ersten Versuchsserie erzielt werden. Das in diesem Projekt entwickelte Ersatzmodell wurde somit für den Einsatz erfolgreich verifiziert und steht den Anwendern zur Verfügung.

Abschließend sollte nochmals darauf hingewiesen werden, dass die Schweißpunktqualität, die stark vom Schweißprozess, von den verwendeten Schweißparametern und der Geometrie der Fügeteile abhängig ist, das Versagen und somit die Tragfähigkeit von Punktschweißverbindungen entscheidend beeinflusst. Beim Einsatz von Versagensmodellierung für Punktschweißverbindungen sollte besonderes Augenmerk auf die Reproduzierbarkeit der Schweißpunkteigenschaften gelegt werden.

Derzeit werden im Rahmen der Gemeinschaftsforschung weitere Untersuchungen zu dieser Thematik durchgeführt, in die die Ergebnisse des abgeschlossenen Vorhabens einfließen.

Forschungsstelle 1:
Fraunhofer Institut für Werkstoffmechanik (IWM)
www.iwm.fhg.de
 
Forschungsleiter 1:

Prof. Dr. E. Sommer (vorgelegt vom Verband der Automobilindustrie e.V. (VDA) für Forschungsvereinigung Automobiltechnik e.V. (FAT))

Das Forschungsvorhaben wurde gefördert von der Stiftung Stahlanwendungsforschung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V.

Bezugsquelle Schlussbericht:
bitte wenden Sie sich an die AVIF