A137

Auslegung von Blechen mit Sicken


(A137 S 24/08/1998)

Laufzeit der Forschungsarbeiten: 1. Januar 1999 – 30. Juni 2001

Durch vorangegangene FAT-Forschungsvorhaben zur Sickengestaltung wurden die Grundlagen für das Projekt Sickenatlas geschaffen.  In diesen Projekten wurde maßgeblich am Beispiel einer Einzelsicke der Einfluss verschiedener Sickenparameter bzw. der Sickengestaltung auf die Festigkeit, Steifigkeit und Lebensdauer von Sickenblechen untersucht. Als Weiterführung dieser Untersuchungen wurden im FAT-Forschungsvorhaben „Sickenatlas“ die Steifigkeit und die Eigenfrequenz optimierter, komplexer Sickenbilder untersucht.
Als Sickenbild wird die Anordnung von mehreren Sicken zu einer Sickengruppe bezeichnet. Der Begriff Sicke wird dabei für die Bezeichnung rinnen- bzw. grubenförmiger Erhöhungen bzw. Vertiefungen in ebenen und gewölbten Blechen verwendet.
Die Steifigkeiten von versickten Karosserieblechen und die auftretenden Spannungskonzentrationen bei Belastung werden hauptsächlich durch die Geometrie der einzelnen Sicken und ihre Anordnung bestimmt. Die Formgebung und die Anordnung von Sicken bzw. Sickenbildern in Karosserieblechen beruhen bis heute zum Großteil auf Erfahrungswerten oder auf Vorgaben durch konventionelle Sickenbilder.
Im Rahmen des vorliegenden Forschungsvorhabens wurden neue steifigkeitsoptimierte Sickenbilder entwickelt. Im Vergleich zu konventionellen Sickenbildern aus der Literatur weisen die neuen Sickenbilder deutlich höhere Bodensteifigkeiten und Eigenfrequenzen auf. Die Bewertung der Eigenschaften wurde auf Basis vereinfachter Lastfälle wie der mittigen Lasteinleitung durchgeführt.
Die neuen Sickenbilder besitzen ein teilweise sehr differenziertes Sickenbild, wobei die Sickenbreiten oft variabel sind. Für die Gestaltung des Sickenbildlayouts wurde das Programm Optistruct eingesetzt. Die Sickenbildoptimierung an ebenen Blechen zeigte dabei eine sehr hohe Sensitivität auf verschiedene Randbedingungen bzw. Modelldefinitionen. Durch die Umsetzung der Ergebnisse in herstellbare Sickenkonturen geht ein deutlicher Anteil des optimierten Potentials verloren. Die auf diese Weise erzeugten Sickenbilder weisen dennoch deutlich gesteigerte Eigenschaften auf.
Da verschiedene neue Bleche mit sehr unterschiedlichen Sickenbildern ähnlich gute Eigenschaften aufweisen, ist eine allgemeingültige eindeutige Richtlinie für die Gestaltung steifigkeitsoptimierter Sickenbleche in ebenen Blechen schwierig. Die Auswahl eines für einen bestimmten Lastfall geeigneten Sickenbildes ist dabei immer von den Parametern Sickenhöhe und Blechdicke abhängig. Je nach Kombination dieser Parameter können mit jeweils unterschiedlichen Sickenbildern die besten Eigenschaften erreicht werden. Dies hat der Vergleich der Eigenschaften verschiedener Sickenbilder mit gleichen Blechdickenn gezeigt.
Ein steifigkeitsoptimiertes Sickenbild für mittig belastete Bleche bzw. für eine erhöhte Eigenfrequenz kann jedoch durch eine schmale kreisförmige Sicke in der Blechmitte, verbunden mit an den Längsseiten auslaufenden breiten Sicken, erreicht werden. Ein hoher Anteile der versickten Fläche, bezogen auf die Grundfläche, trägt hier zu besseren Bodensteifigkeiten bei, er führt jedoch zu verringerten Schubsteifigkeiten.
Bei quadratischen Sickenblechen konnten durch ein kreuzförmiges Sickenbild, bei dem die Höhe der Sicken von der Mitte des Bleches flach zu den Seiten abfällt, sehr gute Eigenschaften erreicht werden. Die Beulsicherheit bei diesem Sickenbild ist jedoch gering, wodurch die Anwendbarkeit eingeschränkt wird.
Bei der Ermittlung der Bodensteifigkeit der Bleche zeigten sich deutliche Unterschiede in Abhängigkeit von der Orientierung der Sicken. Durch die Durchbiegung der Sickenbleche verändert sich die Schwerpunktlage und damit das Flächenträgheitsmoment des Bleches. In Abhängigkeit vom Sickenbild, der Sickenhöhe und der maximalen Durchbiegung ergeben sich dadurch Änderungen des Flächenträgheitsmomentes. Der Wert der Änderung ist dabei von der Belastungsrichtung abhängig.
Bei der Berechnung der Bodensteifigkeit wurde in Abhängigkeit von der Steifigkeit der Einspannung eine Aufweitung der Sickenflanken festgestellt. Bei relativ steifen Einspannungen ergaben sich für bestimmte Sickenbilder bei geringen Blechdicken und geringen Sickenhöhen Bodensteifigkeiten, die unter den Werten des unversickten Bleches lagen. Mit steigender Sickenhöhe und größeren Blechdicken wurden diese Effekte jedoch kompensiert.
Die Aufweitung der Sicken erfolgt auch bei der Schubbeanspruchung der Sickenbleche. Dies ist vor allem bei Sickenbildern der Fall, die mehrere diagonal verlaufende, senkrecht zur Richtung der positiven Schubspannung orientierte Längssicken besitzen. Die untersuchten konventionellen Sickenbleche wiesen in der Regel vergleichsweise bessere Schubsteifigkeiten auf. Dies ist teilweise auf den flächenbezogenen geringen Sickenanteil und den damit verbundenen großen Flächenanteil von Schubfeldern in der Krafteinleitungsebene zurückzuführen.
Die rechnerisch ermittelten Eigenschaften der Sickenbilder wurden in Abhängigkeit von der Blechdicke und der Sickenhöhe dargestellt. Bei der Anwendung eines dieser Sickenbilder können die erforderlichen Parameter Sickenhöhe und Blechdicke entsprechend der gewünschten Eigenschaft (z. B. erste Eigenfrequenz) entnommen werden. Bei einer Änderungen der beiden Parameter kann zudem die Auswirkung auf die berechneten Eigenschaften abgelesen werden. Beim Vergleich der Schaubilder verschiedener Sickenbleche wird zudem deutlich, ob sich die Blecheigenschaften degressiv, linear oder progressiv mit der Erhöhung des Parameters verändern. Das Änderungsverhalten hängt dabei vom Parameterbereich ab.
Um die Anwendbarkeit der optimierten Sickenbilder zu überprüfen, wurde ein neues Sickenbild auf die Abmessungen des untersuchten Serienbleches übertragen. Das neue Sickenbild weist dabei eine deutlich bessere Bodensteifigkeit und eine deutlich höhere erste Eigenfrequenz auf. Die Schubsteifigkeit des neuen Sickenbildes war jedoch um ca. 17 % geringer. Durch die Reduzierung der Blechdicke konnte bei einer zum Serienblech vergleichsweise immer noch besseren Bodensteifigkeit und höheren ersten Eigenfrequenz das Gewicht deutlich reduziert werden.

Forschungsstelle 1:
Institut für Kraftfahrwesen (ika) der RWTH Aachen
www.ika.rwth-aachen.de

Forschungsleiter 1:
Prof. Dr.-Ing. H. Wallentowitz
(vorgelegt vom Verband der Automobilindustrie e.V. VDA für FAT, Frankfurt)

Das Forschungsvorhaben wurde gefördert von der Stiftung Stahlanwendungsforschung im Stifterverband der Deutschen Wissenschaft e.V.

Bezugsquelle Schlussbericht:
bitte wenden Sie sich an die AVIF