A220

Zahnfußbruch mit Rissbeginn unterhalb der Oberfläche an einsatzgehärteten Zahnrädern

(A220 S 24/10075/2003))

Laufzeit der Forschungsarbeiten: 1. April 2004 - 31. März 2007

Die Zahnfußtragfähigkeit stellt ein maßgebendes Kriterium bei der Auslegung von Zahnrad-getrieben dar. Für eine sichere Dimensionierung von Zahnrädern sind entsprechend zuverlässig abgesicherte Festigkeitskennwerte erforderlich. Nach vorliegendem Stand des Wissens wird hinsichtlich der Zahnfußtragfähigkeit von einem Schadensausgang an der Oberfläche ausgegangen. Im Rahmen mehrerer aktueller Forschungsvorhaben und Untersuchungen zur Zahnfußtragfähigkeit wurden jedoch im Bereich der Dauerfestigkeit vermehrt Zahnfußbrüche festgestellt, die bei relativ hohen Lastspielzahlen bis in den Bereich üblicher Grenzlastspielzahlen von 3...6 · 10 6, zum Teil auch darüber hinaus auftraten, dabei stets von einer Ungänze im Werkstoffgefüge unterhalb der Oberfläche ausgehen und das Bruchbild des „Fisheyes“ zeigen.

Die Zielsetzung dieses Vorhabens war daher die Ermittlung des Einflusses von späten Brüchen mit Rissausgang unterhalb der Oberfläche auf die Zahnfußdauerfestigkeit und die Ermittlung der entsprechenden Haupteinflussgrößen auf die Entstehung von Brüchen mit Rissausgang unter der Oberfläche an einsatzgehärteten Zahnrädern.

Hierzu wurden theoretische und experimentelle Untersuchungen an einsatzgehärteten Zahnrädern unter Einbeziehung werkstoff-  und bruchmechanischer Zusammenhänge durchgeführt. Ausgangsbasis der geplanten Untersuchungen waren neben den bereits vorliegenden Versuchsergebnissen aus anderen Forschungsvorhaben zur Untersuchung der Zahnfußtragfähigkeit bis in den Bereich höherer, aber anwendungsnaher Lastspielzahlen an Prüfrädern aus modernen Zahnradwerkstoffen.

Im Rahmen der experimentellen Untersuchungen dieses Vorhabens zeigte sich, dass der Eigenspannungszustand und der Reinheitsgrad bzw. das Vorhandensein von Ungänzen von kritischer Größe im Material in Verbindung mit der Lastspannung einen maßgebenden Einfluss auf die Entstehung von Brüchen mit Rissausgang unter der Oberfläche haben. Brüche mit Rissausgang unter der Oberfläche konnten im Bereich hoher Lastspielzahlen (N > 1 · 106) bei Varianten mit Druckeigenspannungsmaxima von

• -   < 400 N/mm²•(typisch ungestrahlt) nicht,
•  -       400...900 N/mm²  (typisch reinigungsgestrahlt) vereinzelt
• -   > 900 N/mm² (typisch kugelgestrahlt) fast ausschließlich

beobachtet werden.
Dies zeigt den gravierenden Einfluss des Eigenspannungstiefenverlaufes auf diese Schadensart. Brüche mit Rissausgang unter der Oberfläche traten bei allen geprüften

• Werkstoffen (16MnCr5 / 20MnCr5 / 18CrNiMo7-6)
• Baugrößen (mn = 3 mm / mn = 5 mm / mn = 8 mm)
• Verformungsgraden (V = 3 / V = 8)
• Vergießungsarten (Block- / Strangguss)
• Gefügezuständen (WBH-A / WBH-B) und
• Arten der Einsatzhärtung (direkt- / einfachhärtung / nach isothermer Umwandlung)

an Prüfrädern mit Druckeigenspannungen > 900 N/mm² auf, so dass kein direkter Einfluss dieser Prüfradeigenschaften auf das Auftreten von Brüchen mit Rissausgang unter der Oberfläche festgestellt werden konnte. Eine Ausnahme stellt lediglich eine Variante mit sehr hohem Reinheitsgrad dar. Diese wies im Versuch die höchste Zahnfußdauerfestigkeit auf. Trotz hoher Druckeigenspannungen nach der Kugelstrahlbehandlung traten bei dieser Variante keine Brüche mit Rissausgang unter der Oberfläche auf und die Festigkeitssteigerung durch das Kugelstrahlen blieb somit voll nutzbar.

Je niedriger der Reinheitsgrad, desto  mehr und größere Ungänzen befinden sich im Material. Größere Ungänzen senken die kritische Spannung, welche beim Überschreiten zu einem inneren Bruch führen kann. Dies wurde dadurch deutlich, dass die untersuchte Variante mit dem höchsten Reinheitsgrad auch im kugelgestrahlten Zustand keine Brüche mit Rissausgang unter der Oberfläche aufwies und die Variante mit dem geringsten Reinheitsgrad als eine der wenigen Varianten auch im reinigungsgestrahlten Zustand Brüche mit Rissausgang unter der Oberfläche zeigte.

Je größer die Baugröße, desto flacher ist der Lastspannungsabfall über der Werkstofftiefe und desto höher ist die Lastspannung in vergleichbaren Werkstofftiefen. Dies führt zu einem leichteren Überschreiten der, für innere Brüche kritische, Lastspannung in der Tiefe. Daher traten Brüche mit Rissausgang unter der Oberfläche öfter an den reinigungsgestrahlten Varianten der größten (im Gegensatz zu den kleineren), hier untersuchten Baugrößen auf.

Die Versuchsergebnisse zeigen insgesamt keinen bzw. keinen nennenswerten Abfall der Zahnfußfestigkeit bei Grenzlastspielzahlen von 100 Mio. gegenüber der Zahnfußfestigkeit nach Standardauswerteverfahren im ungestrahlten Zustand und bei für das Reinigungsstrahlen üblichen Druckeigenspannungen = 900 N/mm². Demnach behält die Angabe nach DIN 3990 auch bei Grenzlastspielzahlen bis 100 Mio. ihre Gültigkeit. Bei Druckeigenspannungen größer 900 N/mm² ist bei Grenzlastspielzahlen von 100 Mio. Lastwechseln in der Regel ein Abfall der Zahnfußfestigkeit gegenüber der Zahnfußfestigkeit nach Standardauswerteverfahren erkennbar. Dennoch bleibt bei Grenzlastspielzahlen von 100 Mio. ein Festigkeitsgewinn von ca. 10% gegenüber den Varianten mit Druckeigenspannungen von 400 – 900 N/mm² (reinigungsgestrahlt) erhalten. Letzteres entspricht der ISO 6336-5, die für Zahnräder der Qualität MQ eine Steigerung der Zahnfußdauerfestigkeit von 10 % durch Festigkeitsstrahlen im Vergleich zum Reinigungsstrahlen ausweist. Zur genauen Bestimmung der Zahnfußfestigkeit muss jedoch ggf. das Prüfverfahren angepasst werden. Ob durch den Abfall der Zahnfußfestigkeit bei hohen Druckeigenspannungen eine ‚Stepwise S-N-Curve’ entsteht oder ob ein kontinuierlicher Abfall vorliegt, kann aufgrund des geringen Abfalls und der relativ geringen Versuchsbelegung nicht mit Sicherheit gesagt werden. Die Ergebnisse verschiedener Varianten weisen jedoch darauf hin. Die Bruchflächen der späten Brüche mit Rissausgang unter der Oberfläche aller Varianten wurden jeweils mit dem Raster-Elektronen-Mikroskop und mit Hilfe der Röntgenemissionsspektroskopie (EDX) analysiert. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass Ungänzen verschiedener Beschaffenheit (Oxide und Sulfide) im Risszentrum detektiert wurden. Der Durchmesser der identifizierten Ungänzen im Risszentrum normal zur Oberfläche des Zahnes lag im Bereich von 0,02…0,12 mm. Die mittlere Tiefenlage des Rissausgangs korrelierte bei den Prüfrädern, welche dem Stand der Technik entsprachen, stets gut mit der Tiefenlage des Einflusses der Druckeigenspannung infolge der Strahlbehandlung, d.h. der Rissausgang lag oberflächennah innerhalb der aufgekohlten Randschicht. Lediglich vereinzelte Varianten, welche nicht dem Stand der Technik entsprachen, und eine sehr unreine Variante bilden hier eine Ausnahme. Die Rissausgänge dieser Varianten lagen tiefer im Material als der Einfluss der Druckeigenspannungen infolge der Strahlbehandlung. Bei allen Varianten lagen die Rissausgänge jedoch stets in größeren Tiefen, als das entsprechende Druckeigenspannungsmaximum.
Die Ergebnisse wurden zum Einen in die vereinfachte Rechenmethode nach DIN 3990 / ISO 6336 eingeordnet, wobei diese ihre Gültigkeit behält. Zum Anderen wurde ein erweitertes Modell zur Berechnung der Zahnfußtragfähigkeit, basierend auf dem Konzept der örtlichen Dauerfestigkeit erstellt, welches sowohl den Schadensmechanismus von Brüchen mit Rissausgang an als auch unter der Oberfläche berücksichtigt. Das erstellte Modell zeigte eine gute Übereinstimmung mit den experimentellen Ergebnissen, welche im Rahmen dieses Vorhabens durchgeführt wurden.

Forschungsstelle 1:
Lehrstuhl für Maschinenelemente Forschungungsstelle für Zahnräder und Getriebebau (FZG), Lehrstuhl für Maschinenelemente der TU München
www.fzg.mw.tum.de
 
Forschungsleiter 1:

Prof. Dr.-Ing. B.-R. Höhn
  (vorgelegt vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA) für Forschungsvereinigung Antriebstechnik e.V. (FVA))

Das Forschungsvorhaben wurde gefördert von der Stiftung Stahlanwendungsforschung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft

Bezugsquelle Schlussbericht:
bitte wenden Sie sich an die AVIF