A184

Werkstoffkundliche und tribologische Optimierung von Schneidkämmen für hochwertige Zucht- und Schlachttiere


(A184 S 24/10037/2002)

Laufzeit der Forschungsarbeiten: 1. Juli 2002 - 30. Juni 2005

Scherkämme unterliegen während ihres Einsatzes einem hohem Verschleiß. Dies gilt insbe-sondere bei Tieren aus der Freilandhaltung. Die Lebensdauer von Scherkämmen wird im wesentlichen von drei Parametern bestimmt: dem verwendeten Scherkammmaterial, der Geometrie der Schneidkante und dem Verschmutzungsgrad der Tierfelle.

Ziel des Forschungsprojektes war es, Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensdauer von Scherkämmen zu erarbeiten. Dabei wurden neben verschiedene Wärmebehandlungen auch alternative Stähle und Verschleißschutzschichten erprobt.

Zunächst wurde der Verschleißmechanismus analysiert und daraus Anforderungen an das Scherkammmaterial definiert. Materialien und Materialkombinationen wurden entsprechend ausgewählt und im Labor getestet. Aus den aussichtsreichsten Werkstoffen wurden Scherkämme hergestellt und in praxisnahen Versuchen getestet.

Die tribologische Analyse zeigte, dass der Verlust der Schneidwirkung von Scherkämmen nicht durch den Verschleiß der Kontaktflächen, sondern vielmehr durch die Abnutzung der Schneid-kante und des hervorstehenden Grates verursacht wird. Der überstehende Grat ist für die Schneidhaltigkeit der unbeschichteten Kämme von großer Bedeutung, denn er wirkt wie eine Art Vorkante und verlängert somit die Lebensdauer.

Die Verschleißuntersuchungen zeigten zwei viel versprechende und wirtschaftlich sinnvolle Alternativen auf:
- die Verwendung eines verschleißbeständigeren Werkstoffs wie z.B. X100CrMoV5-1
            oder X155CrVMo12-1,
- den Einsatz von Verschleißschutzschichten wie z.B. TiAlN.

Die untersuchten Varianten brachten bei den praxisnahen Versuchen eine deutliche Verbesserung der Schneidhaltigkeit und der Lebensdauer hervor.
Die Variante mit dem Stahlwerkstoff X100CrMoV5-1 bietet eine Verdreifachung der Lebensdauer bei mäßiger Material- und Fertigungskostenerhöhung. Bei der Verwendung von X100CrMoV5-1 wurde das Kosten / Leistungsverhältnis von 1,00 auf 0,39 gesenkt. Dieser Lösungsansatz ist deshalb interessant, weil das Nachschleifen der Kontaktflächen bzw. das Nachschärfen der Kämme auf gewohnter Weise beibehalten werden kann.
Die Beschichtung von Scherkämmen mit TiAlN führte zu einer deutlichen Leistungssteigerung mit bis zu 4-fach höherer Lebensdauer. Trotz höherer Fertigungskosten weist diese Alternative eine höhere Wirtschaftlichkeit als herkömmliche Scherkämme auf. Die Beschichtung mit TiAlN führte zu einer Verbesserung des Kosten / Leistungsverhältnis von 1,00 bei herkömmlichen Kämmen auf 0,42.
Für beschichtete Scherkämme ist ein Umdenken bei der Herstellung erforderlich. Der an der Schneidkante vorhandene Grat wirkt sich positiv auf die Lebensdauer von unbeschichteten Scherkämmen aus. Bei beschichteten Kämmen wirkt sich der Grat jedoch negativ aus. Die Kanten- und Graterwärmung während des Beschichtungsprozesses führt bei Kämmen aus niedriglegiertem Stahl zur Erweichung des Materials und Festigkeitsabnahme des Grates und des Kantenbereichs. Die Konsequenz ist das frühzeitige Versagen der Scherkämme im Einsatz durch Ausbrüche der erweichten Kante. Der Grat muss deshalb vor dem Beschichten entfernt werden. Bei dem im Forschungsvorhaben verwendeten Entgratverfahren musste eine Verände-rung der Kantengeometrie hingenommen werden (z.B. Kantenverrundung). In der Industrie wird deshalb die Verwendung eines schonenden Entgratverfahren verfolgt, um die Standzeit von beschichteten Scherkämmen weiter zu verbessern. Darüber hinaus besteht Forschungsbedarf zum Einfluss der Schichtdicke auf die Lebensdauer von beschichteten Scherkämmen.

In der Praxis würde jedoch das übliche Nachschleifen der Kontaktfläche von beschichteten Scherkämmen nach dem Einsatz (Nachschärfen) die gesamte Verschleißschutzschicht entfernen und lediglich einen Zustand wiederherstellen, der den herkömmlichen Kämmen entspricht. Eine weitere Verbesserung der Lebensdauer von beschichteten Scherkämmen durch Optimie-rung des Entgratverfahrens, der Schneidkantengeometrie und der Schichtdicke ist deshalb er-forderlich, damit beschichtete Scherkämme sich in der Praxis durchsetzen. Nur wenn die Beschichtung ein Nachschleifen quasi überflüssig macht, wird sich diese Lösung am Markt umset-zen lassen.
Aufgrund der positiven Forschungsergebnisse bereitet derzeit ein Projektpartner die Umstellung seiner Scherkammproduktion auf einen neuen Stahlwerkstoff vor. Der neue legierte Werkzeugstahl wird in Zukunft sowohl den 80CrV2 für Unterkämme als auch den 100CrV3 für Oberkäm-me ersetzen.
Durch die Untersuchungen wurde nachgewiesen, dass durch die Verbesserung der Schneidhal-tigkeit von Scherkämmen das Einsatzgebiet von Stählen gesichert und erweitert werden kann. Auf diesem Wege kann die mögliche Substitution mit Alternativwerkstoffen wie z.B. Keramiken verhindert werden. Die Forschungsarbeiten leisteten einen wichtigen Beitrag zur Förderung der Stahlanwendung in der mittelständischen Industrie. Die verlängerte Lebensdauer von Scher-kämmen sichert die Konkurrenzfähigkeit der heimischen Industrie durch Steigerung der Verschleißbeständigkeit der Scherkämme und Verbesserung des Kosten/Leistungsverhältnisses gegenüber Billigprodukten aus dem Ausland.

Forschungsstelle 1:
Forschungsgemeinschaft Werkzeuge und Werkstoffe e.V. (FGW)
www.fgw.de
 
Forschungsleiter 1:

Dr.-Ing. Gunther C. Stehr (vorgelegt vom Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung e.V. (WSM) für Fachverband Werkzeugindustrie e.V. (FWI))

Das Forschungsvorhaben wurde gefördert von der Stiftung Stahlanwendungsforschung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V.

Bezugsquelle Schlussbericht:
bitte wenden Sie sich an die AVIF

Internet:
www.fgw.de/berichte/avifa184.pdf