A168

Einfluss von Beschichtungen auf das Lauf- und Umformverhalten von Federstahldraht auf Federgewindeautomaten


(A168 S 24/10017/01)

Laufzeit der Forschungsarbeiten: 1. Januar 2002 - 31. März 2005

1.  Aufgabenstellung und Ziele
Das Forschungsprojekt verfolgte das Ziel, den Einfluss von Beschichtungen auf das Lauf- und Umformverhalten von Federstahldrähten auf Federwindeautomaten und deren Auswirkungen auf die Qualität der Federn umfassend zu untersuchen. Die auszuwählenden und zu untersuchenden Beschichtungen betrafen sowohl den Federstahldraht als auch die Windestifte an Federwindeautomaten. Durch die Beschichtungen des Federstahldrahtes während des Ziehprozesses sollen die tribologischen  Belastungen des Drahtes während des Ziehprozesses verringert und sein Gleitverhalten günstig beeinflusst werden. Die Beschichtung der Windestifte dient der Verbesserung der Fertigungsbedingungen und –ergebnisse beim Federwinden sowie der Verringerung des Verschleißes.
Aus den Untersuchungen waren Schlussfolgerungen für die Wahl geeigneter Beschichtungssysteme für patentiert gezogene Federstahldrähte und für Windestifte sowie für die Verarbeitungsparameter von Federstahldraht abzuleiten. Die Untersuchungen sollten im Einzelnen folgende wissenschaftlich-technische Ergebnisse liefern:
— Aussagen zu Gleit- und Oberflächeneigenschaften von Federstahldrähten bei Verwendung derzeit üblicher und neuartiger Draht- bzw. Werkzeugbeschichtungen auf die entstehenden Formmaße der Feder sowie die erreichbare Zieh- und Windegeschwindigkeit;
— Vorschläge für die Wahl zweckmäßiger Beschichtungssysteme für ausgewählte Draht-/ Werkzeug-Werkstoffpaarungen;
— Aussagen zur Auswirkung von Beschichtungen auf die dem Winden folgenden Arbeitsgänge und zur Umweltbelastung der Beschichtungssysteme im Fertigungsprozess;
— Schlussfolgerungen für die Herstellung von Federstahldrähten mit optimiertem Lauf- und Umformverhalten sowie für deren Verarbeitung auf Windeautomaten;
— Aussagen zu erreichbaren Fertigungstoleranzen für Schraubendruckfedern.
2. Vorgehensweise
Die Realisierung der Zielstellung bedingte die Vorbereitung, Durchführung und Auswertung umfangreicher Versuche zur Federstahldraht- und Federnherstellung sowie die Auswahl bzw. Entwicklung und die Anwendung dafür geeigneter Versuchmethoden und Versuchstechnik.
Ausgehend von den Ergebnissen aus drei Ziehversuchen zur Auswahl zweckmäßiger Ziehsteingeometrien, geeigneter Drahtziehmaschinen sowie Drahtbeschichtungssystemen (Phosphatierung, Ziehmittelträger, Ziehseife), wurden in einem vierten Ziehversuch Federstahldrähte für Industrieversuche zum Federwinden hergestellt. Dabei wurden das Beschichtungssystem und die Ziehgeschwindigkeit variiert.
Die gezogenen Probedrähte wurden umfangreichen Untersuchungen hinsichtlich der Gleichmäßigkeit ihrer Formmaße (freier Drahtumgang, axialer Versatz) sowie ihres Gleitverhaltens unterzogen. Hierzu kam ein eigens dafür entwickelter Durchlaufprüfstand zur Reibwertmessung zwischen Draht und Windestift und zur Prüfung der Gleichmäßigkeit der Drahtformmaße zum Einsatz. Die Auswahl geeigneter Drahtbeschichtungssysteme wurde durch umfangreiche Tribometerversuche unterstützt.
Die Windestifte wurden im unbeschichteten Zustand mit geschliffener und geläppter Oberfläche erprobt und im beschichteten Zustand mit sieben Schichtvarianten versehen.
Die Windeversuche unter Industriebedingungen erfolgten bei drei Firmen der Federnindustrie. Zur Einschätzung der erreichten Ergebnisse wurden Federn unterschiedlicher Abmessungen aus den erzeugten Probedrähten und aus Drähten der laufenden Produktion gefertigt und die relative Standardabweichung des Federaußendurchmessers und der Federlänge ermittelt.
Die Abstimmung der jeweils notwendigen Vorgehensweise erfolgte stets innerhalb der Beratungen des projektbegleitenden Arbeitskreises, der aus Mitarbeitern der Draht-, Ziehmittel- und Federnindustrie zusammengesetzt war. Durch diese bereichsübergreifende Zusammenarbeit wurden beträchtliche Synergieeffekte wirksam.

3. Wichtige Ergebnisse und deren Umsetzung
Im Ergebnis der Forschungsarbeiten wurden unter Einsatz ausgewählter Beschichtungssysteme Federstahldrähte hergestellt, die das Winden von Federn ermöglichen, deren Abmessungen gegenüber Federn aus Draht der laufenden Produktion deutlich geringere relative Standardabweichungen aufweisen. Zugleich wurden zahlreiche neue Erkenntnisse gewonnen, die durch die beteiligten Unternehmen sofort in der industriellen Praxis angewendet wurden. Hinsichtlich der Verbesserung des Drahtziehprozesses betrifft das u.a. folgende Ergebnisse:
- Der Einsatz eines Ziehwicklers beeinflusst die Gleichmäßigkeit des gezogenen Drahtes, so dass beim Winden von Federn periodische Steigungsschwankungen entstehen. Insbesondere zur Herstellung von Draht für Federn mit großem Wickelverhältnis ist er nicht geeignet.
- Die Tastrollenbewegung beeinflusst die Gleichmäßigkeit des gezogenen Drahtes. Durch Steuerung der letzten Ziehstufe durch die Tastrolle der vorletzten Ziehstufe lässt sich dieser Einfluss minimieren. Die Gleichmäßigkeit des Drahtes verbessert sich dann deutlich.
- Die Ziehgeschwindigkeit beeinflusst die Festigkeitskennwerte des Drahtes und die Standardabweichungen (Federaußendurchmesser und –länge) daraus gefertigter Federserien.
- Die Parameter des Ziehsteins der ersten Ziehstufe (Querschnittsreduzierung, Ziehwinkel, Führungslänge) beeinflussen die Oberflächenparameter nur wenig.
- Eine fallende Querschnittsabnahme gewährleistet eine gleichmäßige Temperaturverteilung über alle Ziehstufen.
Zur Auswahl von Drahtbeschichtungen sind folgende Erkenntnisse kurzfristig überführbar:
- Die verwendeten Beschichtungssysteme (Phosphatierung, Ziehmittelträger, Ziehseife) nehmen Einfluss auf die erreichbaren Standardabweichungen von gefertigten Federserien.
- Tribometeruntersuchungen erlauben die Bestimmung der thermischen Stabilität von Ziehmitteln und des Reibwertes von Beschichtungssystemen bei Temperaturbelastung.
- Mit Tribometeruntersuchungen lässt sich die Eignung von Beschichtungssystemen zur Herstel¬lung von Federstahldrähten vorhersagen.
- Bessere Lauf- und Umformeigenschaften erfordern nicht automatisch eine erhöhte Restzieh¬mittelauflage. So wies eine der untersuchten Beschichtungsvarianten trotz 40% geringere Restziehseifenauflage gleichgute Gleiteigenschaften wie das zu vergleichende Beschichtungssystem auf. Somit sind durch richtige Wahl des Beschichtungssystems zugleich positive Auswirkungen auf die Umweltbelastung bei der Federherstellung zu erreichen.
Für die Hersteller von Federn sind die Untersuchungsergebnisse zu den Fertigungstoleranzen von Schraubendruckfedern, zu den Windestiftoberflächen und –beschichtungen und zu den Zieh- und Windegeschwindigkeiten von besonderem Interesse. Diese Untersuchungen ergaben, dass die besten Fertigungsergebnisse beim Einsatz geläppter Hartmetallwindestifte erreicht werden. Die weiteren untersuchten Beschichtungsvarianten der Windestifte erbrachten aufgrund der sehr geringen Standzeit nicht den gewünschten Erfolg.
Durch die umfangreichen und systematisch durchgeführten Untersuchungen wurde nachgewiesen, dass durch Anwendung der genannten Maßnahmen das Lauf- und Umformver¬halten von Federstahldrähten verbessert und die Prozessstabilität der Federherstellung deutlich erhöht werden kann. Die zahlreichen Beratungen des projektbegleitenden Arbeitskreises haben maßgeblich zu diesen Ergebnissen beigetragen und nachhaltig zum besseren gegenseitigen Verständnis, zur Förderung der Zusammenarbeit der beteiligten Industriebereiche und zur Umsetzung der gemeinsam mit der Forschungsstelle erarbeiteten Ergebnisse geführt.

Forschungsstelle 1:
Techn. Universität Ilmenau, Fakultät für Maschinenbau Institut für Maschinenelemente und Konstruktion (tiMB)
www.tu-ilmenau.de/fakmb
 
Forschungsleiter 1:

Prof. Dr.-Ing. habil Hans-Jürgen Schorcht
(vorgelegt vom Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung e.V., WSM, Düsseldorf)

Das Forschungsvorhaben wurde gefördert von der Stiftung Stahlanwendungsforschung im Stifterverband der Deutschen Wissenschaft e.V.

Bezugsquelle Schlussbericht:
bitte wenden Sie sich an die AVIF