A074

Wälzfestigkeitseigenschaften induktivrandschichtgehärteter bauteilähnlicher Proben und Bauteile


(A074 S 24/10/93)

Laufzeit der Forschungsarbeiten: 1. Juli 1993 – 31. Dezember 1997

Das induktive Randschichthärten ist ein äußerst wirtschaftliches und effizientes thermisches Randschichtverfestigungsverfahren zur Steigerung der Festigkeitseigenschaften von  hoch beanspruchten Bauteilen aus Stahl. Die Steigerung der Festigkeitskennwerte resultiert aus den Eigenschaften eines besonders feinkörnigen martensitischen Gefüges und der Wirkung hoher Druckeigenspannungen, die beide durch die Wahl der Verfahrensparameter in weiten Bereichen verändert werden können. Die Ergebnisse vorangegangener Forschungsvorhaben belegen einen empfindlichen Zusammenhang zwischen den thermischen Randbedingungen des induktiven Randschichthärtens und den monotonen und zyklischen Eigenschaften von glatten und gekerbten Proben.

In der vorliegenden Arbeit wurde erstmals für induktiv randschichtgehärtete Wälzkörper der Einfluß unterschiedlicher Austenitisierungs-, Anlaß- und Eigenspannungszustände auf deren Wälzfestigkeit systematisch untersucht. Die Untersuchungen erfolgten an Prüfrollen für einen ZF-Rollenprüfstand, die aus den Werkstoffen 42CrMo4, 100Cr6, Ck45 und 20MnCr5 gefertigt und, mit Ausnahme des 20MnCr5, induktiv randschichtgehärtet wurden. Durch die Wahl der Austenitisierungsbedingungen konnten martensitische Gefüge mit unterschiedlichen Eigenschaften (Korngröße, Härte, Restaustenitgehalt) in der Randschicht eingestellt werden. Die bei allen Werkstoffvarianten einheitlich überkritische Einhärtetiefe gewährleistete, daß die Wälzermüdung in der gehärteten Randschicht auftrat.
Zur Beurteilung der Wälzfestigkeit wurden sowohl makroskopische Veränderungen der Prüfrollen (Pittingbildung und Verformung) als auch Veränderungen der Gefügestruktur (Martensitzerfall, Restaustenitumwandlung) sowie Veränderungen der Eigenspannungsverteilung ausgewertet.

Als wesentliches Ergebnis konnten die Zusammenhänge zwischen Wälzfestigkeitseigenschaften und Kurzzeitaustenitisierungsbedingungen für unterschiedliche Werkstoffe geklärt werden. Prinzipiell wurde für induktiv randschichtgehärtete und für konventionell durchgehärtete Wälzkörper erstmals der gleiche Ermüdungsablauf nachgewiesen. Es ergaben sich eindeutige Hinweise darauf, daß charakteristische Merkmale der Wälzermüdung aufgrund der Druckeigenspannungen und des feinkörnigen Gefüges bei induktiv randschichtgehärteten Wälzkörpern verzögert auftreten.

Im einzelnen belegen die an den Prüfrollen aus 42CrMo4 ermittelten Ergebnisse, daß sowohl die Lebensdauer der Prüfrollen als auch der Widerstand gegen die Verformung im Versuch im untersuchten Bereich mit zunehmender Austenitisierung ansteigt. Das Anlassen wirkt sich sowohl bei den Prüfrollen aus 42CrMo4 als auch bei den Prüfrollen aus Ck45 lebensdauermindernd aus.

Bei den Prüfrollen aus 100Cr6 zeigte sich im Vergleich zu konventionell durchgehärteten Proben ein erhöhter Widerstand gegen die Ausbildung von dark etching areas (DEA´s). Deren Ausdehnung war bei den induktiv randschichtgehärteten Prüfrollen bei gleicher Last und Laufzeit bereits in der untersten Austenitisierungsstufe geringer als bei konventionell durchgehärteten Vergleichsproben. Durch zunehmende Austenitisierung konnte das Auftreten der DEA weiter zu höheren Überrollungszahlen verschoben werden. Der Widerstand gegen eine makroskopische plastische Verformung im Versuch stieg mit zunehmender Austenitisierung ebenfalls an. Die Lebensdauer bis zur Pittingsbildung konnte an den Prüfrollen aus 100Cr6 und 20MnCr5 jedoch nicht ermittelt werden. Einzelne Ausfälle durch Pittings bei der 100Cr6 Variante mit erhöhtem Restaustenitgehalt deuten jedoch darauf hin, daß der hohe Verformungswiderstand dieser Variante einer hohen Lebensdauer nicht unbedingt gleichgesetzt werden kann.

Anders als bei den Stählen mit 0,4% Kohlenstoff wiesen die Prüfrollen der nicht angelassenen Variante aus 100Cr6 die mit Abstand größten Verformungen im Versuch auf, was mit der niedrigeren Dehngrenze und einer Volumenänderung durch Anlassen im Versuch in Verbindung gebracht werden kann. Die einsatzgehärteten Prüfrollen aus 20MnCr5 wiesen den größten Widerstand gegen eine Verformung im Versuch auf.

Unter Verwendung eines am Institut für Werkstoffkunde entwickelten Programms für die Berechnung der Spannungsverteilung im Hertz´schen Kontakt wurde für die ZF-Prüfrollen eine optimale Eigenspannungsverteilung berechnet, die die Vergleichsspannungen aus den Kontaktkräften maximal verringert. Dieser Verteilung näherten sich die Eigenspannungen aller Prüfrollen durch die Überrollung bei hohen Lasten im maximal beanspruchten Volumen der Randschicht an. Die Eigenspannungsverteilung der induktiv randschichtgehärteten Wälzkörper kommt dieser optimalen Eigenspannungsverteilung schon bei der Überrollung sehr nahe. Die Veränderungen der Eigenspannungen der induktiv randschichtgehärteten Rollen während der Überrollung sind in der Regel auch mit einem lokalen Abbau von Druckeigenspannungen verbunden.

Die optimale Eigenspannungsverteilung für wälzbeanspruchte Körper wird durch Hertz´schen Kontakt aufgebracht. Diese Erkenntnis wird in der industriellen Praxis, z.B. beim Kaltverfestigen von Kugeln bereits umgesetzt.

Der günstige Einfluß der Druckeigenspannungen wird auch bei einer Gegenüberstellung der Ausdehnung der DEA´s mit den Vorläufen maximaler Vergleichsspannungen mit und ohne Berücksichtigung der Eigenspannungen bestätigt.

Offen bleibt die Frage, ob auch die Lebensdauer von induktiv randschichtgehärteten Wälzkörpern aus 100Cr6 der von konventionell durchgehärteten Wälzkörpern übelegen ist. Im Hinblick auf einen zunehmenden Einsatz von induktiv randschichtgehärteten Wälzkörpern dieses Werkstoffs muß weiterhin der Einfluß eines konsequenterweise ebenfalls induktiv durchzuführenden Anlassens auf deren Wälzfestigkeit untersucht werden. Forschungsbedarf besteht weiterhin hinsichtlich des Verhaltens induktiv randschichtgehärteter Bauteile unter schlagartiger Belastung.

Forschungsstelle 1:
Institut für Werkstoffkunde der Technischen Universität Darmstadt (lfW)
www.tu-darmstadt.de/mpa-ifw
 
Forschungsleiter 1:

Prof. Dr.-Ing. C. Berger
(vorgelegt vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. - VDMA für FKM)

Das Forschungsvohaben wurde gefördert von der Stiftung Stahlanwendungsforschung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V.

Bezugsquelle Schlussbericht:
bitte wenden Sie sich an die AVIF