A115

Schwingfestigkeitsuntersuchungen an einzelnen Tellerfedern und an Tellerfedersäulen beliebiger Schichtungen


(A115 S 24/01/97)

Laufzeit der Forschungsarbeiten: 1. Juli 1997 – 31. Dezember 1999

Tellerfedern und insbesondere Tellerfedersäulen werden in vielen Anwendungen schwingend beansprucht. Die Auslegung von Säulen unterschiedlicher Schichtung wird nach dem derzeitigen Stand der Technik mit Hilfe von Schwingfestigkeitsergebnissen einzelner Tellerfedern vorgenommen, da systematische Untersuchungsergebnisse zum Schwingfestigkeitsverhalten beliebig geschichteter Tellerfedersäulen bisher nicht zur Verfügung stehen. Da sich aufgrund von Reibungsverhältnissen der Gesamtfederweg einer Säule nicht gleichmäßig auf die einzelnen Tellerfedern aufteilt, läßt sich die Dauerfestigkeit bzw. Lebensdauer einer Säule nicht aus der bekannten Schwingfestigkeit einer einzeln geprüften Tellerfeder ableiten.

Die Zielsetzung des Vorhabens bestand deshalb darin, das Ermüdungsverhalten von einzelnen Tellerfedern unterschiedlicher Größe aus der derzeitigen Fertigung in Abhängigkeit wesentlicher Einflußgrößen zu ermitteln und daraus die Schwingfestigkeitseigenschaften von Tellerfedersäulen mit beliebig geschichteten Federn und für unterschiedliche Abmessungen berechenbar zu machen.

Für die Untersuchungen standen Tellerfedern unterschiedlicher Größe, Gefügezustände und Oberflächenbehandlungen zur Verfügung. Zunächst sollten die Schwingfestigkeitseigenschaften einzelner Tellerfedern bestimmt werden. Mit Hilfe von Dehnungsmeßstreifenanalysen (DMS-Analysen) sollte die Beanspruchungsverteilung in kleinen Säulen mit systematisch variierten Schichtungen zur modellmäßigen Beschreibung des Übergangs von der Einzelfeder zur vielfach geschichteten Säule aufgezeigt werden. Nach vorausgegangenen DMS-Analysen sollten anschließend die Schwingfestigkeitseigenschaften an Tellerfedersäulen mit bis zu 40 Federn bei einfacher und vierfacher Schichtung untersucht werden. Die Eigenspannungsentstehung beim Setzvorgang der Einzel-Tellerfeder sollte mit Hilfe der Methode der Finiten Elemente simuliert werden.

Die Eingangsuntersuchung für die Versuchstellerfedern begann mit einer statistischen Auswertung kennzeichnender Merkmale. In die statistische Betrachtung wurden die Größen Nenn-Federkraft bei Federweg 0,75 ho sowie die ungespannte Federhöhe lo einbezogen. Bei den drei untersuchten Federgrößen wurde deutlich, daß die Maxima der relativen Häufigkeit der Federkräfte sowie der ungespannten Federhöhe lo bei den Varianten martensitisch vergütet und martensitisch vergütet + kugelgestrahlt zu größeren Kräften bzw. Höhen verschoben sind als bei den Varianten bainitisch vergütet und bainitisch vergütet und kugelgestrahlt.

Die anschließende metallografische Untersuchung der insgesamt zwölf unterschiedlichen Versuchstellerfedervarianten umfaßte

die Prüfung auf nichtmetallische Einschlüsse mit Bildreihen nach DIN 50602 (Verfahren M),

die Dokumentation des Werkstoffgefüges an charakteristischen Stellen,

die Dokumentation der Federkanten-Geometrie,

die Ermittlung der Randoxidationstiefen und

die Messung des Härtetiefenverlaufes.

Es wurden röntgenografische Eigenspannungsbestimmungen an allen Varianten vorgenommen sowie Eigenspannungstiefenmessungen an der Federvariante 80 mm x 41 mm Bainit (nicht kugelgestrahlt) und Bainit (kugelgestrahlt) durchgeführt.
Die Befunde dieser Einzeluntersuchungen liegen alle im erwarteten Bereich, lediglich bei der Federvariante 63 mm x 31 mm x 1,8 mm Bainit (nicht kugelgestrahlt) und Bainit (kugelgestrahlt) wurde eine Randabkohlung festgestellt. Diese zeigt sich auch in den entsprechenden Härtetiefenverläufen durch den Abfall der Härte zum Federaußenrand, sie wurde durch eine Aufnahme des Randgefüges dokumentiert.

Schwingversuche an "Einzel-Tellerfedern"

Diese Schwingversuche wurden zunächst an einzelnen Tellerfedern der Größe 63 mm x 31 mm  x 1,8 mm durchgeführt. Insgesamt wurden 34 Tellerfedern dieser Serie geprüft.
Die Lebensdauerwerte für die martensitisch vergütete Variante liegen bei vergleichbarer Beanspruchungshöhe etwa in dem Bereich der bainitisch vergüteten. Die Steigerung der Schwingfestigkeit durch das Kugelstrahlen ist in beiden Wärmebehandlungszuständen erheblich.

Die Aufzeichnungen der Federkraft bei maximalem und minimalem Federweg in Abhängigkeit von der Schwingspielzahl während dieser Serie von Schwingversuchen zeigen einen stark veränderlichen Verlauf. Die obere Federkraft steigt, die untere Federkraft nimmt ab, so daß die Kraftamplitude während der Versuchsdauer erheblich, teilweise bis zum doppelten Betrag des anfänglichen Wertes zunimmt. Diese Erscheinungen sind vermutlich auf die trotz Schmierung und nach Norm verwendeten Auflageflächen erheblichen Reibungs- und Verschleißvorgänge zurückzuführen. Aufgrund dieses nicht gewünschten Effektes wurden in Abstimmung mit dem projektbegleitenden Arbeitskreis Auflageflächen aus unterschiedlichen Werkstoffen und Beschichtungen untersucht, um einen möglichst konstanten Kraftverlauf während der Versuche zu gewährleisten. Diese im Forschungsvorhaben nicht geplanten weiterführenden Untersuchungen kamen zu dem Ergebnis, daß unter anderem auch aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten Auflageflächen aus dem Wälzlagerstahl 100 Cr 6 am geeignetsten sind.

Schwingversuche an Tellerfedersäulen 10 x 1

Aufgrund der Verschleißprobleme sowie aus Termingründen wurde beschlossen, die Schwingprüfung an einzelnen Tellerfedern auszusetzen und alternativ das Schwingverhalten einzelner Tellerfedersäulen mit wechselsinniger Schichtung (n=10;i=1) bis zum Bruch der ersten Feder in der Säule zu prüfen. Bei dieser Säulenordnung treten praktisch keine ausgeprägten Reibungseffekte auf, die zu einer ungleichmäßigen Einfederung der Einzelfeder führen könnten.

Insgesamt wurden je Federvariante fünf derartige Versuche an Säulen der Schichtung 10 x 1 durchgeführt. Die ertragbaren Schwingspielzahlen bei den martensitisch und bainitisch vergüteten Varianten der untersuchten Tellerfedersäulen bis zum ersten Bruch zeigen ähnliche Werte. Der Einfluß des Kugelstrahlens ist deutlich sichtbar. Bei den Federgrößen 80 mm x 41 mm x 3 mm und 63 mm x 31 mm x 1,8 mm in der martensitisch kugelgestrahlten Variante sind die Lebensdauerwerte bis zum ersten Bruch einer Feder verglichen mit der bainitisch kugelgestrahlten Variante zu etwas höheren Schwingspielzahlen verschoben.

Bei der Federgröße 100 x 51 mm x 6 mm weist die bainitisch vergütete Variante geringfügig höhere Lebensdauerwerte als die martensitisch vergütete Variante auf. Die Werte der kugelgestrahlten Varianten liegen über denen der nicht gestrahlten, ein deutlicher Unterschied hinsichtlich der Vergütungsart ist nicht zu erkennen.

Für die statistische Auswertung der Schwingversuche an Tellerfedersäulen der Schichtung 10 x 1 bis zum ersten Bruch einer Feder wurde das "Sudden-Death"-Verfahren in der Anwendung nach der Deutschen Gesellschaft für Qualität gewählt.

Neben der Dokumentation der Schwingspielzahl bis zum Bruch der ersten Feder in der Säule wurde auch die Position der gebrochenen Tellerfedern der Säule dokumentiert. Im Anschluß an die Schwingversuche wurden alle Bruchflächen der Tellerfedern fraktografisch untersucht. Dabei wurde insbesondere die genaue Lage des Bruchausganges ermittelt.

Es wurden Schwingversuche an einer Tellerfedersäule mit der Schichtung 10 x 1 und 40 x 1 der Federgröße 80 mm x 41mm x 3 mm und der Federgröße 63 mm x 31 mm x 1,8 mm jeweils mit der Variante Martensit (nicht kugelgestrahlt) durchgeführt. Bei diesen Versuchsreihen wurde die jeweils  gebrochene Feder 10 mal ersetzt. Neben den Lebensdauerwerten sind die Bruchpositionen dokumentiert und die Lage der Bruchausgänge fraktografisch ermittelt worden.

Schwingversuche an großen Tellerfedersäulen

In Absprache mit dem Arbeitskreis wurden an Tellerfedersäulen der Schichtung 10 x 4 und 40 x 1 der Federgröße 80 mm x 41 mm x 3 mm und der Federgröße 63 mm x 31 mm x 1,8 mm in den kugelgestrahlten Varianten Schwingversuche mit Ersetzen der jeweils gebrochenen Feder durchgeführt. Die relative Beanspruchung der Säulenanordnungen wurde wie bei den zuvor genannten Schwingversuchen der Schichtung 10x 1 gewählt. Dokumentiert wurden neben den Lebensdauerwerten auch die Bruchpositionen in der Säule.

Zur Vorbereitung der im Forschungsantrag vorgesehenen Beanspruchungsanalysen wurden je zu untersuchender Variante 10 - 20 DMS auf Meßfedern appliziert, kalibriert und auf einheitliche Anzeige normiert. In den Schwingversuchen wurden jeweils sieben Meßfedern in der Säule an unterschiedlichen Positionen angeordnet. Der Beanspruchungshorizont bei den Schwingversuchen wurde bewußt niedrig gewählt, um eine Überlastung der DMS zu verhindern.

Die Untersuchung an der Säule 40 x 1 zeigt bei einer Versuchsdauer von 3600 Zyklen bei der Federgröße 100 mm x 51 mm x 6 mm, daß sich eine geringfügige Tendenz zur Zunahme der Schwingbreite am bewegten Ende der Federsäule einstellt. Diese Tendenz nimmt bei der Federgröße 80 mm x 41 mm x 3 mm etwas zu und ist bei der Federgröße 63 mm x 31 mm x 1,8 mm deutlich ausgeprägt.

Aus den Untersuchungen an der Säule 10 x 4 folgt bei einer Versuchsdauer von 3600 Zyklen für alle Federgrößen eine relativ gleichmäßige Verteilung der Schwingbreite über die Säulenhöhe (bezogen auf die untersuchten Positionen). Die Ergebnisse der DMS-Schwingbreitenauswertung werden durch parallel durchgeführte Hysteresemessungen bestätigt. Die durchgeführten  Schwingversuche an Tellerfedersäulen 40 x 1 und 10 x 4 der Größe B im martensitisch und bainitisch kugelgestrahlten Zustand bestätigen die DMS-Messung an dieser Federgröße.

Modellbildung und Simulation

Für die Tellerfedergröße 80 x 41 x 3 mm wurde eine zweidimensionale Abbildung erstellt.Mit Hilfe dieses Modells sind Berechnungen zur Bestimmung der Eigenspannungen nach dem Versetzen durchgeführt worden. Die Ergebnisse der Berechnungen sind mit den Ergebnissen aus den röntgenografischen Eigenspannungsmessungen verglichen worden.  

Bedeutung der Ergebnisse

Da Tellerfedersäulen in vielen Anwendungsfällen mit schwingender Betriebsbelastung verwendet werden, für deren Schwingfestigkeitsverhalten bisher keine gesicherten Erkenntnisse vorlagen, war die Durchführung der beantragten Untersuchung von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung.

Die Ergebnisse können zur Verbesserung der Auslegungssicherheit und zur Steigerung der Betriebssicherheit von Tellerfedern und Tellerfedersäulen bei gleichzeitig guter Werkstoffausnutzung angewendet werden.

Forschungsstelle 1:
Institut für Werkstoffkunde der Technischen Universität Darmstadt (lfW)
www.tu-darmstadt.de/mpa-ifw
 
Forschungsleiter 1:
Prof. Dr.-Ing. C. Berger
(vorgelegt vom Wirtschaftsverband Stahlumformung e.V. -WSU-, Hagen)

Das Forschungsvorhaben wurde gefördert von der Stiftung Stahlanwendungsforschung im Stifterverband der Deutschen Wissenschaft e.V.

Bezugsquelle Schlussbericht:
bitte wenden Sie sich an die AVIF