A083

Erarbeitung und Erprobung einer rechnergestützten Wissensbasis zur Vorhersage der Umformkräfte beim Kaltrundkneten


(A083 S 24/02/94)

Laufzeit der Forschungsarbeiten: 1. Juli 1994 – 30. Juni 1996

Als Rundkneten bezeichnet man ein spanloses, weggebundenes Fertigungsverfahren zum Reduzieren des Querschnittes von stab- und rohrförmigen Halbzeugen. Die hierfür nötige Radialkraft wird über oszillierende Werkzeugsegmente direkt auf den Werkstückumfang aufgebracht. Das Umformverfahren eignet sich insbesondere zur Herstellung rotationssymmetrischer Werkstücke mit abgesetzter Mantelgeometrie. Vor dem Hintergrund der Forderung nach Leichtbauweise wurde das Verfahren in letzter Zeit wieder sehr interessant. Die Gewichtseinsparung entsteht durch die Substitution von Werkstücken aus Vollmaterial durch rundgeknetete rohrförmige Bauteile.

Obwohl das Kaltrundkneten als Kaltmassivumformverfahren schon seit langer Zeit bekannt ist, sind dessen Grundlagen noch wenig erforscht. Die im Rahmen dieses Projektes durchgeführten Untersuchungen sollten vor allem der Auslegung bzw. Auswahl von Rundknetanlagen dienen, auf der Werkstücke mit vorgegebenen geometrischen und materialspezifischen Daten gefertigt werden sollen. Dies ermöglicht eine effiziente, kostengünstige und störungsfreie Produktion.

Im Rahmen des Versuchsprogramms wurden die Verläufe und insbesondere die Maximalwerte der radialen und axialen Umformkräfte aufgenommen. Dazu stand eine mit Dehnungsmeßstreifen versehene Meßdatenerfassung zur Verfügung, die mit bis zu 4000 Hz Abtastrate sogar Einzelschlaganalysen des relativ hochfrequenten Umformverfahrens erlaubte. Im Rahmen der Experimente wurden die Einflüsse aller kennzeichnenden Prozeßparameter, wie axiale und radiale Vorschubgeschwindigkeit, radiale Zustellung, axialer Verfahrweg, Werkstückdimension und -geometrie, Werkstückstoff, Werkzeuggestalt usw. untersucht.

Der Kraftverlauf beim Vorschubrundkneten ist durch einen steilen Kraftanstieg in der instationären Phase, wenn der Werkstoff in der Einlaufschräge fließt, gekennzeichnet. Der Anstieg der Kraft nimmt deutlich ab, wenn sich der Werkstoff in der Kalibrierzone befindet. Der weitere Anstieg in dieser quasistationären Phase ist vor allen in der Radialkraft auszumachen und auf die Kalibrierung zurückzuführen. Danach nähert sich der Kraftverlauf asymptotisch dem Endwert.

Beim Vorschubrundkneten beeinflußt die radiale Zustellung maßgeblich die Höhe der Umformkräfte. Je größer die Zustellung, um so größer werden der Umformgrad und die erforderlichen Kräfte. Zusätzlich erhöht der Umformgrad die Fließspannung, was ebenfalls zum höheren Kraftbedarf beiträgt. Wichtigster Einflußfaktor für die Fließspannung ist jedoch der Werkstoff.

Die Werkstückgeometrie wirkt sich gleichfalls auf die Höhe der Umformkräfte aus. So wächst der Kraftbedarf bei zunehmender Wanddicke, da hierdurch der Werkstückquerschnitt und somit das umzuformende Volumen zunimmt. Einen Sonderfall bildet die Umformung von Stabmaterial. Die hier auftretenden Umformkräfte liegen um ein Vielfaches über denen des Rohrmaterials. Grund hierfür ist einerseits das erhöhte umzuformende Volumen, andererseits fließt der Werkstoff beim Stabmaterial unter erhöhtem Kraftbedarf fast ausschließlich in axiale Richtung. Größere Außendurchmesser erhöhen bei ähnlicher Geometrie der Werkstücke ebenfalls die Umformkräfte.

Weiterhin führt eine Zunahme des axialen Vorschubs zu höheren Kräften, da sich dadurch das Umformvolumen pro Hub erhöht und die gesamte Umformung in weniger Hüben durchgeführt werden muß.

Die Geometrie der Werkzeugsätze für das Vorschubrundkneten hat über die Größe des Winkels der Einlaufschrägen Einfluß auf die Höhe der Umformkraft. Kleine Winkel führen zu niedrigen Axial- und hohen Radialkräften und somit insgesamt zu einem Anstieg der Gesamtumformkraft. Da große Winkel zu einer deutlichen Verschlechterung der Oberfläche führen, liegt der zu verwendende Winkel zwischen 7o und 10o.

Der Kraftverlauf beim Einstechrundkneten - speziell der Radialkraft - ist durch einen steilen Anstieg in der Phase der Zustellung charakterisiert. Bei Erreichen des Enddurchmessers fällt die Kraft schnell auf das gleichmäßige Niveau der Endkalibrierung ab.

Die Umformkräfte beim Einstechrundkneten verhalten sich bzgl. der radialen Zustellung, des Werkstoffes und der Werkzeuggeometrie ähnlich wie beim Vorschubrundkneten. Geringe Wandstärken können zu einem Versagensfall, der Flügelbildung, führen. Hohe Zustellgeschwindigkeiten führen zu kurzen Umformzeiten mit wenigen Hüben und dadurch zu erhöhten Kräften. Mit zunehmender Einstechlänge steigt die Radialkraft proportional an.

Die Axialkraft kann beim Einstechrundkneten in erster Näherung mit Null angenommen werden, da kein axialer Vorschub vorhanden ist.

Neben der systematischen Auswertung der Vielzahl der Daten wurden diese in eine bereitgestellte Datenbank eingebracht, die als Wissensbasis für die Maschinenauswahl dienen soll. Hierfür wurde mit Hilfe der Programmiersprache Visual Basic eine anwendungsorientierte Datenbanksoftware entwickelt. Diese gestattet, durch Vorgabe beliebiger Parameter diejenigen Versuchsergebnisse zu ermitteln, deren Randbedingungen mit denen des zu fertigenden Werkstückes weitestgehend übereinstimmen. Die aus der Datenbank hervorgehenden Umformkräfte, insbesondere deren Maximalwerte, bilden dann die Basis für die Auswahl der zu verwendenden Rundknetmaschine.

Forschungsstelle 1:
Institut für Produktionstechnik und Umformmaschinen der TU Darmstadt (PtU)
www.ptu.tu-darmstadt.de
 
Forschungsleiter 1:

Prof. Dr.-Ing. D. Schmoeckel
(vorgelegt vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. - VDMA für FKM)

Das Forschungsvorhaben wurde gefördert von der Stiftung Stahlanwendungsforschung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V.

Bezugsquelle Schlussbericht:
bitte wenden Sie sich an die AVIF