A130

Neue Rohrwerkstoffe für Dampferzeugung mit Wirkungsgraden über 50% (MARCKO-DE 2)



(A130 S 24/01/1998)

Laufzeit der Forschungsarbeiten: 1. März 1999 - 31. Dezember 2004

Eine im Hinblick auf CO2-Reduzierung und wirtschaftlicheren Umgang mit Ressourcen notwendige Effizienzsteigerung bei Kohlekraftwerken wird durch Erhöhung der Dampfparameter insbesondere der Dampftemperatur auf 720°C erzielt werden. Dies hat zur Folge, dass in den Bereichen höchster Temperaturen für dickwandige Rohre, Sammler und Kesselrohre andere Werkstoffe als bisher eingesetzt werden müssen. Für den Temperaturbereich 650 bis 750 °C können nach dem heutigen Stand der Technik und Wissenschaft ausschließlich Nickelbasis-Legierungen verwendet werden. Ziel der in diesem Bericht beschriebenen Untersuchungen war, die Nickelbasis-Legierung Alloy 617 von der Legierungszusammensetzung her für den Einsatz im Komponenten- und Rohrleitungsbau im Kraftwerk zu optimieren, die Eignung durch Überprüfung von Herstellbarkeit und langzeitigen Eigenschaften im verarbeiteten Zustand nachzuweisen sowie einen geeigneten Schutz gegen feuerseitige Korrosion/Hochtemperaturoxidation für Kesselrohre zu ermitteln und auf seine Eignung für den vorliegenden Anwendungszweck zu überprüfen.

Durchgeführte Screening-Versuche mit gezielter Variation der Legierungszusammensetzung durch Zulegierung weiterer Elemente führten zum Ergebnis, dass eine Verbesserung der Kriechfestigkeit zu Lasten der Verformungsfähigkeit und damit der technischen Verarbeit-barkeit geht und damit nicht zielführend ist. Die Einschränkung der vorliegenden in einem VdTÜV-Blatt niedergelegten chemischen Analyse führte jedoch nachweislich zu einem Werkstoff, der die gewünschten Eigenschaften in Bezug auf Verarbeitbarkeit und Zeitstandfestigkeit erfüllt. Die eingeschränkte Analyse wurde schließlich in großtechnisch hergestellten Schmelzen und Vormaterial für Schweißzusätze umgesetzt. Mit diesem Werkstoff können bei 700 °C bzw. 750 °C Zeitstandfestigkeiten von 185 MPa bzw. 121 MPa bei 10.000 h und 119 MPa bzw. 69 MPa bei 100.000 h erreicht werden. Die Zeitstandfestigkeit – auch hinsichtlich des Streubandes - wurde durch gezielte Auswertungen vorliegender Daten und umfangreiche langzeitige Zeitstandversuche an aus Kesselrohren bzw. dickwandigen Rohren entnommenen Proben nach-gewiesen. Die Verarbeitbarkeit wurde durch Herstellung und Untersuchung von Kesselrohren (Glattrohren und Biegungen verschiedener Radien) und dickwandigen Rohren (Geradrohre und Induktivbögen) nachgewiesen.

Besonderer Augenmerk lag auf der Qualifizierung von Schweißverbindungen. Für die Kesselrohre wurden dabei das WIG-Verfahren, für dickwandige Rohre E-Hand und UP-Verfahren eingesetzt. Untersuchungen zur Optimierung von Schweißzusätzen ergaben die Notwendigkeit, die chemische Zusammensetzung innerhalb der vorgesehenen Spezifikationen gezielt einzu-stellen. Mit derart optimierten Schweißzusätzen und Schweißverfahren wurden die Schweißungen durchgeführt. Mechanisch-technologische Untersuchungen der Schweißverbindungen führ-ten zu im Hinblick auf die zu verwendenden Regelwerke ausreichenden Kennwerten für Festigkeit, Verformungsfähigkeit und (Kerbschlag-)Zähigkeit.

Bei den Zeitstandversuchen an Schweißverbindungen wurden mit Ausnahme einer UP-Verbindung Ergebnisse erzielt, die nur knapp unter dem Mittelwert des Grundwerkstoffs mit eingeschränkter Analyse liegen. Die Brüche lagen überwiegend im Schweißgut. Bei der untersuchten UP-Verbindung wurde ein zu niedriger Aluminium-Gehalt im Schweißgut, verursacht durch zu hohen Abbrand, als Ursache für den im Isostress-Versuch nachgewiesenen Abfall der Zeitstandfestigkeit identifiziert. Zur Verbesserung der Kriechfestigkeit wurde eine weitere Verbindung mit optimierten Verfahren und kleinerem Elektrodendurchmesser geschweißt. Diese zeigte einen deutlich höheren Al-Gehalt im Schweißgut (as welded). Isostress-Versuche mit dieser Verbindung sind derzeit noch im Gang.

Unter Abwägung der Gesichtspunkte wie Effizienz des Korrosionsschutzes, Verfügbarkeit eines für 12 m lange Kesselrohre geeigneten Herstellungsverfahrens mit entsprechender Wirtschaftlichkeit erwies sich eine Auftragsschweißung als aussichtsreichste Variante. Zwei Nickelbasis-Auftragsschweißgüter mit unterschiedlichen Nickel- bzw. Chromgehalten wurden untersucht. Beide zeigten in den Auslagerungsversuchen eine deutliche Verringerung der Oxidschichtdicke. Die mit dem 35% Chrom und 45% Nickel enthaltenden Schweißgut auftragsgeschweißten Proben lagen dabei ein etwas besseres Verhalten. Bezüglich der Zeitstandfestigkeit und im Biegeversuch zeigte das Auftragsschweißgut mit 63% Nickel und 28% Chrom bessere Eigenschaften, die Zeitstandfestigkeit des Grundwerkstoffs bzw. der Schweißverbindungen wird fast er-reicht, so dass diesem Schweißgut der Vorzug zu geben wäre. Es bleibt jedoch darauf hinzuweisen, dass bei beiden Schweißgütern nach den Zeitstandversuchen Risse im Auftragsschweißgut bis in den Bereich des Grundwerkstoffes auftraten, so dass im Falle größerer (Kriech-)Verformungen anzunehmen ist, dass ein langzeitiger Korrosionsschutz gefährdet ist. Die Ergebnisse insgesamt wie auch die Ergebnisse aus dem Betriebsversuch deuten jedoch darauf hin, dass ein Korrosionsschutz für Kesselrohre aus Alloy 617 nicht unbedingt vorgesehen werden muss.

Im Hinblick auf die Beurteilung des Werkstoffzustands bzw. Schädigungszustands ist die Kenntnis über die Änderungen der Gefügestruktur von Bedeutung. Grundwerkstoff und im Zeitstandversuch beanspruchte Werkstoffzustände wurden deshalb bezüglich ihres Ausscheidungszustandes mittels Licht- und Elektonenmikroskopie untersucht. Eine Untersuchung von kriechbeanspruchten (gebrochenen) Proben zeigte, dass ein Schädigungsmechanismus über Kriechporenbildung vorliegt und deswegen der Nachweis von Zeitstandschäden an Bauteilen aus Nickelbasislegierungen prinzipiell mit der bekannten Gefügeabdrucktechnik möglich ist. Aufgrund der komplexen Ausscheidungskinetik dieses Werkstoffs besteht jedoch das Problem bei der Anwendung von Ätzmitteln. Es muss geklärt und nachgewiesen werden, dass bestimmte Phasen nicht herausgelöst werden und damit eine Zeitstandschädigung vortäuschen.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass es mit dem beschriebenen Vorhaben gelungen ist, die Nickelbasis-Legierung Alloy 617 zu optimieren und für den Einsatz in modernen Hocheffizienz-Kraftwerken zu qualifizieren. Dies betrifft die Verarbeitbarkeit und – innerhalb des in der Vorhabensdauer möglichen zeitlichen Rahmens – die geforderten Eigenschaften, insbesondere der Zeitstandfestigkeit im Temperaturbereich 700 °C bis 750 °C. Mit Hinblick auf im Kraftwerksbau unumgängliche Schweißverbindungen wurden auch für diese Zeitstandfestigkeiten mit geringer Abminderung gegenüber dem Grundwerkstoff ermittelt, entsprechende Schweißzusätze wurden optimiert. Eine geeignetes Beschichtungssystem wurde ermittelt und untersucht.

Die Ergebnisse bilden damit eine gute Basis für weitere Untersuchungen, die für einen Einsatz im Kraftwerk im Hinblick auf die langzeitige Absicherung und Beschreibung der Eigenschaften notwendig sind. Hierzu zählt u. a. der Nachweis der langzeitigen (Kriech)Eigenschaften des Grundwerkstoffs unter Berücksichtigung des schmelzenbedingten Streubandverhaltens sowie die weitere, ergänzende Qualifizierung der vorgeschlagenen Verfahren zur Herstellung von Schweißverbindungen, insbesondere für UP-Verbindungen, mit dem Ziel der langzeitigen Absicherung des Festigkeitsverhaltens im Kriechbereich.

Forschungsstelle 1:
Materialprüfungsanstalt Uni Stuttgart (MPA) Otto-Graf-Institut
www.mpa.uni-stuttgart.de
 
Forschungsleiter 1:
Prof. Dr.-Ing. habil Eberhard Roos

(vorgelegt vom Wirtschaftsverband Stahlbau und Energietechnik e.V., Düsseldorf (SET))

Das Forschungsvorhaben wurde gefördert von der Stiftung Stahlanwendungsforschung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V.

Bezugsquelle Schlussbericht:
bitte wenden Sie sich an die AVIF