A110

Substitution von Titan durch hochkorrosionsbeständigen Edelstahl bei den Wärmeaustauscherrohren von Meerwasserentsalzungsanlagen


(A110 S 24/16/96)

Laufzeit der Forschungsarbeiten: 1. Januar 1997 – 31. Dezember 1997

Destillationsanlagen zur Gewinnung von Süßwasser aus Meerwasser arbeiten nach zwei Prinzipien, nach dem MSF-Prinzip (Multi Stage Fash = vielstufige Entspannungsverdampfung) und nach dem ME-Prinzip (Multiple Effect=Mehrfach Effekt Verdampfung). In jedem Falle sind wesentlicher Bestandteil Wärmeaustauscherrohre, die etwa 20% der gesamten Investitions-kosten ausmachen. Beim MSF-Verfahren strömt in den Rohren warmes bzw. heißes Meerwasser, während an  der Außenseite das produzierte Destillat kondensiert. Beim ME-Verfahren in seiner häufigsten Variante werden die horizontal angeordneten Rohre mit heißem Meerwasser berieselt, während auf der Innenseite Destillat kondensiert.

Vorbehandeltes Meerwasser wird zur Vorwärmung durch die Rohbündelkondensatoren der Wärmerückgewinnung gefördert und anschließend in fremdbeheizten Enderhitzer auf Kopftemperatur gebracht. Von dort tritt das Meerwasser in die erste Stufe ein. In den  Stufen erfolgt eine schrittweise Druckabsenkung, die mit einer Entspannungsverdampfung und einer schrittweisen Abkühlung der Sole verbunden ist. Der aufsteigende Dampf kondensiert auf der Außenseite der Rohrbündel und wärmt das nachfolgende Meerwasser vor.

MSF-Anlagen arbeiten heute in den allermeisten Fällen in einem Temperaturbereich 25o C - 108o C, ME-Anlagen bei Temperaturen bis etwa 70o C. Gründe für die niedrigen Maximal-temperaturen liegen u.a. in  der Korrosionsbeständigkeit der eingesetzten Rohrwerkstoffe. Wünschenswert ist zumindest in einer Reihe von Fällen eine maximale Temperatur von 135o C. Höhere Temperaturen sind im Hinblick auf ein mögliches Verkrusten, aber auch wegen des über 100o C schnell steigenden Dampfdruckes von Wasser nicht sinnvoll, aber auch thermodynamisch nicht erforderlich bei den mit Kraftwerken gekoppelten Großanlagen.

Als Rohrwerkstoff wird heute CuNi 90-10 oder, bei höheren Anforderungen, CuNi 70-30 bzw. Titan eingesetzt. Aus Kostengründen wird auch häufig in den Mindertemperaturstufen eine Aluminium-Legierung eingesetzt. Insbesondere Titan weist ein sehr gutes Korrosionsverhalten auf. Titanrohre sind trotz hohem spezifischen Materialpreis konkurrenzfähig zu CuNi und zwar einerseits aufgrund des geringen spezifischen Gewichtes, mehr aber noch, weil die hohe Festigkeit sehr geringe Wandstärken (üblicherweise 0,5 - 0,6 mm) zuläßt.

In der vorliegenden Studie sollte untersucht werden, ob dünnwandige, längsgeschweißte Edelstahlrohre Titanrohre in Meerwasseranlagen substituieren können.

Dazu war als erstes zu untersuchen, ob und unter welchen Bedingungen aus dem hochkorrosionsbeständigen Stahl SWD 96 Kaltband in den Dicken  0,2 - 0,4 mm zur Herstellung von Rohren mit 16 mm Durchmesser und in den Längen bis 34 m möglich ist.

Danach war der Einfluß der Schweißparameter des WIG-Verfahrens auf die Fertigungssicherheit und das Korrosionsverhalten in heißem Meerwasser bzw. FeCI3 (ASTM G 48) zu prüfen, wobei, falls möglich, die Korrosionstests an laserstrahlgeschweißten Rohren zu vergleichen waren.

Schließlich sollte anhand der Materialkosten und der erforderlichen Produktionsschritte abgeschätzt werden, welche spezifischen Kosten für längsnahtgeschweißte Edelstahlrohre zu erwarten sind. Als letzter Punkt war schließlich in diesem Zusammenhang zu diskutieren, wie sich die unterschiedliche Wärmeleitfähigkeit von Titan und Edelstahl auf den spezifischen Verbrauch in  Meerwasserentsalzungsanlagen auswirkt.

Da es sich um eine Machbarkeitsstudie im kleinen Maßstab handelte, für welche weder geeignetes Rohr- oder Bandmaterial noch einsatzfähiges Halbzeug am Markt verfügbar war, mußte das Vormaterial aus einem kleinen Schmelzaggregat als geschmiedete Bramme erzeugt werden. Damit wurde ein noch nicht praktizierter Fertigungsweg gewählt, dessen Eignung zusätzlich zu bewerten war. Dieser Fertigungsweg ist insoweit für eine betriebsmäßige Herstellung von Interesse, als er die Verfügbarkeit auch in  kleinen Losgrößen  und damit die Flexibilität am Markt verbessert.

Das ForschungsVorhaben hat gezeigt, daß die Herstellung längsgeschweißter dünnwandiger Rohre mit kleinen Rohrdurchmessern aus superaustenitischem Edelstahl technisch einwandfrei möglich ist. Die Korrosionsbeständigkeit im Standardtest nach ASTM G 48 ergab kritische Lochfraßtemperaturen eines gekühlten und beheizten Rohres von mindestens 85 - 90o C. Für Spaltkorrosion (Versuch mit O-Ringen) liegen die kritischen Temperaturen je nach Behandlung der Schweißnaht niedriger (zwischen 65 und 85o C). Die kritische Temperatur steigt daher aufgrund des abnehmenden Wärmeeintrags beim Schweißen mit sinkender Wandstärke. Dabei ist nach den bisherigen Ergebnissen (an unbehandelten Rohren) die WIG-Schweißung der Laserschweißung überlegen.

Technologisch gesehen sind die hochlegierten (superaustenitischen) Edelstahlnähte für den Einsatz in der Meerwasserentsalzung interessant.

Zu den Kosten kann z. Zt. wenig gesagt werden, da aus der im Bericht dargestellten Herstellung einer Versuchsmenge nicht auf die Herstellkosten für eine großtechnische Fertigung geschlossen werden kann. Aus dem Vergleich mit Literaturdaten ist aber zu schließen, daß längsnahtgeschweißte Rohre aus superaustenitischen Werkstoffen preislich nur dann zu Titanrohren konkurrenzfähig sind, wenn die Wandstärken für die Edelstahlrohre im Bereich von d=0,3 mm liegen - d.h. deutlich unter den Wandstärken der Titanrohre. Bei Titan ist allerdings zu bedenken, daß der Preis hier aufgrund von Nachfrageschwankungen und der geringen Zahl der Produzenten sehr starken Schwankungen unterliegt.

Forschungsstelle 1:
Institut für Verfahrenstechnik der RWTH Aachen (IVT)
www.ivt.rwth-aachen.de
 
Forschungsleiter 1:
Prof. Dr.-Ing. R. Rautenbach
(vorgelegt von der Wirtschaftsvereinigung Ziehereien und Kaltwalzwerke e.V.)

Das Forschungsvorhaben wurde gefördert von der Stiftung Stahlanwendungsforschung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V.

Bezugsquelle Schlussbericht:
bitte wenden Sie sich an die AVIF