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A260

Einfluss der Schleifbearbeitung auf Randzonenkennwerte und Zahnflankentragfähigkeit unter besonderer Berücksichtigung einer zusätzlichen Oberflächenbearbeitung

(A260 S 24/10163/2008)

 

Laufzeit der Forschungsarbeiten:     1. Januar 2009 – 31. Dezember 2012

 

 

Zahnräder mit hohen Leistungsanforderungen werden in der Regel einsatzgehärtet und anschließend im Bereich der Zahnflanke geschliffen. Infolge der Schleifbearbeitung kommt es unter Umständen zu einer mechanischen und thermischen Beeinflussung der Randzone, die sich signifikant auf Gefügezustand, Härte und Eigenspannungen auswirken kann.

Wesentliches Ziel dieses Forschungsvorhabens war die Erweiterung der im Basisvorhaben „Randzonentragfähigkeit – Zahnflanke“ (AVIF-Nr. A 200) gewonnenen Erkenntnisse. Im Vordergrund stand dabei die Untersuchung möglicher Reparaturmaßnahmen bei Schleifbrand. Hierzu wurden Prüfzahnräder gezielt mit definierten Schleifbrandzuständen unterschiedlicher Stärke und Ausprägung gefertigt. Ein Teil dieser schleifbrandgeschädigten Zahnräder wurde anschließend mit verschiedenen Verfahren nachbearbeitet. Für alle Prüfvarianten wurde die Zahnflankentragfähigkeit in Zahnradlaufversuchen ermittelt. Eine umfassende Dokumentation der Randzoneneigenschaften, versuchsbegleitende Untersuchungen sowie theoretische Studien sichern eine weitergehende Bewertung der Ergebnisse der Tragfähigkeitsuntersuchungen. Die Hauptergebnisse des Forschungsvorhabens lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Durch zusätzliches Gleitschleifen schleifbrandgeschädigter Verzahnungen konnte die Tragfähigkeit nicht zuverlässig angehoben werden. Gleitschleifen wird als Reparaturmaßnahme bei Schleifbrand daher nicht empfohlen. 

Die Untersuchungsergebnisse zur Maßnahme Kugelstrahlen zeigen, dass eine Strahlbehandlung als Reparaturmaßnahme bei Schleifbrand bedingt geeignet ist. Durch die Strahlbehandlung werden die für die Flankentragfähigkeit ungünstigen Zugeigenspannungen ab- und Druckeigenspannungen aufgebaut. Das schleifbrandgeschädigte Gefüge ist allerdings weiterhin vorhanden. Da sowohl das Strahlen mit milden Parametern als auch gezieltes Festigkeitsstrahlen zum Anstieg der Flankenrauheit führen, wird als Reparaturmaßnahme ein gezieltes Festigkeitsstrahlen in Kombination mit einem abschließenden Gleitschleifen empfohlen. Die Gleitschleifdauer ist so zu wählen, dass die Flankenrauheit nach dem Gleitschleifen geringer als nach dem Verzahnungsschleifen ist. Eine Veränderung der Geometrie und somit der Verzahnungsqualität ist hierbei nicht zulässig. Bei dieser Reparaturmaßnahme ist zu beachten, dass der durch die Strahlbehandlung beeinflussbare Tiefenbereich begrenzt ist. Eine starke Schleifbrandschädigung kann in tiefere Werkstoffbereiche reichen, so dass eine solche Schädigung durch die Strahlbehandlung nur „teilweise“ repariert wird. Es wird daher empfohlen, eine Strahlbehandlung als Reparaturmaßnahme auf die Schleifbrandklasse FB einzuschränken. 

Nachschleifen ist als Reparaturmaßnahme für schleifbrandgeschädigte Verzahnungen geeignet. Zu beachten ist hierbei, dass durch das Nachschleifen immer ein Teil der Härteschicht abgetragen wird. Da die Oberflächenhärte und Einsatzhärtungstiefe gegebenenfalls nicht mehr den Zeichnungsvorgaben entsprechen, muss überprüft werden, ob die Verzahnung weiterhin die in der Auslegung ermittelten Sicherheiten erreicht.

Ergänzend erfolgten Untersuchungen an Verzahnungen, bei denen lediglich im Kopfflankenbereich des Ritzels eine Schleifbrandschädigung vorlag und an Verzahnungen, die Schleifbrand an Ritzel und Rad zeigten. Die Ergebnisse der Laufversuche zeigten, dass Schleifbrand im Kopfflankenbereich als ebenso kritisch wie Schleifbrand im Fußflankenbereich zu betrachten ist, und dass Schleifbrand an Ritzel und Rad zu einer weiteren Minderung der Tragfähigkeit führt, da hier eine höhere Anzahl geschädigter Zähne vorliegt.

Die einzelnen Prüfvarianten wurden umfassend dokumentiert. Neben der Bestimmung der Verzahnungsqualität und der Zahnflankenrauheit wurde der Randzonenzustand mit Hilfe zerstörender und zerstörungsfreier Prüfverfahren analysiert. Anhand der Ergebnisse der Nitalätzung wurden die einzelnen Prüfvarianten den jeweiligen Schleifbrandklassen zugeordnet. An ausgewählten Zahnflanken erfolgten metallographische und röntgenographische Untersuchungen. Analog zum Basisvorhaben wurden die Oberflächenhärteprüfung mittels ESATEST, die Barkhausenrauschanalyse und das 3MA-Verfahren zur weiteren Beschreibung des Randzonenzustands eingesetzt. Die im Basisvorhaben festgestellten Zusammenhänge zwischen den einzelnen Prüfverfahren konnten bestätigt werden.

Neben den einzelnen Prüfvarianten wurden mit den beschriebenen Analyseverfahren auch größere Bauteile aus der industriellen Anwendung untersucht, die eine Schleifbrandschädigung aufwiesen. Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass anhand der Nitalätzung der Randzonenzustand unabhängig von der Baugröße eingeschätzt werden kann. Allerdings bleibt zu berücksichtigen, dass verschiedene Schleifverfahren eine unterschiedlich stark ausgeprägte Tiefenwirkung haben können.

Die theoretischen Untersuchungen zeigen, dass bei einer örtlichen Betrachtung der Werkstoffanstrengung an einer Stelle der Zahnflanke die tragfähigkeitsmindernde Wirkung einer bekannten Schleifbrandschädigung mit zunehmender Baugröße (Krümmungsradius) tendenziell abnimmt, da das Beanspruchungsmaximum mit zunehmendem Ersatzkrümmungsradius in größere Werkstofftiefen wandert, während der durch Schleifbrand beeinflusste Tiefenbereich unverändert bleibt. Allerdings liefert diese Betrachtung keine Aussage zur Tragfähigkeit der Verzahnung, da die Ausdehnung der Schleifbrandschädigung unberücksichtigt bleibt. Für die Berücksichtigung einer lokalen Schleifbrandschädigung an einzelnen Zähnen wurde ein statistischer Ansatz entwickelt, mit dem ausgehend von der Überlebenswahrscheinlichkeit des betrachteten Elements die Überlebenswahrscheinlichkeit des Zahnrads bzw. der Radpaarung bestimmt werden kann. Anhand dieses Ansatzes wurde in einer Studie gezeigt, dass mit zunehmender Gesamt-Flankenfläche (Zähnezahl, Verzahnungsbreite) die Überlebenswahrscheinlichkeit einer Verzahnung innerhalb einer Schleifbrandklasse nach ISO 14104  abnimmt und somit auch die Tragfähigkeit bei erhöhter Baugröße verringert wird. Die derzeit gültigen Angaben der Normen ISO 14104 und ISO 6336, Teil 5 können allerdings auch weiterhin in guter Näherung auch für Zahnräder größerer Baugröße bzw. größerer Zahnbreite angewandt werden.

Durch die Einordnung der Untersuchungsergebnisse in praktisch angewandte Berechnungsverfahren zur Grübchentragfähigkeit von Zahnrädern sowie in die Angaben und Anforderungen der Norm ISO 6336 ist eine direkte Umsetzung der Ergebnisse bei der Beurteilung von schleifbrandgeschädigten Zahnrädern möglich. Hierdurch kann die Gefahr von Zahnradschäden zukünftig gemindert werden. Es ist zu erwarten, dass insbesondere auch die Empfehlungen zur Eignung der unterschiedlichen Reparaturverfahren bei Schleifbrand von den Zahnradherstellern und Anwendern beachtet und Eingang in die industrielle Fertigung finden werden.

 

 

 

Forschungsstelle:

Forschungsstelle für Zahnräder und Getriebebau, Lehrstuhl für Maschinenelemente, der TU München (FZG)

http://www.fzg.mw.tum.de

 

Forschungsleiter:                         

Prof. Dr.-Ing. Bernd-Robert Höhn

 

(vorgelegt vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA) für Forschungsvereinigung Antriebstechnik e.V. (FVA))

 

Das Forschungsvorhaben wurde gefördert von der Stiftung Stahlanwendungsforschung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V.

 

Bezugsquelle Schlussbericht:
bitte wenden Sie sich an die AVIF

22.01.2013