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A239

Verformungs- / Schädigungsentwicklung an massiven heißgängigen Kraftwerkskomponenten bei schnellen Anfahrvorgängen

(A239 S 24/10116/2006)

 

Laufzeit der Forschungsarbeiten:     1. Juli 2006 – 31. Dezember 2010

 

Ziel dieses Vorhabens war die Untersuchung des Schädigungsverhaltens aufgrund thermomechanischer Belastung massiver Komponenten während sich wiederholender Anfahrvorgänge am Beispiel des Turbinenwerkstoffs 23CrMoNiWV8-8. Bei Spitzenlastkraftwerken wie GuD-Kombikraftwerken sind schnellere Anfahrvorgänge von zunehmendem Interesse, um die benötigte Leistung möglichst schnell zur Verfügung stellen zu können. Ziel dieses Vorhabens war es daher die Vorhersage des  Lebensdauerverbrauchs bei diesen Vorgängen zu verbessern und damit noch kürzere Anfahrzeiten zu ermöglichen. Im Mittelpunkt standen dabei die Hoch- und Mitteldruckrotoren von Dampfturbinen, welche die für die Anfahrzeit begrenzende Komponente darstellen.

Hauptaugenmerk der Untersuchung sollte auf dem Einfluss der Temperatur auf die Schädigung in der relativ kurzen Phase der plastischen Verformung bei Anfahrvorgängen liegen. Weiter sollte der Einfluss der Mehrachsigkeit, wie er an der Rotoroberfläche vorliegt, untersucht werden.

Ein konstituives Materialmodell wurde auf Basis der gewonnenen Materialdaten auf die komplexe Fragestellung dieser Arbeit erweitert. Die Erweiterungen betreffen Temperatur- und Dehnrateneinfluss und insbesondere die Mehrachsigkeit sowie Lebensdauerrechnungen.

Komplexe zyklische, betriebsnahe Versuche bildeten das Verformungs- und Schädigungsverhalten nach und dienten als Referenz für die anschließende Simulation des Materialverhaltens unter Verwendung der FEM auf Basis eines konstituiven Werkstoffmodells. Die Anpassung des konstituiven Materialmodells an den untersuchten 2%Cr-Stahl konnte erfolgreich durchgeführt werden. Ähnlich gute Anpassungen konnten in vorangegangenen Arbeiten für den 10%Cr-Sthl erzielt werden, was die gute Übertragbarkeit des Modells auf unterschiedliche Werkstoffe zeigt.

Betriebsnahe thermomechanische Versuche mit Kalt-, Warm- und Heißstartzyklen  wurden mit längeren Laufzeiten von rd. 3000 h durchgeführt. Entsprechende Versuche an biaxial belasteten Kreuzproben lieferten Daten zur Validierung der Modelle. Eine speziell entwickelte Lamellenprobe ermöglichte die Nachbildung der nehraxialen Beanspruchung mit verringerten Unterschieden zwischen Krafteinleitung und Prüfzone.

Für betriebsnahe Versuche und Versuche mit teilweise vereinfachtem Verlauf ließ sich  die Lebensdauer auch mit herkömmlichen phänomenologischen Berechnungssätzen ermitteln.  Für die Anfahrvarianten gilt: je höher die Temperatur im Variationsbereich, desto geringer der Betrag der Spannung und somit die akkumulierte Kriechschädigung in dieser Zyklusphase. Bei dem untersuchten Werkstoff überwiegt der Einfluss der verminderten Spannungen gegenüber der durch höhere Temperaturen gesteigerten Kriechgeschwindigkeit. Daraus resultiert eine durchweg um 20% höhere Anrisswechselzahl.

Mit dem einfachen, phänomenologischen Ansatz aus Miner-Regel und modifizierter Lebensdaueranteilregel ließen sich die Versuchsergebnisse mit hinreichender Genauigkeit abbilden, wie die Gegenüberstellung von experimentell ermittelter und berechneter Anrisswechselzahl zeigte. Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieser Methode war ein qualitativ hochwertiger Datenbestand an Dehnwechsel- und Kriechversuchen für die Abschätzung der Ermüdungsschädigung und der akkumulierten Kriechschädigung in hinreichendem Umfang. Die alternativ eingesetzte Bewertung der Versuchsergebnisse mithilft der spezifischen Formänderungsenergie spiegelt die Versuchsergebnisse, ohne dass ein Zugriff auf zusätzliche Versuchsdaten notwendig war, wider.

Die ausgeführten Arbeiten decken den seitens der Industrie erhöhten Bedarf an Kenntnissen über das Verhalten des untersuchten Werkstoffs während Anfahrprozess und Betrieb von Dampfturbinen. Der Versuchsdatenbestand für den Werkstoff 23CrMoNiWV8-8 ist im Hinblick auf das Kriechermüdungsverhalten erheblich erweitert worden. Bereits etablierte Bewertungsmethoden ließen sich für komplexe Beanspruchungen verifizieren. Das konstituive Chaboche-Materialmodell ließ sich für die Simulation der komplexen Kriechermüdungsbeanspruchung am betrachteten Werkstoff erfolgreich einsetzen.

Mit dem erstellten Materiamodell und dem phänomenologischem Modell wurden seitens der Industriepartner erfolgreich bauteilnahe Belastungsfälle nachgerechnet.

Insgesamt wurde in dieser Arbeit auf der Grundlage wertvoller Daten eine Lebensdauerberechnung mit unterschiedlichen praxisrelevanten Methoden erfolgreich angewandt. Die durchgeführten Versuche haben gezeigt, dass die mit der zunehmenden Flexibilisierung moderner Maschinen und Anlagen einhergehenden Anfahrvorgänge nicht langsamer durchgeführt werden müssten als bisher angestrebt.

Forschungsstelle:
Institut für Werkstoffkunde Technische Universität Darmstadt 
www.tu-darmstadt.de/mpa-ifw

Forschungsleiter:                         
Prof. Dr.-Ing. Christina Berger

(vorgelegt vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA) für Forschungsvereinigung Verbrennungskraftmaschinen e.V. (FVV))

 

Das Forschungsvorhaben wurde gefördert von der Stiftung Stahlanwendungsforschung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V.

 

Bezugsquelle Schlussbericht:
bitte wenden Sie sich an die AVIF

01.09.2011