A272

Ermittlung und Bewertung der Schwingfestigkeitseigenschaften von Tellerfedern aus verschiedenen Werkstoffen


 Laufzeit der Forschungsarbeiten:     1. Januar 2012 – 31. Juli 2015
  Tellerfedern zeichnen sich durch ihre relativ große Federrate aus. Variabel geschichtet innerhalb von Tellerfedersäulen kann die Federrate dabei anwendungsorientiert angepasst werden. Diese Vielseitigkeit ist ausschlaggebend für die häufige Verwendung der Tellerfeder in verschiedensten Anwendungen im Fahr-zeug-, Maschinen- und Anlagenbau. Die Zuverlässigkeit und Haltbarkeit von Tellerfedern ist oft nicht nur für die Funktion von Komponenten von entscheidender Bedeutung, sondern kann auch für die Sicherheit von Anlagen und Personen ausschlaggebend sein. Eine zuverlässige Auslegung von Tellerfedern bei zyklischer Betriebsbeanspruchung erfordert die Kenntnis der Schwingfestigkeitseigenschaften der verwendeten Werkstoffe. Aktuell verwendete Lebensdauerschaubilder gelten ausschließlich für nicht kugel-gestrahlte Tellerfedern aus Federstahl nach DIN EN 10089 und DIN EN 10132-4. Neben einer erhöhten Nachfrage seitens der Tellerfederanwender nach kugelgestrahlten Tellerfedern aus Standardwerkstoffen wie 51CrV4 (Werkstoff-Nr. 1.8159), besteht auch verstärktes Interesse u. a. an warmfesten Tellerfedern aus X22CrMoV12-1 (Werkstoff-Nr. 1.4923), warmfesten und bedingt korrosionsbeständigen Tellerfedern aus X7CrNiAl17-7 (Werkstoff-Nr. 1.4568), korrosionsbeständigen Tellerfedern bis zu einer Dicke von ca. 2,5 mm aus X10CrNi18-8 (Werkstoff-Nr. 1.4310), sowie an hochtemperatur- und korrosionsbeständigen Tellerfedern aus NiCr19NbMo (Werkstoff-Nr. 2.4668). Für diese Tellerfedern gibt es keine systematischen Schwingfestigkeitsuntersuchungen oder Wöhlerlinien. Gegenstand des Forschungsprojektes war die Ermittlung und Bewertung der Schwingfestigkeitseigenschaften von Tellerfedern aus verschiedenen Werkstoffen. Zur Ermittlung der zuvor noch nicht vorhanden Schwingfestigkeitsdaten wurden Schwingversuche an verschiedenen Tellerfedervarianten in Abhängigkeit von Werkstoff, Abmessungen, Oberflächenzustand und Umgebungstemperatur durchgeführt. Um die hierbei entstandenen Ergebnisse besser bewerten zu können, wurden gleichzeitig Biegeschwellversuche an Werkstoffbiegeproben der Ausgangsblechwerkstoffe durchgeführt. Begleitend wurden zur weiteren Bewertung mechanisch-technologische, metallographische, fraktographische, sowie mikroskopische Untersuchungen an den vorhandenen Proben und Tellerfedern durchgeführt. Für die Tellerfederschwingversuche wurden zunächst der Versuchsaufbau und die Versuchsdurchführung konzipiert. Dazu wurden die Einflüsse von Schichtung, Frequenz, Schmierung und Vorrichtungsgestaltung betrachtet und mit dem Ziel der Optimierung von Zeit und Anzahl von Versuchsergebnissen in Vorversuchen festgelegt. Die systematische Versuchsvorbereitung und
-durchführung ermöglichte es, homogene Beanspruchungen in den Tellerfedern zu erzeugen und die Vergleichbarkeit über alle Parameterkombinationen zu gewährleisten. Es wurden statistisch abgesicherte Wöhlerlinien für die Versuchstellerfedern bei Raumtemperatur und bei + 250 °C ermittelt. Diese bestehen aus den Lebensdauerwerten im Zeitfestigkeitsgebiet und den Schwingfestigkeitsdaten im Übergangsgebiet zur Dauerfestigkeit für eine Grenzschwingspielzahl von NG = 2 ∙ 10 6. Insgesamt konnten Versuchsergebnisse für 14 von 15 Parameterkombinationen erzeugt werden. Bei der Tellerfedervariante aus 1.4310 in einer Dicke von 0,5 mm (PK 5) konnten, trotz Beanspruchungen bis nahezu Planlage, nicht genügend Brüche erzeugt werden, um eine statistische Auswertung durchzuführen. Neben den Tellerfederschwingversuchen wurden statistisch abgesicherte Wöhlerlinien für eine Biegeschwellbeanspruchung der Grundwerkstoffe bei Raumtemperatur ermittelt. Die Tellerfedervarianten der nicht kugelgestrahlten hochlegierten Edelstähle 1.4310, 1.4568 und 1.4923 und auch des nicht kugelgestrahlten 1.8159 besitzen vergleichbare Schwingfestigkeiten mit einer 50%igen Überlebenswahrscheinlichkeit im Übergangsgebiet. Trotz vergleichbarer Zeitfestigkeit hat der Nickelbasiswerkstoff eine um ca. 25% niedrigere Schwingfestigkeit im Übergangsgebiet. Der Effekt des Kugelstrahles liefert am Beispiel des 1.8159 eine Steigerung der Zeitfestigkeit um den Faktor 5 und eine Erhöhung der Lage der 50%igen Überlebenswahrscheinlichkeit im Übergangsgebiet um ca. 15%. Der Einfluss des Vorsetzens fließt zusammen mit dem Prozess des Kugelstrahlens in den Eigenspannungszustand der Proben ein. Je stärker der Druckeigenspannungszustand der Proben ist, desto größer ist die ermittelte Lebensdauer. Korrelationen zwischen Werkstoff- und Bauteilwöhlerlinien konnten anhand von normierten Wöhlerlinien mit einheitlichen Neigungsexponenten und einheitlichen Abknickpunkten zur Dauerfestigkeit dargestellt werden. Für die Gruppe der Fe-basierten Werkstoffe wurde k = 5 und ein Abknickpunkt ND = 2 ∙ 105 bestimmt und für die Gruppe der Ni-basierten Werkstoffe k = 5 und ND = 8 ∙ 105. Die Übertragbarkeit der Ergebnisse wurde über eine eigenspannungskorrigierte Beanspruchung gezeigt. Hierbei ist es möglich die Lebensdauerwerte von Werkstoffproben auf die Lebensdauerwerte von Tellerfedern in gleicher Dicke zu übertragen. Hierbei kann auch von nicht kugelgestrahlten Proben auf kugelgestrahlte Varianten übertragen werden. Die Projektergebnisse dienen dazu, die Dimensionierung von Tellerfedernfedern aus verschiedenen Werkstoffen für schwingend komplex-beanspruchte Anwendungen zu verbessern. Damit wird auch eine höhere Betriebssicherheit der Tellerfedern gewährleistet und Schadensfälle durch Ermüdungsbrüche von Tellerfedern weitergehend vermieden. Im Projekt wurde durch die statistisch ausgewerteten Wöhlerlinien von 15 Tellerfedervarianten eine bisher nicht vorhandene Datenbasis generiert und damit zahlreiche aufwändige Schwingversuche bei den Tellerfederherstellern eingespart. Dadurch konnten die noch bestehenden Kenntnislücken über systematische Schwingfestigkeitswerte kugelgestrahlter Tellerfedern und aus Sonderwerkstoffen hergestellter Tellerfedern geschlossen werden und der zurzeit vorhandene Technologievorsprung der deutschen Tellerfederhersteller gegenüber anderen europäischen und insbesondere außereuropäischen Anbietern behauptet werden. Die Ergebnisse leisten auch einen Beitrag dazu, Werkstoffe für ermüdungsbruchgefährdete Tellerfedern bzw. Sonderwerkstoffe für Tellerfedern mit zusätzlicher Komplexbeanspruchung in Form von korrosiver Einwirkung oder erhöhter Temperatur für den jeweiligen Anwendungsfall aus möglichst preiswerten Stahlwerkstoffen so zu dimensionieren und zu fertigen, dass sie zuverlässig und sicher die geforderten Lebensdauerwerte bzw. Schwingfestigkeitswerte erreichen. Die Ergebnisse sollen in der betrieblichen Praxis zur Verbesserung der Auslegung und zur Steigerung der Betriebssicherheit von Tellerfedern und Tellerfedersäulen dienen und darüber hinaus in die einschlägigen Normen eingehen.
 
 
 
Forschungsstelle 1:
Institut für Werkstoffkunde der TU Darmstadt (IfW) www.mpa-ifw.tu-darmstadt.de


Forschungsleiter:
Prof. Dr.-Ing. Matthias Oechsner


(vorgelegt vom Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung e.V. (WSM)

Das Forschungsvorhaben wurde gefördert von der Stiftung Stahlanwendungsforschung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V.

Bezugsquelle Schlussbericht:
bitte wenden Sie sich an die AVIF



22.11.2016